logo



start
aktuelles
lesbiangaytransgenda
women
prison
prison and society
mixed stuff
redaktion
kiralina
links
[  zurück  ]





ACHTUNG!
Aus personellen Gründen ist es uns dieses Jahr nicht möglich die jährliche Sylvesterdemo in Berlin gegen Knäste und Zwangsanstalten zu organisieren. Daher wird diese dieses Jahr von einer anderen Gruppe organisiert.
Den Aufruf der Gruppe zur Sylvesterdemo könnt ihr euch [  hier ansehen. Unser (a.r.a.p.) Projekt "Transgender und Knast" läuft selbstverständlich weiter.
Liebe Grüsse a.r.a.p.Dezember 2006

September 2006
Transgender und Knast!

Wir sind eine linke politische Gruppe die zu den Themen Gefängnis und Repression arbeitet.

Unser aktueller Arbeitsschwerpunkt ist "Transgender und Knast". Im Rahmen einer alljährlich stattfindenden Demonstration gegen Gefängnisse und Zwangsanstalten legten wir in der Vergangenheit immer wieder verschiedene thematische Schwerpunkte fest, die wir im Rahmen der Demonstration bearbeiteten. Dabei liegt uns das Thema "Transgender im Knast" schon länger am Herzen, finden aber erst jetzt Zeit dazu kontinuierlich zu arbeiten. Im Rahmen unserer Arbeit lasen wir Texte und Broschüren aus anderen Ländern wie zB den USA oder Canada.

Immer wieder fiel uns dabei auf, dass es hier in Deutschland gar nichts zu diesem Thema gibt. Vereinzelt ein Zeitungsartikel alle paar Jahre über eine Transgender im Knast, oder, noch seltener, im Internet zaghafte Hinweise in Foren sind magere Ergebnisse unserer Suche nach Hinweisen.

Weder gibt es Bücher zu dem Thema, noch Haus,- oder Diplomarbeiten, keinerlei Untersuchungen der Wissenschaft oder Regierung. Es scheint als gäbe es sie nicht: Transgender im Knast. Wir starten daher hiermit den Versuch Menschen zu finden, die transsexuell oder transgender sind und im Knast waren oder sind, die Erfahrungen mit zB Polizeikontrollen haben oder sich aus einem anderen Kontext heraus Gedanken zu diesem Thema gemacht haben.

Welcher Situation stehen Transgender/Transsexuelle gegenüber, mit welchen Problemen muss ein Mensch kämpfen, der sich zwischen den Geschlechtern verortet und nun ohne Nische und Privatsphäre sich in einer eingeschlechtlichen Institution des Staates zurechtfinden muss?

Welche Handlungspraxis herrscht in Deutschland? Wie gehen die einzelnen JVA´s damit um, wie die RichterInnen, wie die Mitgefangenen? Wie gehen PolizistInnen bei Kontrollen mit Transgender und Transsexuellen um? Wie im Polizeigewahrsam?

Gibt es Übergriffe seitens der Polizei? Oder im Knast, von den Gefangenen oder den VollzugsbeamtInnen? Wie sehen diese aus? In welcher rechtlichen Situation befinden sich Transgender/Transsexuelle? Welche Vorschriften gelten in Polizeihaft oder Knast, welche Gesetze? Wo besteht Handlungsbedarf? Beim Gesetzgeber, beim Justizapparat, der Polizei, den Beratungsstellen und auch letzendlich wo besteht bei uns Handlungsbedarf?

Sexualisierte Übergriffe auf Gefangene

Auch sexualisierte Gewalt ist dabei ein wichtiger Punkt. Bei transphober und homophober Gewalt und Diskrimierung liegt dieses Thema leider sehr nahe. Auch dieses Thema ist absolut unterbelichtet in Deutschland. Man kann davon ausgehen, das es sexuelle Gewalt im Knast gibt. Spricht man Leute wie SozialarbeiterInnen oder Geistliche darauf an, wird mensch selten jemanden finden, der dies bestreitet. Allerding findet sich auch niemand der dies öffentlich thematisiert. Auch hierzu gibt es keine Untersuchungen und nur sehr wenige öffentlich bekannte Fälle.

Der Umgang der Gefangenen mit diesem Thema is äusserst ambivalent. Es gibt in den JVA´s nicht die Situation über dieses Thema zu sprechen, keine Gruppe die dies bearbeitet, keine JuristInnen die die rechtliche Lage thematisieren und für die Gefangenen Veränderungen erkämpfen. Für einen Gefangenen, der/die Opfer eines sexuellen Übergriffes im Knast wurde, gibt es, neben der Scham und der konkreten Auseinandersetzung mit dem Erlebten, auch noch die Gewissheit den TäterInnen jeden Tag wieder über den Weg laufen zu müssen. Da sexuelle Übergriffe kein (offizielles) Thema sind, gibt es auch keine offiziellen Handlungsvorgaben oder Schutzmassnahmen für die Betroffenen.

Auch die individuelle Auseinandersetzung, zB die Möglichkeit einer Therapie ist hier, wenn überhaupt, nur unter äusserst schwierigen Bedingungen möglich. Die Situation von Therapiemöglichkeiten im Knast ist haaresträubend. Bei einem Strafvollzug, der immer mehr auf billiges sicheres Verwahren setzt, sind ausreichend TherapeutInnen für die Strafanstalten eher ein Wunschtraum.

Auch ist unter solchen Bedingungen keine freie TherapeutInnenwahl möglich, was aber unserer Meinung nach unabdingbar ist . Wir möchten also auch in dieses Thema etwas mehr Licht bringen. Dabei ist uns bewusst, dass es mit das Schwerste ist, was Menschen erzählen können, und das Schwierigste, was in der Öffentlichkeit zugegeben und verhandelt werden kann.

In den USA versuchen Gruppen schon länger zu diesem Thema zu arbeiten, und auch dort gelingt es erst nach und nach die Mauer des Schweigens zu brechen. Nach Jahren erfolgloser Arbeit sind nun immer mehr Menschen bereit öffentlich darüber zu sprechen. Grund dafür ist auch ganz klar die veränderten rechtlichen Bedingungen ,die sich für Gefangenen nun anbieten, wenn diese aus dem Knast heraus Anzeige erstatten wollen.

Dies ist ein erster Versuch unsererseits dieses Thema ins Augenmerk zu rücken, und fragen auch hier nach Menschen die bereit wären mit uns darüber zu sprechen. Dabei geht es, uns nicht nur speziell um transsexuelle oder transgender Gefangene, sondern um alle.

Ziel ist es ein ungefähre Einschätzung über die Situation und das Ausmass von sexualisierten Übergriffen in bundesdeutschen Gefängnissen zu bekommen. Auch wenn unser Schwerpunkt Deutschland ist, sind wir dennoch daran interessiert zu erfahren, wie das Thema in anderen europäischen Ländern gehandhabt wird.

Uns ist klar, dass wir damit zwei äusserst heikle und unangenehme Themen ansprechen, die von vielen aus Scham oder Angst oder anderen Gründen lieber nicht bewusst bearbeitet werden. Wir möchten trotzdem an euch appelieren, euch dieses Thema zu Herzen zu nehmen, und uns, wenn möglich, weiterzuhelfen.

Wir suchen natürlich in erster Linie Leute die mit dem einen oder dem anderen Thema Erfahrungen gesammelt haben. Wir suchen sowohl positive als auch negative Erlebnisse. Für uns ist alles hilfreich, soll es doch um einen möglichst repräsentativen Überblick gehen. Daher, schreibt uns von euren Erfahrungen und Erlebnissen, welcher Art sie auch immer sind.

Auch an Verbesserungsvorschlägen sind wir interessiert, sowie an weitergehenden Hinweisen. Anwält/innen die dazu arbeiten, Bücher und Arbeiten, die wir nicht entdeckt haben, Menschen die auf Websites oder Homepages dazu etwas geschrieben haben, und auch wenn du schon immer mal was sagen wolltest zu dem Thema, bei uns ist alles und jede/r willkommen.

Was haben wir damit vor?

Im Rahmen der alljährlich stattfindenden Demonstration gegen Zwangsanstalten würden wir gerne mit den Arbeitsergebnissen eine Broschüre erstellen. In der möchten wir, dass Erlebnisse, Positionen, Konsequenzen aus Erlebtem, Auseinandersetzungen mit Ängsten und Forderungen von Transgender und Transsexuellen den Hauptteil dieser Broschüre ausmachen. Diese sollen Grundlage weitergehender Forderungen für eine Veränderung der momentanen Situation sein. Auch eine Analyse der rechtlichen Situation von Menschen jenseits eines biologischen Geschlechts in Konfrontation mit Polizei und Justiz und das Aufzeigen von eventuellen gesetzlichen "Schlupflöchern" und Handlungsmöglichkeiten soll ein Teil des Heftes sein.

Uns geht es dabei zum einen um eine prinzipielle Beleuchtung einer Situation, die in Deutschland kaum thematisiert ist, und zum anderen um die Frage nach Veränderung. Da es in den USA schon einiges zu dem Thema gibt, wird es lohnenswert sein, sich Forderungen und Erfolge der dortigen Bewegung anzuschauen und als Orientierung für Deutschland zu gebrauchen.

Selbstverständlich gehen wir mit den an uns gewandtenAntworten vertraulich um. Nicht jedes Interview muss (und kann) in die Broschüre, Uns geht es um einen Überblick. Dabei helfen uns selbstverständlich auch anomyme und nicht öffentliche Statements. Ein respektvoller Umgang mit den uns gegenüber gemachten Angaben ist für uns selbstverständlich. Das letzte Wort hat immer die/der Interviewte, die/der Erzählende.

Email und Internet sind natürlich ein zum Teil sehr unpersönliches Medium. Schreibt uns eine Email, wir sind auch gerne bereit mit euch persönlichen Kontakt aufzunehmen.

Mit freundlichen Grüssen
Bari für "against repression against prisons"
Kontakt: a.r.a.p@web.de
www.arap.so36.net
[  zurück  ]