logo



start
aktuelles
lesbiangaytransgenda
women
prison
prison and society
mixed stuff
redaktion
kiralina
links
[  zurück  ]


FOLTERDEBATTE IN DEUTSCHLAND




SPIEGEL ONLINE - 02. Juli 2006, 11:06 URL: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,424655,00.html Verfassungsschutz Fahnder sollen Folter-Aussagen nutzen Im Kampf gegen den Terror muss der Verfassungsschutz laut seinem Präsidenten Heinz Fromm alle Informationen verwenden - auch wenn sie durch Folter erpresst worden sind. Einer Information sehe man ihre Herkunft nicht immer an. Um Anschläge in Deutschland zu verhindern, brauche man sie. Berlin - Einer Information vom Nachrichtendienst eines Landes, das nicht den deutschen Rechtsstaatsprinzipien entspreche, könne man nicht ansehen, wie sie gewonnen worden sei, sagte Fromm heute im Deutschlandfunk. "Wenn sie von Relevanz ist, etwa im Zusammenhang mit der Verhinderung eines Ereignisses hier in Deutschland, dann müssen Sie diese Information auch nutzen." Dies gelte auch, wenn es Hinweise darauf gebe, dass sie erpresst worden sei, sagte Fromm. Bislang habe man aber keinen Fall erlebt, in dem Informationen eindeutig unter Folter erpresst worden seien. Sollte dies in Zukunft geschehen, würde man die Information aber "anders nutzen" und eine Bestätigung aus einer anderen Quelle suchen, sagte er. Weitere Details dazu teilte er nicht mit. Die deutschen Sicherheitsbehörden waren durch Berichte unter Druck geraten, dass deutsche Ermittler Gefangene in Ländern befragten, die unter Folterverdacht stehen, etwa Syrien. Daraufhin hatte die Regierung klar gestellt, dass es bei Anzeichen für Folter des Verhörten keine solchen Vernehmungen geben dürfe. Allerdings hatte auch Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble im vergangenen Jahr auf der Nutzung von möglicherweise durch Folter im Ausland gewonnenen Informationen bestanden und damit heftige Kritik ausgelöst. Das Bundesamt für Verfassungsschutz ist ein Inlandsgeheimdienst, der aber mit ausländischen Partnern zusammenarbeitet. ffr/reuters Afghanistan Vernehmen deutsche Sicherheits-Beamte Gefangene im US-Gefangenencamp Bagram? 07. Jul. 2006 Die Menschenrechtsorganisation Amnesty international verlangt von der Bundesregierung Aufklärung darüber, ob deutsche Beamte Zugang zu dem berüchtigten US-Militärcamp Bagram in Afghanistan haben. "Wenn dies so ist, dann liegt der Verdacht einer heimlichen Komplizenschaft mit der US-Regierung und deren Geheimdiensten nahe", meint der USA-Experte der deutschen Amnesty-Sektion, Ferdinand Muggenthaler. Das ARD-Magazin Kontraste hatte kürzlich berichtet, dass Beamte des Bundeskriminalamts (BKA) Zugang zu dem Lager hätten und in Einzelfällen Gefangene direkt befragen könnten. Die Bundesregierung hat sich dazu bisher nicht geäußert. In Bagram sollen Gefangene gefoltert werden. Muggenthaler: "Dieses Schweigen verstärkt den Verdacht, dass es in Bagram bei der menschenrechtswidrigen Behandlung von Gefangenen eine informelle Zusammenarbeit mit den USA gibt." Aus Bagram sind offenbar besonders harte Verhörmethoden bis hin zu Folter üblich. Dort werden die Gefangenen nach Darstellung von Amnesty international noch rechtloser behandelt als in Guantanamo. Im Jahr 2003 haben das BKA und das Nachrichtenwesen der Bundeswehr laut Kontraste die Erlaubnis erwirkt, in Bagram Terrorverdächtige und deren Vernehmer direkt befragen zu können. "Wenn das stimmt, dann bestätigt es den Eindruck, dass in der deutschen Regierung eine große Doppelmoral herrscht. Einerseits kritisiert sie Guantanamo, andererseits will sie offenbar von fragwürdigen Methoden in US-Gefangenenlagern profitieren", kritisiert Muggenthaler. Text unter Verwendung von Material von: ddp http://www.ngo-online.de/ganze_nachricht.php?Nr=13962 Bestreitet Polizei Nötigung? Gäfgen-Anwalt wirft Beamten Rechtfertigung von Folter vor Vom 06.07.2006 FRANKFURT (dpa) Im Zivilverfahren um Schadenersatzforderungen des wegen Mordes am Bankierssohn Jakob von Metzler verurteilten Magnus Gäfgen bestreitet die Frankfurter Polizei nach Angaben seines Anwalts, ihn im Verhör genötigt zu haben. Der vernehmende Kriminalbeamte habe den Tatbestand der Nötigung nicht erfüllt, weil er Gäfgen "nicht rechtswidrig durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung genötigt hat", zitierte Gäfgens Anwalt Michael Heuchemer gestern aus der Stellungnahme der Frankfurter Polizei zu dem von Gäfgen angestrengten Verfahren. Heuchemer warf der Polizei Rechtfertigung von Folter und Missachtung der rechtskräftigen Urteile gegen den früheren Polizeivizepräsidenten Wolfgang Daschner und einen Kripo-Beamten vor. Das Polizeipräsidium bestätigte lediglich, es sei eine Stellungnahme zum Antrag Gäfgens auf Prozesskostenhilfe abgegeben worden. Zum Inhalt wollte ein Sprecher nichts sagen. Polizeivize Daschner hatte Gäfgen im Jahr 2002 mit massiver Gewalt bedrohen lassen, um den entführten Bankierssohn zu retten. Gäfgen hatte daraufhin das Versteck des bereits toten Jungen genannt. Daschner und ein Kripo-Beamter waren 2004 in einem Aufsehen erregenden Prozess vom Landgericht Frankfurt wegen Nötigung verurteilt, aber nicht bestraft worden. Gäfgen, der wegen Mordes an dem Bankierssohn Jakob von Metzler zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, will 10000 Euro Schadenersatz und Schmerzensgeld vom Land Hessen, weil ihm im Polizeiverhör Folter angedroht worden sei. Für das Verfahren hat er einen Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt. Sollte er das Verfahren gewinnen, will er das Schmerzensgeld nach Auskunft seines Anwalts wohltätigen Zwecken spenden. Das Land hat die Ablehnung des Antrages mangels Erfolgsaussichten beantragt. Über Gäfgens Antrag will das Gericht in einigen Wochen entscheiden. http://www.az-badkreuznach.de/rhein-main/objekt.php3?artikel_id=2443333 02.07.06, 12:16 | Der Verfassungsschutz schließt nicht aus, im Anti-Terror-Kampf auch solche Informationen zu nutzen, die im Ausland durch Folter gewonnen wurden. Weitere Informationen Verfassungsschutz-Präsidenten Heinz Fromm sagte im Deutschlandfunk, einer Information vom Nachrichtendienst eines Landes, das nicht den deutschen Rechtsstaatsprinzipien entspreche, könne man nicht ansehen, wie sie gewonnen worden sei. „Wenn sie von Relevanz ist, etwa im Zusammenhang mit der Verhinderung eines Ereignisses hier in Deutschland, dann müssen Sie diese Information auch nutzen.“ Dies gelte auch, wenn es Hinweise darauf gebe, dass sie erpresst worden sei. Bestätigung durch andere Quellen Wenn eine Information eindeutig aus einem Folter-Verhör stammen würde, würde man sie allerdings anders nutzen, schränkte Fromm ein. Zudem würde eine Bestätigung durch eine andere Quelle gesucht. Ein solcher Fall sei aber noch nicht eingetreten. Die deutschen Sicherheitsbehörden waren durch Berichte unter Druck geraten, wonach ihre Ermittler Gefangene in Ländern befragten, die – wie Syrien – unter Folterverdacht stehen. Daraufhin hatte die Regierung klar gestellt, dass es bei Anzeichen für Folter des Verhörten keine Vernehmungen duch deutsche Ermittler geben dürfe. Allerdings hatte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) im vergangenen Jahr auf der Nutzung von möglicherweise durch Folter im Ausland gewonnenen Informationen bestanden. http://focus.msn.de/politik/deutschland/verfassungsschutz-chef_nid_31277.html 02. Juli 2006 VERFASSUNGSSCHUTZ Fahnder sollen Folter-Aussagen nutzen Im Kampf gegen den Terror muss der Verfassungsschutz laut seinem Präsidenten Heinz Fromm alle Informationen verwenden - auch wenn sie durch Folter erpresst worden sind. Einer Information sehe man ihre Herkunft nicht immer an. Um Anschläge in Deutschland zu verhindern, brauche man sie. Berlin - Einer Information vom Nachrichtendienst eines Landes, das nicht den deutschen Rechtsstaatsprinzipien entspreche, könne man nicht ansehen, wie sie gewonnen worden sei, sagte Fromm heute im Deutschlandfunk. "Wenn sie von Relevanz ist, etwa im Zusammenhang mit der Verhinderung eines Ereignisses hier in Deutschland, dann müssen Sie diese Information auch nutzen." Dies gelte auch, wenn es Hinweise darauf gebe, dass sie erpresst worden sei, sagte Fromm. Bislang habe man aber keinen Fall erlebt, in dem Informationen eindeutig unter Folter erpresst worden seien. Sollte dies in Zukunft geschehen, würde man die Information aber "anders nutzen" und eine Bestätigung aus einer anderen Quelle suchen, sagte er. Weitere Details dazu teilte er nicht mit. Die deutschen Sicherheitsbehörden waren durch Berichte unter Druck geraten, dass deutsche Ermittler Gefangene in Ländern befragten, die unter Folterverdacht stehen, etwa Syrien. Daraufhin hatte die Regierung klar gestellt, dass es bei Anzeichen für Folter des Verhörten keine solchen Vernehmungen geben dürfe. Allerdings hatte auch Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble im vergangenen Jahr auf der Nutzung von möglicherweise durch Folter im Ausland gewonnenen Informationen bestanden und damit heftige Kritik ausgelöst. Das Bundesamt für Verfassungsschutz ist ein Inlandsgeheimdienst, der aber mit ausländischen Partnern zusammenarbeitet. http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,424655,00.html
9 May 2006
Folter geschieht nicht nur in Folterkammern
Die Geschichte der Folter in Deutschland und ihre modernen Formen

„Und bist du nicht willig, so brauch` ich Gewalt“ - der Spruch, den wir aus Goethes Erlkönig kennen, meint in der Diktion etwas anderes als das, was wir im nationalen und internationalen Sprachgebrauch unter „Folter“ verstehen; und doch kann man die dichterische Aussage bei der Frage nach der Definition de Begriffs heranziehen. Denn die beiden wichtigen Elemente, die zur Thematik gehören, sind in dem Vers enthalten: Den Willen des anderen brechen - und dies gewaltsam, bis hin zum Tod.

Wo fängt Folter an, Folter zu sein?

Es gibt seit Jahrhunderten Meinungsverschiedenheiten über das Problem, sich zu einigen, ob die Folterung von Menschen eine Menschenrechtsverletzung darstellt, wenn man sie als „eine verschärfte Form absichtlicher grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe“ definiert. So ist es in der Erklärung der Vereinten Nationen vom 9. 12. 1975 festgehalten und in der UN-Antifolterkonvention von 1984 konkretisiert. Die Auffassung, Folterung habe etwas mit Folterkammer und Folterinstrumenten zu tun und deshalb seien andere Formen von Geständniserzwingung keine Folter - sondern eine „milde Art“ der „Suche nach der Wahrheit“ - wurde noch in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts von Rechtshistorikern vertreten. Zu dieser Zeit wurde für Strafverfahren eine Abstufung bei der Geständniserzwingung praktiziert. Die Anwendung von physischem Druck sei deshalb keine Folter, so die Diktion. Diese befremdliche Auffassung ist kein „Ausreißer“ von kranken Hirnen, sondern gilt bis heute. Das CIA etwa spricht von „innovativen und einzigartigen Verhörmethoden“ und weist jeden Vorwurf weit von sich, dass es sich etwa dann um Folter handle, wenn man Verdächtige mit der flachen Hand in den Magen schlage oder sie kopfüber auf ein Brett fessele und ein Ertränken vortäusche. Guantanamo lässt grüßen!

Doch es geht in dem Buch des 1973 geborenen Historikers Robert Zagolla nicht um einen Fingerzeig auf die Folterpraktiken in anderen Ländern; vielmehr will der Autor mit dem Buch zeigen, „dass die Folter in Deutschland eine lange Geschichte hat, die zwar mit der in anderen europäischen Ländern zu vergleichen ist, die aber in mancherlei Hinsicht ganz eigenen Wegen folgte“. Es geht also um die optimistische Auffassung, dass die Geschichte uns etwas lehren kann - selbst mit dieser problematischen Thematik. Etwa, dass die Folterpraxis sich in Deutschland in Brüchen vollzog: „Nicht immer wurde gefoltert, immer aber war die Folter ein Argument in der juristischen und politischen Debatte“ - wie wir wissen, bis heute.

Geradezu als Paradebeispiel können die Vernehmungen des mutmaßlichen Kindesentführers Magnus Gäfgen gelten: Der Frankfurter Polizei-Vizepräsident Wolfgang Daschner ordnete an, Gäfgen durch Zufügung von Schmerzen dazu zu bringen, das Versteck des entführten elfjährigen Jungen Jakob von Metzler zu nennen. In der kontroversen, emotional geführten, ideologisch aufgeheizten, von interessierten Kräften gesteuerten und beeinflussten gesellschaftlichen Diskussion, die sich an dem vagen Maßstab des „Volksempfindens“ orientierte, wurden dann auch flugs Argumente gebraucht, die Foltermethoden einfach anders benannten: „Unmittelbarer Zwang zur Rettung von Menschenleben“ (Daschner), „Rettungsfolter“; oder, wie in einem Kommentar zum Deutschen Strafrechtsbuch noch im Jahre 2004 formuliert wird: „Im Hinblick auf polizeilich-präventive Foltermaßnahmen zum Lebensschutz Entführter wird man eine Rechtfertigung "wegen Notwehr oder Notstand" nicht kategorisch ausschließen können“. Auf der Strecke bleibt bei soviel Interpretationsspielraum das, was in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948 in Artikel grundgelegt ist: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren“.

Mitarbeiten an der Verbannung der Folter

Die Gliederung des interessanten und nachdenklich stimmenden Buches zeigt die Vorgehensweise des Autors und sein Anliegen. Zagolla hat der resigniert wirkenden Einschätzung, dass die Diskussion um die Folter heute wieder in der Zeit vor 1800 angekommen sei, in der Zeit der Relativierungen und beinahe Selbstverständlichkeiten also, etwas entgegenzusetzen: Dass die Gewissheit, die Geschichte der Folter in Deutschland sei endgültig zu Ende, Anfang des neuen Jahrtausends ins Wanken geraten sei. Es gilt, die Geschichte der Folter in Deutschland zu kennen, vom „finsteren Mittelalter“ über die Zeit zwischen Reformation und Aufklärung, die Ereignisse der „Abschaffung“ der Folter im 18. und 19. Jahrhundert; es gilt, das Bewusstsein zu schärfen für die Geschehnisse im Kaiserreich und in der Weimarer Republik, für die Rückkehr der Folter im Dritten Reich, und nicht zu vergessen für den „Stasi-Knast“ und der Folterpraktiken im Rechtsstaat.

Ein bisschen Folter geht nicht! Vielmehr geht es darum, zu erkennen und in der Zivilgesellschaft darauf zu achten und daran mit zu arbeiten: „Folter ist kein Phänomen, das irgendwann auf gleichsam naturgesetzlichem Weg verschwunden ist, sondern eins, das überwunden wurde und das immer wieder neu überwunden werden muss“. Wir müssen auf der Hut sein, den Argumentationen und Versuchungen von Politikern und Juristen zu widerstehen, dass die Relativierung in bestimmten Situationen ein legitimes Mittel sei, das absolute und unumschränkte Verbot zu Foltern aufzuheben. In dieser Diskussion ist es wichtig, auch historisch zu denken und zu handeln. Im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, den die Vereinten Nationen am 19. Dezember 1966 beschlossen haben, heißt es in Artikel 7 eindeutig und ohne Wenn und Aber: „Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden“ - weil die Würde dem Menschen angeboren ist.

Literaturangaben:
ZAGOLLA, ROBERT:Im Namen der Wahrheit. Folter in Deutschland vom Mittelelter bis heute . be.bra Verlag, Berlin 2006. 239 S., 22,- €.

[  berlinerliteraturkritik.de


[  bebraverlag.de





March 2006
Die Absolutheit des Folterverbots
Heiner Bielefeldt über die Unabwägbarkeit der Menschenwürde

I. Infragestellung des Folterverbots

"Außergewöhnliche Umstände gleich welcher Art, sei es Krieg oder Kriegsgefahr, innenpolitische Instabilität oder ein sonstiger öffentlicher Notstand, dürfen nicht als Rechtfertigung für Folter geltend gemacht werden." Mit diesen klaren Worten bekräftigt die Anti-Folterkonvention der Vereinten Nationen von 1984, dass das Folterverbot ein absolutes Verbot ist. Während die meisten Menschenrechtsnormen unter bestimmten, eng definierten Umständen Einschränkungen erfahren können, gilt dies für das Folterverbot gerade nicht. Schon der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966 hatte dem Verbot der Folter und grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung den besonderen Rang einer "notstandsfesten" Norm eingeräumt, von der selbst im Falle eines Staatsnotstands keinerlei Abstriche gemacht werden dürfen. Ähnliche Regelungen finden sich auch in regionalen Menschenrechtsabkommen wie zum Beispiel in der Europäischen Menschenrechtskonvention von 1950 sowie im humanitären Völkerrecht.[...]

[  Die Absolutheit des Folterverbots
   Heiner Bielefeldt über die Unabwägbarkeit der Menschenwürde





06 March 2006
BND-Affäre
Untersuchungsausschuß: Masri, BND, Guantánamo und CIA

05. März 2006 Es ist umstritten, welche Rolle deutsche Dienststellen wie BND oder BKA bei Entführungen von Terrorverdächtigten durch den amerikanischen Geheimdienst gespielt haben. Der Ruf nach Klärung dieser Frage wird immer deutlicher.

Die Verschleppung von K. al Masri

Der deutsch-libanesische Staatsbürger Khaled al Masri soll 2004 von amerikanischen Geheimdiensten entführt und nach Afghanistan verschleppt worden sein. Masri gehörte in den achtziger Jahren im Libanon einer bewaffneten Vereinigung namens „Al Tawhid” an und führte angeblich eine Gruppe von sechzehn Kämpfern. 1985 kam Masri nach Deutschland und wurde 1994 eingebürgert. Nach Angaben der Sicherheitsbehörden gehörte Masri zum Umfeld des 2005 verbotenen „Multikulturhauses Neu-Ulm”. Am 31. Dezember 2003 verreiste Masri, angeblich nach einem Ehekrach, in Richtung Mazedonien. Bayerische Behörden bemerkten sein Verschwinden. Sie nahmen an, Masri sei in ein Krisengebiet gereist, um dort an Kampfhandlungen teilzunehmen. Tatsächlich wurde er jedoch an der albanisch-mazedonischen Grenze festgenommen. Nach etwa drei Wochen Haft wurde Masri von Mazedonien nach seiner Vermutung nach Afghanistan gebracht, wo er mehrere Wochen von Amerikanern vernommen und auch mißhandelt worden sei. Masri berichtete später von einem deutschsprachigen Vernehmer, der sich als „Sam” vorgestellt habe. Daß dieser Mitarbeiter einer deutschen Behörde sei, wird bestritten. Masri kam Ende Mai 2004 über Tirana/Albanien zurück nach Frankfurt. Zwei Tage später wurde der damalige Innenminister Schily vertraulich vom amerikanischen Botschafter Coats über den Vorgang informiert.

BND-Agenten in Bagdad

Während des heraufziehenden Kriegs gegen den Irak beschloß die Bundesregierung 2003, wenigstens zwei Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) in Bagdad zurückzulassen. Die beiden militärisch versierten Beamten hatten den Auftrag, die Regierung mit eigenen Informationen zu versorgen. Außerdem vereinbarten deutsche und amerikanische Geheimdienste eine Bagdad-Kooperation, die über die deutsche BND-Zentrale in Pullach abgewickelt wurde. Die Agenten lieferten von Bagdad mehr als 130 Meldungen über zivile Einrichtungen, die allgemeine Stimmung und militärische Ereignisse. Die Bundesregierung bestreitet, daß über die beiden Männer militärisch verwendbare Daten - etwa Zielkoordinaten oder Auskünfte zu einem Aufenthaltsort des Diktators Hussein - an Amerika geliefert wurden. Gleiches gilt für einen BND-Mitarbeiter im amerikanischen Hauptquartier in Doha/Qatar. Vehement bestritten wird vom BND und der Bundesregierung, daß es deutschen Agenten gelungen sei, die Skizze eines Verteidigungsplans für Bagdad, den „Schneckenplan”, aus der irakischen Militärführung zu erhalten und an die Amerikaner weiterzugeben.

Befragungen im Ausland

Mitarbeiter deutscher Sicherheitsbehörden haben bei verschiedenen Gelegenheiten Terrorverdächtige mit Bezug zu Deutschland in ausländischen Gefängnissen befragt. Dazu hatten sich Mitarbeiter von Bundeskriminalamt (BKA), Bundesnachrichtendienst und Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) in unterschiedlicher Zusammensetzung in das amerikanische Gefangenenlager Gunatánamo auf Kuba, nach Damaskus, nach Beirut und in den Nordirak begeben. Die Vernehmungen wurden, insoweit BND und BfV daran beteiligt waren, von der Regierung als notwendig verteidigt. Die Beteiligung des BKA an Befragungen wurde im nachhinein auch von der Regierung als fragwürdig bewertet. Vernommen wurde im November 2002 im Damaszener Gefängnis Far Falestin der deutsch-syrische Staatsbürger Zammar. Zammar, der mehrfach zur Waffenausbildung und für Kriegseinsätze in Afghanistan und auf dem Balkan war, gilt seit den neunziger Jahren als Prediger für den Dschihad. Zammar soll Usama Bin Ladin kennen, ebenso wie Mitglieder der Hamburger Zelle der Attentäter vom 11. September 2001. Kurz nach den Anschlägen in New York und Washington verließ Zammar Deutschland in Richtung Marokko. Deutschland unterrichtete amerikanische Dienste über die Reise Zammars. In Marokko wurde Zammar nach dem 7. Dezember 2001 festgesetzt und nach Syrien gebracht. Dort sitzt er seitdem ein.

Die Reisen von BND und BKA

Zum Zeitpunkt seiner Vernehmungen durch Mitarbeiter deutscher Dienste im November 2002 teilte er mit, seit längerem in einer winzigen Zelle von nur 1,90 Metern Länge ohne Licht gefangen zu sein. Spuren von Mißhandlungen oder Folter vermochten die deutschen Beamten nicht zu erkennen, die Zammar an drei Tagen insgesamt vierzehn Stunden lang befragten. Ranghohe Vertreter von Bundeskanzleramt, BND und BKA waren seit 2002 mehrfach nach Damaskus gereist. In dem irregulären Gefangenenlager auf der amerikanischen Militärbasis Guantanamo wurden im September 2002 von Mitarbeitern des BND und Verfassungsschutzes zwei Gefangene befragt, der in Deutschland gebürtige und von dort verschwundene Türke Murat Kurnatz („Bremer Talib”) sowie der Mauretanier Ould Slahi, der in Deutschland lange studiert und gearbeitet hatte.

Den Diensten ging es dabei ihren Angaben nach darum, Kenntnisse über islamistische Strukturen und eventuell geplante Anschläge zu gewinnen. Dieses Interesse führte mehrere Polizisten des BKA im September 2002 nach Beirut, wo sie bei der Festnahme zweier Terrorverdächtiger halfen. Die beiden, darunter ein gebürtiger Saudi aus München, wurden verdächtigt, Organisatoren einer Terrorzelle in Deutschland zu sein. Beamte des BKA nahmen dann im Dezember 2002 an Vernehmungen in Beirut teil, bei denen nach Angaben eines ebenfalls nach Beirut entsandten BKA-Beamten offenbar geworden sei, daß die Verdächtigen gefoltert wurden. Dem Ziel, Informationen über Terrorplanungen zu gewinnen, dienten Mitte 2004 mehrere Dienstreisen von BND-Agenten in den kurdischen Teil des Iraks, wo sie in einem Gefängnis Yassin Faris und Ahmed A. R. mehrfach befragten. Faris, der vorher in München gelebt hatte, gehörte nach Angaben der dortigen Polizei zum inneren Kern der terroristischen Organisation „Ansar al Islam”. Er betrieb in München angeblich einen Autohandel. Im Herbst 2003 war er an der türkisch-irakischen Grenze mit Bargeld und einem Notizbuch verhaftet worden, angeblich auf dem Weg zu Kämpfern von „Ansar al Islam”.

CIA-Flüge über und nach Deutschland

Die Bundesregierung berichtete dem Bundestag von mehr als 700 CIA-Flügen, die seit September 2001 bis April 2005 von, über oder nach Deutschland registriert wurden. Diese Flüge wurden nach dem bisherigen Kenntnisstand von Tarnfirmen amerikanischer Nachrichtendienste durchgeführt. Die Reisen gingen beispielsweise von Frankfurt aus nach Aserbaidschan, Jordanien, Usbekistan, Ägypten oder Pakistan. Wer oder was sich jeweils an Bord der Flüge befand, ist nicht bekannt, weil dieser Luftverkehr oberflächlichen beziehungsweise keinen Kontrollen unterliegt. In wenigstens einem dieser Flüge befand sich womöglich ein gekidnappter Terrorverdächtiger, der Ägypter Abu Omar, der angeblich am 17. Februar 2003 von der CIA auf offener Straße in Mailand verschleppt wurde. Den gegenwärtigen Ermittlungen zufolge wurde Omar, ein aktiver Kämpfer und militärischer Ausbilder islamistischer Freiwilliger, zum amerikanischen Flugplatz Ramstein in Deutschland geflogen. Von dort wurde er nach Ägypten gebracht, wo sich seine Spur verliert. Ein Verfahren bei der Staatsanwaltschaft Zweibrücken wegen dieses Vorfalls muß bislang ohne Unterstützung oder Auskünfte amerikanischer Behörden auskommen. Omar hatte sich in den neunziger Jahren als Asylbewerber in Deutschland aufgehalten. Eine eventuelle Beteiligung deutscher Dienststellen an der amerikanischen Praxis der Verschleppung von Gefangenen in andere Länder wird kategorisch ausgeschlossen.

Getarnte Bundeswehrsoldaten

Die Opposition will Einzelheiten wissen zu Vorwürfen, denen zufolge deutsche Soldaten in Zivil und getarnt mit gefälschten Presseausweisen des deutschen Sfor-Kontingents im Juni 2002 in Bosnien die Mutter eines verdächtigen Islamisten befragt haben, der in Guantánamo einsitzt. Die Angehörigen der Feldnachrichtenkräfte hätten damit gegen deutsches Recht verstoßen. Weitere Hinweise, nach denen sich deutsche Soldaten als Journalisten ausgewiesen hätten, kamen aus dem Kosovo und aus Afghanistan.

Der Bericht der Bundesregierung

Nach wochenlangem Hin und Her über den tatsächlichen Gang der verschiedenen Ereignisse versprach die Regierung Mitte Januar, dem Bundestag einen Bericht vorzulegen. Damit sollten alle Fragen beantwortet und die Oppositionsfraktionen FDP, Grüne und Die Linke davon abgebracht werden, einen Untersuchungsausschuß einzusetzen. Diesen Ausschuß forderten im Januar FDP und Die Linke, während die Grünen zögerten. Inzwischen sind Grüne und Die Linke für einen Ausschuß, wohingegen die FDP sich erst an diesem Montag entschließen möchte. Der am 13. Februar dem Parlamentarischen Gremium zur Kontrolle der Geheimdienste (PKG) vorgelegte Bericht umfaßt etwa 300 Seiten. Ein Teil mit 90 Seiten ist öffentlich zugänglich, ein zweiter, aus Datenschutzgründen gesperrte Teil, umfaßt etwa 150 Seiten und wurde den Bundestagsabgeordneten zugestellt. Der dritte, etwa 50 Seiten langer Teil ist geheim und wurde nur in 14 Exemplaren verteilt an die Fraktionsvorsitzenden und die Mitglieder des PKG.

[  faz.net





03 March 2006
Schäuble schweigt über Folter in fremden Kellern
Wen deckt der Innenminister mit der Kampfansage ans Parlament? 

Es ist nur ein Gerücht: Angeblich habe man für den »Bericht der Bundesregierung (offene Fassung) gemäß Anforderung des Parlamentarischen Kontrollgremiums von 25. Januar zu den Vorgängen im Zusammenhang mit dem Irakkrieg und der Bekämpfung des Internationalen Terrorismus« die Gebrüder Grimm als Autoren gewonnen.

Parlamentarier sind in ihrer Mehrzahl nicht naiv. Wer ihnen zu verlogene Märchen erzählt, den bestrafen sie mit einem Untersuchungsausschuss. Er wird, nachdem nun die »New York Times« fast täglich (mögliche) Wahrheiten nachlegt, immer wahrscheinlicher. Nun warnt einer der Auftraggeber für die Gebrüder Grimm: »Wir werden im Rahmen des geltenden Rechts alles tun, um Schaden für die Nachrichtendienste abzuwenden.« Was in ebenso deutlicher Übersetzung bedeutet: Fragt nur, wir antworten nicht, belegen mögliche Zeugen mit einer Aussageverweigerung und finden geforderte Dokumente einfach nicht mehr auf. Das ist, so hört man aus Büros interessierter Bundestagsabgeordneter, eine »klare Kampfansagen an das Parlament« und die Rechte der gewählten Abgeordneten. Gewöhnlich ist der Bundesinnenminister nicht so grobschlächtig. Wenn Schäuble dennoch so vehement Abgeordnetenrechte beschneiden will, wird er seine Gründe haben. Man muss den Bericht der Bundesregierung an das PKG nur etwas aufmerksam lesen, dann findet man »Leichen«, die Schäuble angeblich kenntnislos gerne in fremden Kellern belassen will.

Im Bericht der Bundesregierung wird die Zusammenarbeit deutscher Geheimdienst- und Polizeibeamter mit Kollegen aus den USA nach dem 11. 9. 2001 erwähnt. Die Rede ist von einer BAO, einer Besonderen Aufbauorganisation USA. »Die Anwesenheit von Verbindungsbeamten des FBI... trug dazu bei, dass auch Ermittlungsergebnisse auf den polizeilichen Schienen schnell und umfassend ausgetauscht werden konnten.« Dabei, so der Bericht, sei für die USA »der Präventivgedanke deutlich wichtiger als der Strafverfolgungsaspekt« gewesen. Man belegt das am Fall Abu Zubaida – auch »Subeida« genannt. Er ist, wie der Bericht der Bundesregierung bemerkt, ein wichtiges Al-Qaida-Mitglied. US-Quellen machen ihn gar zum militärischen Führer der Terror-Organisation von Osama bin Laden. Die Bundesregierung weiß weiterhin mitzuteilen, dass Zubaida nach der Festnahme nicht der amerikanischen Justiz überstellt worden ist. Mit anderen wurde er an einem den deutschen Behörden unbekannten Ort festgehalten und »befragt«. Wie diese Befragung aussieht, liest sich im »Spiegel«, der auch 2003 schon zur Pflichtlektüre der Bundesregierung gehörte, so: »Freiwillig hat Subeida die Seiten nicht gewechselt. Dem bei seiner Festnahme im März vergangenen Jahres (2002 d.R.) durch einen Bauchschuss schwer verletzten Terrorplaner verweigerten die Amerikaner kurzerhand schmerzstillende Medikamente.« Weiter ist zu lesen: »Zwei Monate lang ertrug der Häftling mit zusammengebissenen Zähnen die Höllenqualen. Dann war sein Wille gebrochen. Subeida begann zu reden.« Er muss mehr tot als lebendig gewesen sein.

Immer wieder betont die Bundesregierung, dass man auf Informationen aus solchen »Vernehmungen« nicht verzichten kann. So steht es auch im Bericht. Denn man schickte unter rot-grüner Regentschaft selbst Vernehmer aus, die mutmaßliche Terrorgefangene in geheimen Folterkerkern vernommen haben. Neben BND- und Verfassungsschutzleuten waren in Syrien und in Guantanamo Bay immer auch Experten des Bundeskriminalamtes dabei. Schäuble ist nun ihr oberster Dienstherr. Und ordnet Schweigen an.

[  nd-online.de





02 March 2006
EUROPE
Schwere Fehler im System
Vertrauen in die Arbeit ausländischer Geheimdienste ist unangebracht. Das zeigt der Bericht des Europarates

James Bond müsste vor Neid erblassen. Während er bei Heimateinsätzen unter dem strengen Blick nationaler Überwachungsgremien arbeiten und das amerikanische Recht respektieren muss, ist Europa für ausländische Agenten ein Schlaraffenland. Unbehelligt von staatlicher oder parlamentarischer Kontrolle, gehen sie in einer rechtlichen Grauzone ihren Geschäften nach, ohne strafrechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen. Zu diesem Ergebnis kommt Terry Davis, Generalsekretär des Europarats in Straßburg, nachdem er die Antworten aller 46 Mitgliedsregierungen auf seine Anfrage (siehe Kasten) ausgewertet hat. [...]

[  Full Article / Schwere Fehler im System


Council of Europe Secretary General: publication of the report on alleged illegal detentions and rendition flights in Europe

Press release - 110(2006)

Strasbourg, 01.03.2006, “Europe appears to be a happy hunting ground for foreign security services” said Terry Davis at a press conference on the occasion of the publication of his report under Article 52 of the European Convention on Human Rights. “Hardly any country in Europe has any legal provisions to ensure an effective oversight over the activities of foreign agencies on their territory” he continued.

The analysis of the replies received by the governments of the Council of Europe member states to his letter of 21 November 2005 also revealed that the existing procedures to monitor who and what is transiting through European airports and airspace do not provide adequate safeguards against abuse. Indeed, no Council of Europe member state appears to have established any kind of procedure in order to assess whether civil aircraft are used for purposes which would be incompatible with internationally recognised human rights standards. The Secretary General also said that the existing rules on state immunity create considerable obstacles for effective law enforcement in relation to the activities of foreign agents. “Immunity cannot mean impunity” he added. “Exceptions to state immunity already recognised in the case of torture should be extended to other serious violations of human rights, such as enforced disappearances.”

Terry Davis said that his inquiry will continue in the case of individual countries which provided incomplete or inadequate replies, and he announced that he will make specific proposals for new Council of Europe legal standards to deal with the deficiencies revealed by the report.

[  coe.int


[  Alleged secret detentions in Council of Europe member states

[  Reportof the Secretary General as pdf





21. February 2006
Ex-BND-Chef verteidigt Nutzung von Folter-Aussagen

Gerade hatte sich der Streit um durch Folter erzwungene Aussagen wieder gelegt. Doch jetzt meldete sich August Hanning zu Wort: Der Ex-BND-Chef hält so gewonnene Erkenntnisse im Anti-Terrorkampf für unverzichtbar.

Potsdam - "Wenn wir die innere Sicherheit in unserem Land gewährleisten wollen, müssen wir auch Informationen von Staaten entgegennehmen, bei denen wir nicht genau wissen, ob sie unsere Rechtsstandards zu hundert Prozent beachten", sagte Hanning dem Politikmagazin "Cicero". Dies sei für die Bekämpfung des internationalen Terrorismus "zwingend erforderlich".

Hanning betonte: "Die Zusammenarbeit mit diesen Ländern einzustellen hieße, auf wichtige Erkenntnisquellen zu verzichten. Eine solche Beeinträchtigung unserer Sicherheit können wir uns in der gegenwärtigen Lage nicht leisten." Konkrete Erkenntnisse über Folterungen lägen dem BND aber nicht vor. "Man muss auch sehen, dass durch Folter in den seltensten Fällen wertvolle Informationen gewonnen werden", räumte Hanning ein.

PKG beschäftigt sich mit Fall Masri

Morgen will das Parlamentarische Kontroll-Gremium (PKG) über einen vertraulichen Bericht der Bundesregierung zur BND-Irak-Affäre, umstrittene Aktivitäten des US-Geheimdienstes CIA und Befragungen von Terrorverdächtigen im Ausland durch deutsche Sicherheitsbehörden beraten. Die "Leipziger Volkszeitung" meldet heute, Mitglieder der PKG seinen davon überzeugt, bis auf einzelne Hintergründe der Entführung des Deutsch-Libanesen Khaled el-Masri durch die CIA seien alle Vorwürfe "schneller aufgeklärt, als es ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss je vermocht hätte". Aber es sei eben nicht möglich, auch nicht vor einem Untersuchungsausschuss, einen ominösen deutsch sprechenden US-Geheimdienstmitarbeiter, der an Masris Vernehmung in Afghanistan beteiligt gewesen sein soll, um Auskunft zu bitten.

Zugleich werde in dem Bericht kritisch angemerkt, dass an einer Vernehmung des Deutsch-Syrers Mohammed Haydar Zammar in einem syrischen Gefängnis BKA-Beamte teilgenommen hätten. Dies sei seinerzeit aber auf Wunsch von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) geschehen. Damit sei "eine rote Linie" überschritten, auch weil dieser Misshandlungen berichtet haben solle. Zukünftig solle in solchen Fällen jegliches Auslands-Verhör abgebrochen werden.

Bemängelt werde zudem, dass Schily nicht umgehend darüber informiert habe, dass ihm der damalige US-Botschafter Daniel Coats zu Pfingsten 2004 die Entschuldigung der USA für die "versehentliche" Entführung Masris übermittelt habe.

Pentagon-Berater warnte früh vor Misshandlung

Ein ehemaliger Topberater des US-Verteidigungsministerium warnte laut dem US-Magazin "New Yorker" die US-Regierung bereits Ende 2002 vor Gefangenenmisshandlungen. Albert Mora habe seine Vorgesetzten darauf hingewiesen, dass die von US-Präsident George W. Bush im Geheimen beschlossene Umgehung der Genfer Konventionen gegen die Misshandlung von Kriegsgefangenen wahrscheinlich zu kriminellem Missbrauch führen werde, berichtete der "New Yorker". Über Jahre hinweg habe Mora zum Teil mit der Unterstützung anderer führender Rechstberater des Pentagon einen stillen Kampf gegen die juristischen Rechtfertigungen von Gefangenenmisshandlungen geführt. Doch seien seine Einwände an der obersten Spitze, insbesondere von Anwälten um US-Vizepräsident Dick Cheney, abgeschmettert worden.

Mora, der im Januar als Berater der US-Marine im Rang eines Viersterne-Generals ausgeschieden war, sagte dem Magazin, die US-Regierung sei bereit gewesen, "unsere Werte über den Haufen zu werfen", nur um Gefangene zum Reden zu bringen. Der im Frühjahr 2004 bekannt gewordene Folterskandal von Abu Ghureib sei die unausweichliche Konsequenz gewesen. Wie der "New Yorker" unter Berufung auf eine Aktennotiz von Mora weiter schreibt, hatten das Weiße Haus, das Justiz- und das Verteidigungsministerium fast von Beginn ihres Anti-Terrorkriegs an einen rechtlich fragwürdigen Kurs eingeschlagen, um größeren Spielraum in ihrem Kampf zu erhalten.

Der frühere Pentagonberater hatte dem "New Yorker" zufolge auch gegen den Umgang mit den Gefangenen im US-Gefangenenlager Guantanamo protestiert. In einem früheren Vermerk habe er die Behandlung der 500 dort Inhaftierten als "zumindest grausam und unüblich, im schlimmsten Fall Folter" bezeichnet.

lan/AP/AFP/ddp

[  spiegel.de





26. January 2006
»Schimanski-Methoden gibt's nur im Fernsehen!«

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) über Folter im Rechtsstaat, deutsche Beamte in Guantánamo und notwendige Grauzonen im Antiterrorkampf

[  Schimanski-Methoden gibts nur im Fernsehen!pdf





25. January 2006
Zypries für Nutzung von Foltergeständnissen

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hält die Nutzung von Informationen, die unter Folter gewonnen wurden, unter bestimmten Bedingungen für möglich. Zwar seien im Strafprozess "solche Informationen tabu, wenn wir den positiven Nachweis der Folter haben (...)", sagte sie der Wochenzeitung "Die Zeit". "Doch Geheimdienste werden solche Aussagen wohl verwenden müssen. Alles andere wäre lebensfremd." Die Dienste müssten die Informationen allerdings "gründlich verifizieren", das Geständnisse unter Folter "sehr oft falsch" seien.

Zypries begründete ihre Haltung damit, dass der Staat auch eine "Schutzpflicht gegenüber seinen Bürgern" habe. "Ich kann doch nicht die Bombe [in einer Stadt]hochgehen lassen, nur weil ich vielleicht glaube oder Anhaltspunkte dafür habe, dass die Aussage [darüber, wo die Bombe steckt] unter Folter erpresst wurde", erläuterte die Ministerin. "Das wäre doch absurd."

"Schimanski-Methoden" nur im Fernsehen

Gleichwohl stellte sie klar, dass Foltergeständnisse aber nicht im Strafprozess als Beweismittel verwertet werden dürften. Vor diesem Hintergrund verurteilte sie, dass die frühere rot-grüne Bundesregierung deutsche Geheimdienstler in das US-Gefangenenlager Guantanamo geschickt hat, um den dort inhaftierten Türken Murat Kurnaz zu vernehmen. "Dass das einer Justizministerin Bauchschmerzen bereitet, liegt auf der Hand", sagte sie. "Mir wäre sicher lieber gewesen, wenn deutsche Beamte keinen Fuß in dieses Gefängnis gesetzt hätten." Für Strafverfolger müsse es jedenfalls "tabu" bleiben. Zypries betonte ausdrücklich, dass sie härtere Vernehmungsmethoden niemals als zulässig sehen würde. In Deutschland gälten die Strafprozessordnung und das Folterverbot, sagte sie. "Schimanski-Methoden gibt's nur im Fernsehen."

Anspruch und Wirklichkeit

Die FDP will das Thema Folter in einem möglichen BND-Untersuchungsausschuss behandelt wissen. "Es geht um die Frage von Anspruch und Wirklichkeit, also darum, was eine Regierung sagt und was sie tut", sagte der Generalsekretär der Liberalen, Dirk Niebel, der Netzeitung. "Dahinter verbirgt sich die heimlich aufgeworfene Frage der deutschen Innenpolitik: Wie viel Folter darf es denn sein? Und: Wie gut ist eine Opposition in der Lage, eine Regierung zu kontrollieren?"

Vor diesem Hintergrund hob Niebel die Position der FDP zu diesem Themenkomplex hervor: "Ich will, dass das absolute Folterverbot durchgesetzt bleibt, weil ich es für grundsätzlich halte, dass wir auch im Kampf gegen den Terror mit rechtsstaatlichen Mitteln agieren. Wenn man dagegen verstößt, überschreitet man eine rote Linie und rutscht hinab auf das Niveau derjenigen, die man bekämpfen will."

Islamistenzelle

Wie Niebel sagte, könne es beispielsweise nicht sein, dass ein deutscher Staatsbürger von Marokko nach Syrien ausgeliefert werde, "und die deutschen Behörden sagen nichts dazu". "Wenn man so etwas zulässt, dann stellt der Staat sich selbst in Frage", sagte der FDP-Politiker.

Niebel spielt auf den Fall an, dass deutsche Beamte von Bundesnachrichtendienst (BND), Bundeskriminalamt (BKA) und Verfassungsschutz den Islamisten Haydar Zammar Ende 2002 in Gefangenschaft im syrischen Damaskus befragten. Syrien aber, so der Vorwurf, sei ein Folterstaat. Tatsächlich hatte Zammar enge Verbindungen zu der Islamistenzelle, die in Hamburg die Terrorangriffe vom 11. September 2001 vorbereitete. Er war fünf Mal in Afghanistan, wo er in einem Lager ausgebildet wurde, er hat in Bosnien gekämpft und versucht, mit den Islamisten in Tschetschenien in Kontakt zu kommen. Zammars Befragung wurde vom BND als wichtig für die Aufklärung der Hamburger Terrorszene eingestuft.

FDP bessere Geheimdienstkontrolle

Niebel forderte vor diesem Hintergrund eine bessere Kontrolle der deutschen Nachrichtendienste. Zwar dürfe insbesondere deren operative Tätigkeit "nicht auf dem freien Markt gehandelt werden", sagte er. "Ich halte es trotzdem für selbstverständlich, dass man die Möglichkeit schafft, dass die Vorsitzenden der Bundestagsfraktionen vom Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) bei Bedarf informiert werden." Die Mitglieder des PKG würden von den Fraktionen entsandt, erklärte Niebel. Insofern könne ein Fraktionsvorsitzender "jederzeit sagen, ich will da selbst rein". Aus "arbeitsökonomischen Gründen" werde das aber nicht gemacht. "Also ist es richtig und notwendig, dass die Geheimdienstkontrolle transparenter wird, indem die Fraktionschefs auch informiert werden dürfen."

[  n24.de





22. January 2006
EUROPE
Alleged secret detentions in Council of Europe member states
Information Memorandum II

A. Introduction

B. Steps taken to date

C. Criminal investigations and other reactions

a. Council of Europe member countries
 i. Overview
 ii. The more detailed cases of Italy and Switzerland
   · Italy
   · Switzerland

b. Debate in North America

D. Reminder: anti-terrorist action must respect human rights

E. Preliminary analysis of the information already obtained

a. Awareness of Council of Europe member states?

b. Extraordinary rendition and torture - a link known and accepted?

c. Secret detention centres

d. Kosovo and Chechnya

F. Looking ahead to the continuing investigation

[  download as pdf: Alleged secret detentions in Council of Europe member states





20 January 2006

The efforts of the European powers to deny knowledge of CIA flights through Europe transferring prisoners to be tortured overseas—and even the existence of CIA torture facilities in Europe—have suffered further damning exposures. On December 12, Britain’s foreign secretary, Jack Straw, admitted that in 1998 the UK government had approved two requests made by the administration of then-president Bill Clinton to “render a detainee through UK territory or airspace.”[...]

[  Full Article / More evidence of European collaboration with CIA torture flights and prisons





14. January 2006
Unser kleines Guantánamo

US-Camp Bondsteel im Kosovo:
Das Gefängnis untersteht der sogenannten Schutztruppe KFOR,die zeitweise von deutschen Generälen befehligt wurde

Wurden Terrorverdächtige von US-Geheimdiensten mit Hilfe der NATO-Verbündeten in illegale Verhörzentren verschleppt und mißhandelt? Die Tabuisierung dieser Frage ist in den letzten Tagen schwieriger geworden. Am 10. Januar hat der Europarat die NATO-geführte Kosovo-Truppe (KFOR) aufgefordert, Mitgliedern des Antifolterkomitees unverzüglich Zugang zu «allen ihren Gefangeneneinrichtungen» im Kosovo zu ermöglichen. Das Komitee habe das Recht, in den Europaratsländern überall Gefängnisse zu inspizieren, erklärte am Dienstag der Generalsekretär des Staatenbundes, Terry Davis. Ein ranghoher Vertreter der Militärallianz erwiderte am Donnerstag, die NATO habe nichts zu verbergen und werde mit dem Europarat zusammenarbeiten.

Die KFOR unterhält nach eigenen Angaben ein Gefängnis auf dem US-Stützpunkt Camp Bondsteel. Ein Gelände von 90 auf 120 Meter mit mehreren Baracken ist mit Stacheldraht umzäunt und von einem Wachturm gesichert. Die Einrichtung wird laut US-Army von US-Militärpolizisten betrieben, die für die Leitung eines Gefängnisses »voll ausgebildet« sind.

»Rechtlose Zustände«

Die Debatte um Bondsteeel wurde Anfang Dezember 2005 im Zusammenhang mit der CIA-Folteraffäre vom Menschenrechtsbeauftragten des Europarates, Alvaro Gil Robles, angestoßen. Er berichtete über eine Inspektion des Stützpunktes im September 2002: »Und dort sah ich tatsächlich Gefangene in einer Situation, die der, die man von Fotos aus Guantánamo kannte, absolut ähnlich war.« Zur Zeit seines Besuches gab es 15 Internierte. »Die meisten waren Kosovo-Albaner oder Serben, vier oder fünf waren Nordafrikaner. Einige trugen Bärte und lasen den Koran.« Diese Menschen seien »außerhalb normaler rechtlicher Verfahren« eingesperrt worden. »Es gab keine Berufungsinstanz. Es gab noch nicht einmal genaue Vorschriften darüber, wie lange die Menschen in Haft gehalten werden durften.« Auch Amnesty International hatte bereits im Jahr 2002 drei Fälle dokumentiert, in denen Terrorverdächtige in Bondsteel »durch Isolationshaft und Schlafentzug mißhandelt« worden sind.

Nach seinem Besuch im Jahre 2002 und einem entsprechenden Beschwerdebericht seien diese Zustände abgeschafft worden, betonte Robles, ohne weitere Angaben zu machen. Im Unterschied dazu ging der UN-Ombudsmann im Kosovo, Marek Nowicki, noch im Dezember 2005 von einer Fortdauer »rechtloser« Zustände aus. Ganz sicher sei das Gefängnis »bis März 2004 in Betrieb gewesen, möglicherweise aber bis heute«. Offiziell existiere es zwar nicht mehr, aber da dies nicht von unabhängiger Seite überprüft werden könne, bleibe ein Verdacht bestehen, sagte Nowicki. »In Wahrheit haben wir keine Ahnung, was dort vor sich geht.«

Ähnlich äußerte sich Barbara Lochbihler, Generalsekretärin der deutschen Sektion von Amnesty International im Dezember 2005. »Wir haben uns an die NATO gewandt und gefordert, daß UN-Inspektoren zugelassen werden. Die NATO hat dies verweigert.« Die US-Army wies demgegenüber darauf hin, daß das Gefängnis in Bondsteel »regelmäßig« vom Internationalen Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) kontrolliert werde. Im übrigen werde dort »zur Zeit« niemand festgehalten. In derselben Agenturmeldung vom 9. Dezember 2005 wird allerdings IKRK-Sprecher Florian Westphal mit dem Wunsch zitiert, seine Organisation hätte »gerne Informationen über diese Personen und Zugang zu ihnen« - Personen, die es für die US-Army gar nicht gibt.

Neben unrechtmäßigen Inhaftierungen sind in Bondsteel aber auch unrechtmäßige Haftvereitelungen vorgekommen. So wurde der UCK-Kommandeur Ramush Haradinaj im September 2000 nach einer Schießerei mit rivalisierenden Albanerführern vor dem Zugriff der UN-Polizei nach Bondsteel ausgeflogen. Ramush, für den Londoner Observer »der wichtigste Militär- und Geheimdienstmann der Amerikaner« im Kosovo, entging so einem Gerichtsverfahren und konnte mit US-Protektion im Dezember 2004 sogar vorübergehend Kosovo-Premier werden.

Die deutsche Verantwortung

Die Darstellung der US-Armee, das Bondsteel-Gefängnis unterstünde der KFOR und nicht dem Pentagon oder der CIA, wird von keiner Seite bestritten. So wurde auch Robles bei seiner Inspektion im Jahre 2002 vom damaligen KFOR-Oberbefehlshaber, dem Franzosen Marcel Valentin, begleitet. Aber auch die Bundeswehr stellte in zwei längeren Perioden das Oberkommando für die internationale Truppe: Vom Oktober 1999 bis zum April 2000 in Person von General Klaus Reinhard, von Oktober 2003 bis August 2004 in Person von General Holger Kammerhoff. Ein Untersuchungsausschuß des Bundestages müßte beide vorladen und sie zu ihrem Wissen über bzw. ihre Verantwortung für die genannten Zustände befragen.

[  jungewelt.de





1. Januar 2006
Entführung und Folter aus europäischer Sicht

In Großbritannien wird in zwei Fällen über die Verwendung von durch Folter erpresste Informationen diskutiert, Innenminister Schäuble sieht dies weiterhin als selbstverständlich an Innenminister Schäuble hat keine Probleme mit dem heiklen Thema. Er will weiterhin daran festhalten, dass für die Sicherheitsvorsorge Folter zumindest insoweit akzeptabel ist, als die mit dieser im Ausland erpressten Informationen unbedenklich benutzt werden sollen. Schäuble [extern] erklärte dies gegenüber der Bild-Zeitung im Zusammenhang mit der Sicherheitsvorsorge für die Fußballweltmeisterschaft. Bedenken sieht er "als etwas überzogen" an und fügt hinzu, "um es freundlich zu sagen".[...]

[  Entführung und Folter aus europäischer Sicht





26. Dezember 2005
Papier gegen Auswertung von Folter-Geständnissen

Strikt gegen die Auswertung von Foltergeständnissen durch Ermittlungsbehörden hat sich der Präsident des Bundesverfassungsgerichts ausgesprochen.

HB BERLIN. Der„Dabei macht es keinen Unterschied, ob solche Verhöre von deutschen oder ausländischen Stellen geführt wurden“, sagte Papier der „Bild am Sonntag“. „Aussagen, die nachweislich unter Folter zustande gekommen sind, dürfen in Verfahren nicht verwendet werden. Das ergibt sich aus dem Grundgesetz und aus der internationalen Anti-Folter-Konvention.“ Papier ergänzte, es bleibe allerdings zu klären, was bei einem bloßen Verdacht auf Folter und außerhalb konkreter Verfahren gelte. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist dafür, im Kampf gegen den Terrorismus auch Informationen zu verwenden, die möglicherweise unter Folter erpresst wurden. Diese Haltung ist auch in der großen Koalition umstritten.

Kanzleramtschef Thomas de Maiziere beklagte fehlende Sachlichkeit in der Debatte. Es werde viel ohne die nötige Sachkenntnis diskutiert, sagte der CDU-Politiker der Chemnitzer „Freien Presse“ (Weihnachtsausgabe). Wenn deutsche Beamte Erkenntnisse von befreundeten Geheimdiensten aus dem Ausland erhielten, seien sie oft gar nicht in der Lage einzuschätzen, woher die Informationen kämen. „Es wäre aber fahrlässig, Informationen nicht zu nutzen, nur weil sie eventuell unter Folter zu Stande gekommen sein könnten.“ Damit werde nicht stillschweigend Folterung geduldet.

Im Koalitionsstreit über den Einsatz der Bundeswehr im Inneren forderte de Maiziere die SPD auf, zu akzeptieren, „dass der Sicherheitsbegriff ein anderer ist als vor 80 Jahren“. Auch die Union wolle nicht, dass die Bundeswehr klassische polizeiliche Aufgaben wie die Strafverfolgung übernehme. Papier sieht die Pläne der Union skeptisch. Als Staatsbürger und Steuerzahler überlege er es sich schon, ob Soldaten zur Sicherung einer Fußball-Weltmeisterschaft eingesetzt werden sollten.

Deutschland bemüht sich nach Angaben des Außenministeriums seit 2003 bei den Vereinten Nationen um einen besseren Rechtsschutz für Personen, die ungerechtfertigt auf UN-Listen mit Terrorverdächtigen stehen.“Wir setzen uns auch für eine Präzisierung der Listen ein“, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes der „Berliner Zeitung“. Berlins Innensenator Ehrhart Körting forderte die Europäische Union und die UN auf, rasch zu handeln. Der SPD-Politiker hält die aktuelle UN-Praxis für menschenrechtswidrig. Er sehe keinen ausreichenden Rechtsschutz, sagte Körting dem Berliner „Tagesspiegel“.

Auf den nach den Anschlägen vom 11. September 2001 eingeführten Listen stehen die Namen bekannter Extremisten wie der des Al-Kaida-Chefs Osama bin Laden. Zugleich tauchen auch viele gängige arabische Namen auf. Banken, Ämter und andere Institutionen dürfen Personen auf der Liste kein Geld auszahlen, Konten werden eingefroren. In Berlin war Presseberichten zufolge im November einem deutschen Arbeitslosen mit arabischem Namen Unterstützung verweigert worden, weil er auf der UN-Liste stand. Der Vorwurf erwies sich laut „Berliner Zeitung“ als haltlos, es habe eine Namensverwechslung vorgelegen.

[  handelsblatt.com





25. Dezember 2005
Grauzonen gibt es für den Rechtsstaat nicht

Omid Nouripour kritisiert als Mitglied im Bundesvorstand der Grünen sowohl Naivität als auch Zynismus in der Frage geheimdienstlicher Informationsbeschaffung

Zum Charakter geheimdienstlicher Arbeit gehört, daß ihre Erfolge im Verdeckten bleiben, während nur Fehler sie in die Öffentlichkeit und damit in Verruf bringen können. Dennoch bleibt gerade die internationale Zusammenarbeit der Geheimdienste eine Notwendigkeit zum Schutze der offenen Gesellschaft. Das kann genauso die Zusammenarbeit mit dem syrischen Mukhaberat bedeuten wie die Kooperation mit der CIA. Dies zu leugnen ist mindestens naiv, wenn nicht gar Heuchelei. Doch gerät die aktuelle Debatte in eine bedrohliche Schieflage, wenn von "Grauzonen" die Rede ist und von angeblichen "Konfliktfeldern" zwischen Rechtsstaatlichkeit und Sicherheit.

Um mit letzterem zu beginnen: In einem Rechtsstaat gibt es einen solchen Konflikt nicht. Denn die bedingungslose Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit macht eben den Rechtsstaat aus. Seine Regeln sind unantastbar. Sie sind demokratische Errungenschaften, für die Menschen ihr Leben gelassen haben und weltweit bis heute lassen. Ihre Gültigkeit ist nicht abwägbar - auch nicht im Kampf gegen den Terrorismus. Der Verstoß gegen diese Regeln führt nicht zu mehr Sicherheit, sondern zur Aushöhlung unserer demokratischen Werte.

Deshalb gibt es beim Folterverbot auch keine "Grauzonen". Das Verbot ist absolut und läßt sich auch nicht durch eine Debatte aufweichen, die "moralische Legitimität" dem Gesetz vorziehen will. Auch die Frage der Verwertbarkeit von Informationen, die unter Folter entstanden sein könnten, hat klare Linien. Wo die Verwertung in die Beschaffung der Information übergeht, steht der Geheimdienstler bereits auf der anderen Seite der Linie. Dies gilt also auch für das Verhör eines Verdächtigen in einem syrischen Gefängnis oder in Guantánamo, auch wenn dadurch wertvolle Informationen der Gefahrenabwehr beschafft werden könnten. Das Argument des Bundesinnenministers Wolfgang Schäuble, die Menschen erwarteten nun mal Schutz, kann nicht bedeuten: Wir sollten nicht zimperlich sein. Hier wird das mit dem Rechtsstaat nicht zu vereinbarende Schwarz zur Grauzone erklärt.

"The greatest happiness for the greatest number", "das größte Glück den Meisten" forderte der Philosoph Jeremy Bentham Anfang des 19. Jahrhunderts. So mancher leitet daraus die Legitimität von Folter in einzelnen Fällen ab. Eine solche Konsequenz ist allerdings mit Artikel 1 Grundgesetz nicht vereinbar: "Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt." Dieser Grundsatz gilt in einem Rechtsstaat für jeden einzelnen, auch wenn er Terrorist sein sollte. Und dieser Grundsatz gilt erst recht, weil wir das furchtbare Leid der Opfer des menschenverachtenden Terrors kennen.

Das Lippenbekenntnis zum Folterverbot allein reicht jedoch nicht aus. In Deutschland wartet seit Anfang 2003 das Zusatzprotokoll zur Anti-Folterkonvention der Vereinten Nationen auf seine Ratifizierung. Die nationale Umsetzung dieses Protokolls würde präventive Mechanismen gegen Folter aktivieren. Hauptinstrument hierbei sind unangemeldete Besuche von unabhängigen Institutionen in Anstalten, in denen Menschen festgehalten werden. Während in Albanien das Protokoll bereits ratifiziert wurde, scheiterte die Unterzeichnung des Protokolls in Deutschland bisher am Widerstand der Bundesländer Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Sachsen. Begründung: "unnötige Bürokratie".

[  wams.de





19.Dezember 2005
Täuschen und Lügen

Das deutsche Innenministerium hat seit mindestens drei Jahren amtliche Kenntnis von systematischen Folterungen im Einflussbereich des Bundeskriminalamts (BKA). Die Opfer wurden auf Berliner Verlangen im Libanon verhaftet, anschließend der berüchtigten Hängefolter ("Ballanco") ausgesetzt und später von BKA-Beamten verhört. Zuvor war eines der Folteropfer vom BKA-Partnerdienst krankenhausreif geschlagen worden und musste aus der Folterhaft in ärztliche Behandlung. Obwohl die Folterpraktiken der Wiesbadener BKA-Zentrale im Dezember 2002 schriftlich gemeldet wurden, unterblieb die Strafverfolgung. Selbst eine persönliche Unterrichtung des BKA-Präsidenten Jörg Ziercke im August 2004 führte zu keinerlei feststellbaren Maßnahmen des Generalbundesanwalts Kay Nehm. Nehm untersteht der Justizministerin Brigitte Zypries; die politische Aufsicht über das BKA hatte zum Tatzeitpunkt der deutsche Innenminister Schily inne. In die Verantwortung der Vorgängerregierung fällt auch die Hinnahme eines Menschenraubs, bei dem die Täter am 17. Februar 2003 den Flughafen im deutschen Ramstein als Operationsbasis benutzten. Die von german-foreign-policy.com recherchierten Umstände widerlegen sämtliche Schutzbehauptungen der deutschen Behörden.

[  Full Article / german-foreign-policy.com





16. December 2005

[  Alles in Ordnung?
   Für Innenminister Schäuble ist gegen Verschleppung und Folter nicht
   unbedingt etwas einzuwenden, wenn es der Sicherheit dient, Joschka Fischer und
   die Grünen ziehen vor, sich bedeckt zu halten





16. Dezemeber 2005
Schäuble am Pranger

Mit seinen Äußerungen zu Folter und Rechtsstaatlichkeit hat sich Innenminister Schäuble heftige Kritik eingehandelt. Der Christdemokrat bekommt zu spüren, dass eine sachliche Debatte über das Thema zurzeit kaum möglich ist.

Berlin - Wenn Innenminister Wolfgang Schäuble sich in diesen Tagen in Berlin äußert, geht es umgehend zur Sache. Am vergangenen Mittwoch im Parlament plauderte er im ruhigen Ton hochbrisante Details der vormals streng vertraulichen Unterredung zwischen seinem Vorgänger Otto Schily (SPD) und dem ehemaligen US-Botschafter zum Fall von Khaled el-Masri aus. Jahrelang hatte strenge Geheimhaltung gegolten - dann kam Schäuble im Parlament auf den Punkt. Der neue Innenminister bestätigte vergangene Geheimdienstaktivitäten und fragwürdige Besuche deutscher Beamter in ausländischen Gefängnissen, die für Folter bekannt sind.

Am Freitag legte der Christdemokrat nach. Man könne nicht die Herkunft jeder geheimdienstrelevanten Information darauf überprüfen, ob sie unter vollkommen rechtsstaatlichen Bedingungen zustande gekommen sei. Im Klartext: Deutsche Geheimdienste sollen sich auch in Zukunft auf Informationen aus Ländern stützen können, in denen vermutlich gefoltert wird.

Zudem, so Schäubles Vorschlag, sollten "gefährliche Leute" in Sachen Terror schon bei Verdacht vor Gericht gestellt werden. Ganz nebenbei wolle er zur Fußball-WM auch die Bundeswehr anrücken lassen. Starker Tobak, den Schäuble da präsentierte und der ihm rasch das Image eines Rambos im Auftrag der Inneren Sicherheit einhandelte.

Locken Schäuble "Früchte des verbotenen Baums"?

Menschenrechtler, Grüne und SPD-Politiker zeigten sich empört über die Nutzung von Informationen, die schnell unter dem flotten Begriff Foltergeständnisse firmierten. Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) frotzelte, ihr fehle die "Phantasie" bei juristischen Neuerungen für die "gefährlichen Leute". Die SPD drohte, dass mit ihr der Bundeswehreinsatz im Inland zur WM nicht durchkommen werde. Und ausgerechnet die kaum unter Links-Verdacht stehende Polizeigewerkschaft warf dem Minister vor, ihn lockten die "Früchte des verbotenen Baums" der Folter.

Die Bundesregierung reagierte verhalten. Regierungssprecher Thomas Steg sah sich genötigt, von "persönlichen Vorschlägen" Schäubles zu sprechen. Was die Bundeswehr angeht, warte man ein entsprechendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts ab. Auch bei allen anderen Fragen gelte der Koalitionsvertrag: Der sieht vor, dass die Sicherheitsgesetze nach Lage angepasst werden sollen. Schäubles Äußerungen wurden zum "Diskussionsbeitrag" abmoderiert. Doch der allgemeinen Aufregung im Regierungsviertel wirkten solche Beruhigungsformeln kaum entgegen.

Was war nur passiert? Auslöser waren zwei Interviews, die Schäuble der "Süddeutschen Zeitung" und der "Stuttgarter Zeitung" gegeben hatte. Thema: die Rolle deutscher Geheimdienste und Sicherheitsbehörden im Kampf gegen den Terror und Schäubles Vorstellungen zu diesem Komplex.

Wie bei solchen Gesprächen üblich, wurden aus den Interviews einzelne Sätze ausgekoppelt, etwas angespitzt - und öffentlich von den Zeitungen als Vorabmeldungen verbreitet. So entstand am Freitag blitzschnell eine reichlich verkürzte Debatte um Schäubles Schlagworte, die mit seinem O-Ton allerdings nur partiell zu tun hatten.

Die Äußerungen des Innenministers waren allerdings missverständlich. "Wenn wir sagen würden, Informationen, bei denen wir nicht sicher sein können, dass sie unter vollkommen rechtsstaatlichen Bedingungen zu erlangen waren, nutzen wir unter keinen Umständen - das wäre völlig unverantwortlich. Wir müssen solche Informationen nutzen", sagte er der "Stuttgarter Zeitung".

Wo ist die rote Linie für die Deutschen?

Offen blieb hier, wer diese Informationen nutzen sollte und wofür. Schäubles Bemerkungen ließen Raum für Interpretationen. Plädierte Schäuble hier nur für die öffentliche Fortsetzung einer Praxis der Geheimdienste, die von der rot-grünen Regierung zwar nicht an die große Glocke gehängt, aber stillschweigend praktiziert wurde? Oder sollen auch weiterhin BKA-Ermittler wie im Fall Zammar für Vernehmungen in fremde Länder reisen, wo rechtsstaatliche Behandlung unüblich ist?

Schäuble ließ den Satz ohne Erläuterungen stehen. So keimte in Berlin der Verdacht, der konservative Innenminister wolle den von Rot-Grün bisher eher geheim betriebenen Profit aus möglichen Foltergeständnissen nun offiziell legalisieren. Nach dem Motto: Was gestern Usus war, kann heute kein Unrecht sein. Dass Schäuble am Mittwoch im Parlament bereits eine klare Trennung von Geheimdiensten und Behörden wie dem Bundeskriminalamt (BKA) bei solchen Missionen angemahnt hatte, war schon wieder vergessen.

Solch trennende Klarstellungen hat es bei Otto Schily nicht gegeben, die Arbeit aller Behörden zur Terror-Abwehr war stets Verschlusssache. Nun aber liegen plötzlich unangenehme Details auf dem Tisch. Die Berliner Politik steht vor der Frage, wie es weiter gehen soll. Vier Jahre nach den verheerenden Terror-Anschlägen in den USA kommt nun auch in der Bundesrepublik eine schmerzhafte Debatte in Gang, die lange vernachlässigt wurde: Wo ist für die Deutschen die rote Linie beim Kampf gegen den Terror?

Wollte Schäuble diese Diskussion anstoßen? Wenn ja, hat er es recht ungelenk gemacht. Dem Innenminister muss bewusst gewesen sein, dass seine Sätze auslegbar sind. "Wir wollen prüfen, ob wir nicht die Strafbarkeit ein Stück weit verändern können", sagte er der "Süddeutschen Zeitung". Was will der Mann? Ein neues Gesetzespaket? Was Schäuble hier fordert, bleibt unklar. Am Freitag tobte dann eine Debatte darüber, ob man künftig Menschen, die in terroristischen Ausbildungslagern trainiert haben, ohne weitere Vorwürfe vor Gericht stellen könne. Experten merkten an, dass dies schon lange durch den Paragraphen 129b möglich sei. Andere sahen schon die präventive Sicherungshaft am Horizont, die Hardliner wie Bayerns Innenminister Günther Beckstein gern fordern. Dementsprechend hitzig waren die Diskussionen und Schäuble stand als Scharfmacher dar.

Wenn sich der Qualm in den nächsten Tagen aus Berlin verzogen hat, wird Schäuble vermutlich besser dastehen, als es heute scheint. Er spielt gekonnt die Rolle des Aufklärers. Die von ihm enthüllten Fehler der Vergangenheit sind jedoch die Fehler von Rot-Grün. Der Koalitionspartner SPD ist durch die Politik des jahrelangen Wegsehens angeschlagen. Die Sozialdemokraten würden das Thema lieber ganz leise verhandeln. Selbst die Grünen, sonst im Ringen um Bürgerrechte geübt, können aus Angst um ihren einstigen Übervater und Ex-Außenminister Joschka Fischer nicht losschlagen. Von der FDP und der Linkspartei abgesehen, hat Schäuble also politisch freie Schusslinie.

Die zum Teil hochemotionalen Reaktionen heute zeigen aber, dass der Innenminister trotzdem keinen leichten Job haben wird. Wer heute die Fortsetzung der im Kampf gegen den Terror unverzichtbaren Geheimdienstarbeit fordert, wird von manchen fast in die Ecke von Folter-Fans gestellt. Tragfähige Erkenntnisse über global agierende Terror-Netzwerke lassen sich aber nur global gewinnen, dabei kann man nicht immer die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik anlegen. Eine ernsthafte, ruhige Diskussion zu diesem Thema ist jedoch zurzeit kaum möglich - das bekam Schäuble zu spüren.

[  spiegel.de





15.December 2005
Deutsche Sicherheitsbeamte haben in Guantanamo und im syrischen Far-Filastin-Gefängnis mit verhört

Wenn Parlamentarier aufgefordert werden, ihre Handys auszuschalten und gleich auch noch die Batterien zu entfernen, muss schon eine besonders hohe Geheimhaltungsstufe bestehen. Die bestand in der Tat, als sich der Parlamentarische Kontrollausschuss am Mittwoch und Donnerstag mit den CIA-Flügen befasste. Doch die ganze Geheimniskrämerei wurde gleich wieder in Fragegestellt, als man wenige Stunden später im Bundestag öffentlich ebenfalls über diese Affäre [extern] verhandelte. Im Mittelpunkt stand der Fall des Deutsch-Libanesen El-Masri, der von der CIA auf einer Reise nach Mazedonien verschleppt und später in Afghanistan festgehalten wurde. Doch längst wird in der Öffentlichkeit zudem die Frage diskutiert, ob deutsche Stellen womöglich die entscheidenden Tipps gegeben haben, die zu der Verschleppung El-Masris führten, und ob gar deutsche Sicherheitsbeamte an den Verhören beteiligt gewesen waren. Das Parlamentarische Kontrollgremium [extern] betont, es sei erst am 16.2.2005 über den Fall Masri unterrichtet worden.[...]

[  Deutsche Sicherheitsbeamte haben in Guantanamo und im syrischen Far-Filastin-Gefängnis mit verhört





01. December 2005
Das Fiasko des Strafrechts

Vor genau 300 Jahren erschien in Halle an der Saale eine kleine Schrift, die zu den wichtigsten Büchern der deutschen Geschichte zählt. Auf 38 Seiten steht darin alles, was man über die Folter wissen muss

Von Uwe Wesel

Er ist einer der Großen der Rechtswissenschaft, der Professor Thomasius aus Halle, dieser »deutsche Gelehrte ohne Misere«, wie Ernst Bloch ihn einmal genannt hat, »seiner schläfrigen und untertänigen Umgebung recht unbequem«. Gelebt und gelehrt hat er in einer Zeit des Umbruchs, als das klassische Naturrecht sich durchzusetzen begann. In den Niederlanden hatte diese Entwicklung ihren Anfang genommen, mit Hugo Grotius’ Buch über Das Recht des Friedens und des Krieges. Dann folgte in England Thomas Hobbes’ Leviathan, danach in Deutschland Samuel Pufendorf – und eben er, Christian Thomasius.Christian Thomasius, 1754 postum portraitiert von J.H.Christian Sporleder© Zentrale Kustodie der Martin-Luther-UniversitätHalle Wittenberg BILD

In Leipzig ist er zur Welt gekommen, 1655, sieben Jahre nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges. Der Vater war Professor der Philosophie. Der junge Mann studierte das Fach seines Vaters, ebenfalls in Leipzig, wechselte dann zur Rechtswissenschaft, ging nach Frankfurt an der Oder. Dort entdeckte er das Naturrecht Samuel Pufendorfs, der sein Vorbild wurde, ein Naturrecht, das sich, wie die griechischen Denker es in Grundzügen entwickelt haben, aus der Natur des Menschen ergibt, oft mehr Philosophie als Recht ist, gegen ständische Obrigkeit und feudale Hörigkeit gerichtet.

Als braver Professorensohn hatte er die Universität bezogen, als Christian Thomasius, wie wir ihn heute kennen, kehrte er nach Leipzig zurück. Einer, der alle Vorurteile schläfriger Wissenschaft verfolgte, ein Aufklärer, kampfbereit und siegessicher im Zeichen des Naturrechts, das nun – nicht zuletzt durch ihn selber – zum Teil richtiges Recht wurde. Die Zeit war günstig dafür, entsprach es doch auch den Interessen mancher Fürsten, die ihre Herrschaft modernisieren und stärken wollten gegen Kirche, Adel und Zünfte.

Wippgalgen und glühendes Eisen, viele kamen dabei um

Im Alter von 25 Jahren wurde er Privatdozent für Recht und Philosophie in Leipzig. Barocke Zeiten, der junge Gelehrte trug die übliche große Perücke. Aber unter ihr lebte viel Aufmüpfiges. Thomasius war der Erste, der eine Vorlesung auf Deutsch hielt und nicht Lateinisch, wie es seit Jahrhunderten üblich war. Brachte eine deutsche Zeitschrift auf den Markt, wurde ein weit über die Universität hinaus bekannter Mann, schrieb kritisch und ironisch auch über Leipziger Größen, was ihm neue Feinde schuf. Leistete sich noch anderen Widerspruch und erhielt 1690 von Sachsens Kurfürsten Lehrverbot.

Kurz darauf gab ihm der brandenburgische Kurfürst und spätere König in Preußen den Auftrag, Vorlesungen in Halle zu halten über Recht und Philosophie – Pufendorf, Thomasius’ großes Vorbild, lebte in Berlin als Hofgeschichtsschreiber und hatte wohl vermittelt. Das war der Anfang der Universität Halle, die vier Jahre später, 1694, offiziell gegründet wurde.

Hier schrieb Thomasius ein großes Buch über Naturrecht und vieles andere. Aber berühmt bis heute ist er durch zwei Heftchen, sie haben Geschichte gemacht. Es sind Doktorarbeiten der Universität, die den Namen der Doktoranden tragen. Man wusste jedoch, wer dahintersteckte.

Es war nämlich durchaus üblich, dass diese Dissertationen von den Professoren selber geschrieben wurden und der Doktorand nur die ehrenvolle Aufgabe hatte, ihren Inhalt in einer Disputation vor der versammelten Fakultät zu verteidigen.

Das erste der beiden Büchlein erschien 1701, De crimine magiae, Über das Verbrechen der Hexerei. Es ist eine Streitschrift gegen die Hexenprozesse, die noch immer in ganz Europa stattfanden. Hunderttausende waren zum qualvollen Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt worden, meistens Frauen und die meisten in Deutschland. Immer wieder hatte es Proteste gegeben, vergeblich.

Thomasius’ Schrift indes zeigte Wirkung, endlich. Preußens Friedrich Wilhelm I., der »Soldatenkönig«, machte Schluss mit dem Irrsinn. 1714, ein Jahr nach seinem Regierungsantritt, verbot er die Prozesse. Die anderen deutschen Länder folgten, und des Monarchen unglücklicher Sohn, der große Friedrich, meinte später, dem Thomasius habe das weibliche Geschlecht zu verdanken, dass es wieder in Frieden alt werden und sterben könne.

Der zweite Kampf war schwerer – und ist bis heute nicht ausgekämpft. 1705 erschien die Schrift, die Thomasius’ Vermächtnis werden sollte, über seinen Tod 1728 in Halle hinaus: De tortura ex foris Christianorum proscribenda, Über die Folter, die aus den Gerichten der Christen verbannt werden muss.

Damit hatte er sich wahrlich etwas vorgenommen. Anders als der Hexenwahn, der den Ängsten der frühen Neuzeit, der Verunsicherung durch die beginnende Aufklärung entsprungen war, entstammte die Folter ältester Tradition. Sie reichte zurück bis in die Antike, entsprach dem ehrwürdigen römischen Recht, dem Corpus Juris Civilis, das allgemein anerkannt war. Auch ging es hier um etwas so Grundsätzliches wie den Strafanspruch des Staates, den man nach damaliger Vorstellung im Wesentlichen nur mit einem Geständnis des Angeklagten durchsetzen konnte. Die »freie, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpfte Überzeugung« des Gerichts reichte damals noch nicht aus für eine Verurteilung. Also brauchte man das Geständnis. Also hat man gefoltert.

Bei Griechen und Römern wurde die Tortur, wie die Rechtsgeschichte beruhigt, »nur« gegen Sklaven angewandt, deren Aussage erst dann Beweiswert hatte, wenn sie gefoltert worden waren. Folter ist triebhaft und hat den Drang zur Ausdehnung. So wurden später auch freie griechische und römische Bürger gefoltert beim Verdacht eines Verbrechens gegen die Polis oder den römischen Staat. Heute sprechen wir von Hoch- oder Landesverrat. In der Spätantike schließlich stellte man freie römische Bürger der unteren Klasse – plebeii – den Sklaven gleich. Und seit dem Mittelalter gab es gar keine Grenzen mehr.

Jetzt konnte es jeden treffen, und zu Thomasius’ Zeiten hatte sich nichts daran geändert. Am Wippgalgen, auf Querbalken oder Leitern wurden noch immer Gelenke ausgerenkt, Gliedmaßen zerquetscht, Körper mit glühendem Eisen oder offenem Feuer versengt, Fleischteile ausgerissen oder was der sadistischen Fantasie sonst noch einfiel. Viele kamen dabei um.

Doch so alt wie die Folter ist auch die Kritik an ihr. Cicero, später der bedeutende römische Jurist Ulpian, der um 200 lebte, haben schon gesehen, dass Gefolterte schließlich alles zugeben, was die Folterer hören wollen, und dass man deswegen ihren Aussagen nicht glauben darf. In den frühen Tagen der Kirche erhob Augustinus Einspruch und in der anbrechenden Neuzeit Michel de Montaigne. Es hat alles nichts genützt. In Deutschland waren es, vor Thomasius, zwei oder drei Juristen von mittlerer Art und Güte, ihre Kritik klang eher zurückhaltend. Dann kam der Professor aus Halle, der große Fanfarenstoß.

Der Mensch wird zum Verräter an sich selbst

Es ist ein kleines Heft von 38 Seiten, etwas größer als Postkartenformat. Auf dem barocken Titelblatt in der Mitte Thomasius’ Name als Vorsitzender der Disputation und unten der des Doktoranden. Martin Bernhard aus Pommern. Offiziell hat er die Arbeit selber geschrieben, denn im Anhang des Heftchens findet man einen Brief, in dem Thomasius ihm im Prinzip Recht gibt, sich gleichzeitig aber auch ein bisschen distanziert: »Im Innersten meines Herzens erkläre ich, dass die Folter ungerecht ist und eine Schande für christliche Staaten. Ob man ihren Fürsten aber so einfach raten soll, sie wie in England oder bei anderen Völkern zu beseitigen, das weiß ich nicht so genau…« Er wolle darüber noch mal nachdenken. »Du, hochgeehrter Kandidat, lebe inzwischen wohl und ich wünsche Dir viel Glück.«

Es ist ein Spiel. Ein Spiel, das die Vorsicht Thomasius gebietet. Denn ob jener Martin Bernhard, von dem man nie wieder etwas gehört hat, nun der Autor ist oder nicht – auf diesen Seiten spricht der Feuerkopf Thomasius selber. »Durch die Folter«, heißt es gleich in der Vorrede, »werden die Ärmsten der Armen aller Angeklagten, deren Schuld noch nicht erwiesen ist, Strafen auferlegt, die an Grausamkeit diejenigen weit übertreffen, die sie erhalten würden, wenn ihre Schuld bewiesen ist […] Oh, welch gottloses Fiasko des Strafrechts! Was ist ungerechter […] als arme Geschöpfe, deren Schuld noch nicht erwiesen ist, mit so grausamen Strafen zu zerfleischen? Jeder, der sich noch ein wenig Gefühl für Menschlichkeit bewahrt hat, muss von Entsetzen betäubt sein und von Trauer überwältigt, wenn er nur daran denkt.«

Das ist der Geist des Lehrers. Nicht nur die Kraft dieser Sprache zeigt, dass Thomasius der wahre Autor ist, auch die Klarheit und Logik der Argumentation, wie sie sich auf den folgenden Seiten fortsetzt. So hatte noch niemand geschrieben. Folter ist eine Körperstrafe ohne ausreichenden Beweis der Schuld, nur auf Verdacht, grausam und ungerecht. Die meisten können sie nicht ertragen und geben alles zu, was ihnen vorgeworfen wird. So werden sie zu Verrätern an sich selbst, »sui ipsius proditor«. Das ist ein ungeheuerlicher Verstoß gegen die Menschlichkeit des Naturrechts.

Friedrich der Große trickst, doch er bleibt bei dem Verbot

Nun hatte einer gleich die Kralle des Löwen erkannt: Friedrich Wilhelm I. 1714, als er mit den Hexenprozessen kurzen Prozess machte, erfüllte er auch die Forderung der anderen der beiden Dissertationen aus der wichtigsten Universität seiner Lande und erließ eine Kabinettsorder über die Folter.

Mit dieser Order agierte er allerdings genauso vorsichtig wie Thomasius. Es war nur ein erster Schritt: dass nämlich jeder einzelne Fall vorgelegt und die Folter dann von ihm genehmigt werden muss. Dahinter stand die Rücksicht auf Tradition und Staatsräson. Die Folter musste weg, aber es ging nicht so schnell.

Sein Nachfolger Friedrich II. setzte die Reform fort. 1740 untersagte er das Foltern, jedoch wiederum »vorsichtig«, nämlich mit drei Ausnahmen. Die Tortur blieb zunächst noch möglich – mit königlicher Genehmigung – bei Majestätsverbrechen, Landesverrat und »denen großen Mordtaten, wo viele Menschen ums Leben gebracht sind«.

Vierzehn Jahre später, 1754, dann der letzte Schritt: das allgemeine Verbot ohne Ausnahme, nachdem sich ein durch Folter erzwungenes Mordgeständnis in einem aufsehenerregenden Berliner Fall kurz danach als eindeutig falsch erwiesen hatte.

Noch im selben Jahr allerdings nahm Friedrich, wie Bruno Preisendörfer in seinem Buch Staatsbildung als Königskunst (2000) berichtet, die Verfügung teilweise wieder zurück beziehungsweise spezifizierte sie. Erstens, sein Folterverbot musste geheim bleiben, durfte nicht veröffentlicht werden. Zweitens, die Gerichte hatten die Freiheit, die Folter anzudrohen, um zu einem Geständnis zu kommen. Sie durften den Angeklagten in die Folterkammer bringen lassen, wo ihm der Scharfrichter die Instrumente zeigte und die Schmerzen beschrieb. Schließlich konnte der Richter den immer noch Leugnenden dem Scharfrichter übergeben. Der legte die Instrumente an. Aber dann musste Schluss sein. Es durfte, dabei blieb es, nicht gefoltert werden.

Diesem vorsichtigen Vorgehen aus Rücksicht auf juristische Tradition und Staatsräson entsprach, dass die anderen deutschen Länder dem Vorbild der Preußen beim Folterverbot auch nicht so schnell gefolgt sind wie bei der Abschaffung der Hexenprozesse. Als erstes Land schloss sich 1767 die Markgrafschaft Baden-Durlach (Hauptstadt Karlsruhe, evangelisch) an, als letztes 1831 die Markgrafschaft Baden (Hauptstadt das heutige Baden-Baden, katholisch). Nun hatte in Deutschland die Vernunft endlich die Unmenschlichkeit überwunden.

Für hundert Jahre. Dann kamen Adolf Hitler und seine willigen Juristen. Deutschland und später das von der Wehrmacht besetzte Europa wurden zum rechtsfreien Raum. Erst 1945 konnte man wieder hoffen. Eine große Erfindung Pufendorfs gelangte 1949 sogar ins Bonner Grundgesetz, die »Würde des Menschen« im ersten Artikel als Grundlage des Ganzen. Im sowjetisch besetzten Osten allerdings wurde weiter gefoltert, im Herrschaftsbereich des großen Genossen Stalin, und auch später gab es in der Deutschen Demokratischen Republik, in den Verliesen der Staatssicherheit, keine Sicherheit vor dem Staat.

Im Westen jedenfalls glaubte man dieses Thema ad acta gelegt. Doch in den siebziger Jahren, als die so genannte Rote Armee Fraktion Bomben baute und um sich schoss, wurden plötzlich wieder wunderliche Vorschläge gemacht. Man dachte an Schutz durch Folter. Es war 1976 Ernst Albrecht, CDU, Ministerpräsident von Niedersachsen, der über dergleichen laut nachsann.

Dann kehrte Stille ein im inzwischen wiedervereinigten Deutschland. 1996 jedoch trat ein Professor aus Heidelberg auf den Plan. Er heißt Winfried Brugger, lehrt Verfassungsrecht an der dortigen Universität, die übrigens noch 300 Jahre älter ist als die in Halle, und veröffentlichte in der Zeitschrift Der Staat einen Aufsatz zur Frage Darf der Staat ausnahmsweise foltern?. Er beantwortete sie positiv und hat dieses Thema immer wieder variiert, bis er im Jahr 2000 in der Juristenzeitung sogar zu dem Ergebnis kam, der Staat dürfe nicht nur, sondern er müsse es. Das nennt man jetzt juristisch »Schutznormlehre«, nämlich Folter zum Schutz der Bevölkerung vor terroristischem Massenmord.

Der zweite reziproke Thomasius hat denselben Beruf an der Universität Bonn, heißt Matthias Herdegen und setzt noch einen drauf, im vornehmsten Rahmen, den wir haben. Dieser Rahmen ist der »Maunz-Dürig«, der Kommentar, der das Grundgesetz umgibt, begründet von Theodor Maunz und Günter Dürig. Über Maunz kann man sich streiten, aber Dürig war der Einzige in der Bundesrepublik, der mit seinem Temperament dem Thomasius sehr nahe kam. Mit einer genialen Konstruktion hat er aus Pufendorfs Würde in Artikel 1, der Freiheit und Gleichheit in Artikel 2 und 3 und den folgenden Grundrechten ein Gebäude geschaffen, in dem wir sicher wohnen konnten. Das Bundesverfassungsgericht folgte ihm. 1996 ist er gestorben.

Der Kommentar musste weitergeführt werden, und seine Herausgeber haben, nichtsahnend, die Neukommentierung des Artikels 1 ihrem Kollegen Herdegen überlassen, der ihnen 2003 ein Kuckucksei ins Nest gelegt hat. Aus der Fundamentalnorm unserer Verfassung, die jede Folter kategorisch ausschließt – »Die Würde des Menschen ist unantastbar« –, hat er mehr oder weniger ein normales Grundrecht gemacht, das man einschränken kann wie die anderen Grundrechte auch. Abrakadabra, dreimal schwarzer Kater. Nun ist Winfried Bruggers »Rettungsfolter« verfassungsrechtlich abgesichert.

Ist die Bundesfolterordnung schon Zukunftsvision?

Die Konsequenz daraus wäre jetzt eine »Bundesfolterordnung«, wie Jan Philipp Reemtsma das sarkastisch genannt hat, also ein Gesetz, das genau regelt, wer wen unter welchen Voraussetzungen und wie foltern darf zur Rettung von Menschenleben. Und man weiß, Folter ist triebhaft und hat den Drang zur Ausdehnung.

So geht es inzwischen auch schon nicht mehr nur um terroristische Anschläge. 2002 hatte der stellvertretende Polizeipräsident von Frankfurt am Main einem der Entführung Verdächtigten Folter angedroht, um das Leben des Entführten zu retten, ein spektakulärer Fall, der bereits heftigen Streit um das Für und Wider der Tortur ausgelöst hat. Und wer weiß, was noch alles kommt? Längst raschelt es im braunen Unterholz. Dort bewegt sich in voller Montur als »Richter am Landgericht Berlin« Andreas Ohlsen. In einem Leserbrief an den Berliner Tagesspiegel, veröffentlicht am 19. Dezember 2004, teilte Richter Ohlsen der Welt mit, das Folterverbot des Artikels 13 der Europäischen Menschenrechtskonvention würde im Frankfurter Fall nicht gelten. Ein Entführer (und Mörder) sei »ein Unmensch, ein Nichtmensch und damit ein ›Niemand‹. Und ›Niemand‹ darf bekanntlich der Folter unterzogen werden.«

In der Tat. Es gibt noch Richter in Berlin, deren Scharfsinn und würzigen Humor man seit 1945 für immer verschwunden wähnte. Christian Thomasius, steh uns bei!

[  zeit.de





18. Oktober 2004
Folter im Rechtsstaat? : Die Bundesrepublik nach dem Entführungsfall Jakob von Metzler

Bourcarde, Kay

Im Herbst 2002 entführte der mittlerweile rechtskräftig verurteilte Magnus Gäfgen den elfjährigen Jakob von Metzler, tötete ihn und erpresste anschließend ein Lösegeld von einer Million Euro. Kurz darauf wurde er festgenommen. In der Hoffnung, den Jungen noch lebend zu finden, drohte die Frankfurter Polizei Gäfgen mit Schmerzen, sollte er nicht den Aufenthaltsort seines Opfers verraten. Daraufhin gestand Gäfgen den Mord und führte die Ermittler zu der Leiche des Jungen. Nachdem die Drohung publik wurde, entwickelte sich eine hitzige Debatte, in deren Verlauf vielfach versucht wurde, mit Hilfe von Schreckensszenarien die Anwendungsmöglichkeiten der sogenannten 'Rettungsfolter' zu veranschaulichen. Unter anderem dadurch erhielt die Diskussion jedoch einen teilweise sehr polemischen Beigeschmack, Folterbefürworter und -gegner warfen sich wechselseitig Ignoranz oder Leichtsinn vor. Die Debatte verlief auch deshalb einseitig, weil einige der seitens der Folterbefürworter aufgeworfenen Fragen mit dem Verweis auf die geltende Rechtslage für unerheblich erklärt wurden und deshalb unbeantwortet blieben.

Diese Studienarbeit versucht sich dem Thema möglichst unvoreingenommen und fachübergreifend zu nähern. Dazu werden zunächst die Entführung und die sich daran anschließende Debatte dargestellt. Danach wird kurz die Geschichte der Folter nachgezeichnet. Auch auf die psychologischen Aspekte der Folter aus Sicht von Folterer und Gefoltertem wird eingegangen. Da Folter aber vor allem auch eine Frage des Rechts ist, wird dem verfassungs-, polizei- und strafrechtlichen Meinungsstreit ein besonders großer Platz eingeräumt. Nachdem auf diese Weise 'Folter' aus unterschiedlichen Perspektiven heraus betrachtet worden ist, versucht der Autor in der abschließenden Diskussion die schwierige Frage zu beantworten, ob es 'Folter im Rechtsstaat' geben kann.

[  Folter im Rechtsstaat? : Die Bundesrepublik nach dem Entführungsfall Jakob von Metzler





2005
ALLES, WAS RECHT IST

Dr. Jörg Kinzig vom Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg über Folter, Nothilfe und Daumenschrauben im Keller. Interview: Dirk Schönlebe

[  ALLES, WAS RECHT IST.pdf





25. Mai 2005
Auf dünnem Eis

Buchrezension

Die Entführung und Ermordung des Schülers Jakob von Metzler durch den Frankfurter Jurastudenten Magnus Gäfgen im September 2002 erregte viel Aufmerksamkeit. Aber zum Skandal wurde der Fall erst, als bekannt wurde, der stellvertretende Frankfurter Polizeipräsident Wolfgang Daschner habe einen Untergebenen angewiesen, dem Täter Schmerzen anzudrohen, um zu erfahren, wo dieser das entführte Kind versteckt hielt: körperliche Gewalt gegen einen Beschuldigten, um – vielleicht – einem Unschuldigen das Leben zu retten.

Die kritische Öffentlichkeit registrierte das als Drohung mit der Folter. Auch Juristen debattieren seither über eine Lockerung des Folterverbots. Jan Philipp Reemtsma rekonstruiert diese Debatte nicht nur minutiös, sondern verweist auch auf vorangehende Diskussionen. 1976 veröffentlichte der ehemalige niedersächsische Ministerpräsident Ernst Albrecht seine Dissertation, in der er die Frage diskutiert, unter welchen Voraussetzungen Grundrechte einschränkbar seien. Auch Niklas Luhmann spielte in einem Vortrag vom Dezember 1992 ein Szenario durch, in dem die staatlichen Behörden nur die Wahl hatten, entweder einen gefangenen Terroristen zu foltern oder das Leben der Bürger einer ganzen Stadt aufs Spiel zu setzen.

Luhmanns Kernthese: Das positive Recht ist auf außerrechtliche Legitimationsquellen angewiesen – sei es auf den schwer dechiffrierbaren Willen des Gesetzgebers oder, wie im Falle der Würde des Menschen, auf theologische und philosophische Substrate. Der Heidelberger Jurist Winfried Brugger entdeckte im Grundgesetz eine »Wertungslücke« beziehungsweise eine »Wertekollision« zwischen der Garantie körperlicher Unversehrtheit für einen Erpresser und dem Schutz der Würde und des Lebens der Bürger. Zwar will Brugger am Folterverbot festhalten, aber die Folter zugleich für bestimmte Fälle zulassen, ja vorschreiben.

Der Grundgesetzkommentar von Maunz/Dürig geht nicht ganz so weit, will aber »finale Erwägungen« berücksichtigt wissen bei der Beurteilung der Frage, ob die Folter zulässig sei. Der Kommentar wagte sich auf dünnes Eis mit der Erwägung, die Rechtsprechung solle die Frage der Folter in »Übereinstimmung mit der Affektlage der Öffentlichkeit« regeln. Die garantiert Mehrheiten für allerlei. Reemtsma hält dagegen und zeigt, dass die Aporie, wonach einem Vater aus Notwehr möglich sei, was einem staatlichen Beamten verwehrt sei – einem Entführer mit Gewalt zu drohen –, rechtlich nicht aufzulösen ist. Er bekennt sich dazu, als Involvierter würde er einen »Menschen so lange quälen, bis er das Versteck seiner Geisel nennt«, wobei die Grenze nicht vom »Mitgefühl« mit dem Täter, sondern vom »Ekel vor mir selbst« bestimmt werde. Man tritt wohl Reemtsma nicht zu nahe, wenn man das eher befremdliche Bekenntnis in einen Zusammenhang mit seinen Erfahrungen als Entführungsopfer rückt.

Was sich Reemtsma als Person zutraut, weil er Moral als Privatsache, als »etwas zwischen mir und mir«, betrachtet, verwehrt er mit guten Gründen dem Rechtsstaat. Er befürchtet aber, dass sich nach den Anschlägen vom 11. Spetember sowie Verbrechen wie dem eingangs erwähnten, »kulturelle Empfindlichkeiten« so verändert haben, dass »eine Re-Legitimierung der Folter« diskussionswürdig geworden sei.

Der Rechtsstaat kann die Folter nicht legalisieren, wenn er nicht »das normative Niveau unseres Rechtssystems« (Winfried Hassemer) unterbieten will. Welche Mittel dieses System anzuwenden bereit ist, steht jedoch nicht ein für alle Mal fest, sondern bedarf der öffentlichen Debatte. Man schmälert das Verdienst von Reemtsmas brillanter Analyse nicht, wenn man auf eine Inkonsistenz hinweist. Einerseits soll es »in der Moral« nur darum gehen, »was ich bereit bin zu tun«. Andererseits besteht Reemtsma auf der »Moral einer Rechtsordnung« und führt deshalb ein Wir in die Debatte ein: Demnach sei das Entscheidende nicht, »was wir jemandem zumuten zu leiden, sondern was wir uns zumuten zu tun«. Ein solches Kollektivsubjekt kann sich nur in der öffentlichen Auseinandersetzung bilden und artikulieren. Aber damit kommen neben rechtlichen Normen auch moralische und politische Aspekte ins Spiel, die partout nicht als Privatsache abzuhandeln sind.

[  Jan Philipp Reemtsma: Folter im Rechtsstaat?Hamburger Edition, Hamburg 2005; 154 S., 12,– €

[  zeit.de





2005

[  Jahresbericht Deutschland Amnesty International / Berichtszeitraum 1. Januar - 31. December 2004

[  Jahresbericht Europa / Berichtszeitraum 1. Januar - 31. December 2004





21. December 2004
Folter bleibt in Deutschland ohne Strafe

Mildes Urteil im Fall Daschner wegen "ehrenwerter Motive" des Angeklagten, Strafrechtsexperte Oliver Tolmein beklagt im Telepolis-Gespräch falsches politisches Signal Fast zwei Jahre nach Aufnahme der Ermittlungen wegen des Verdachtes auf Folter gegen den ehemaligen Vize-Polizeipräsidenten von Frankfurt am Main, Wolfgang Daschner, ist am heutigen Montag das Urteil gefällt worden. Der 61-jährige und ein Mitangeklagter Kriminalbeamter kommen nach dem von den Medien als "mild" klassifizierten Richterspruch mit einer Rüge davon. Nach einer Sonderregelung (1) des deutschen Strafrechtes wurden beide Angeklagte mit einer "Verwarnung mit Strafvorbehalt" belegt. Weder Daschner noch der Mitangeklagte Ortwin Ennigkeit sind damit vorbestraft. Lassen sich die beiden Männer binnen eines Jahres kein vergleichbares Delikt zuschulden kommen, verfallen die auf Bewährung ausgesetzten Geldstrafen von 10.800, beziehungsweise 3.600 Euro.

Die Ermittlungen gegen Daschner waren im Februar 2003 aufgenommen worden, nachdem ein interner Aktenvermerk des Angeklagten öffentlich geworden war. Erst daraus wurde ersichtlich, dass der damalige Vize-Polizeichef dem Kindesentführer Magnus Gäfgen im Oktober des Vorjahres Folter androhen lies, gebe er das Versteck seines 11-jährigen Opfers nicht preis. Erst auf die Gewaltandrohung hin führte Gäfgen die Polizei zu dem Versteck. Der Millionärssohn Jacob von Metzler konnte dort jedoch nur noch tot geborgen werden. Unabhängig von dem Verfahren gegen den Entführer Gäfgen wurden die Anklage gegen Daschner und Ennigkeit im Juni 2004 wegen "schwerer Nötigung" zugelassen ( Rechtsstaat contra Volkszorn (2)).

Die Vorsitzende Richterin Bärbel Stock wies heute in der mündlichen Urteilsbegründung darauf hin, dass die beiden Verfahren strikt zu trennen seien. Nicht die Frage der Schuld oder Unschuld des Folteropfers Gäfgen spielten eine Rolle:

Die Achtung der Menschenwürde ist die Grundlage unseres Rechtsstaates.
Bärbel Stock, Vorsitzende Richterin der 27. Strafkammer des Landgerichtes in Franfurt am Main zur Begründung des Urteiles gegen Daschner

Menschenrechtsorganisationen bewerteten das Urteil unterschiedlich. Barbara Lochbiehler, Generalsekretärin der deutschen Sektion von amnesty international, bezeichnete (3) es als "erfreulich", dass Daschners Verhalten von dem Gericht als rechtswidrig und strafbar anerkannt wurde. Stellvertretend für das Forum Menschenrechte (4) erklärte Lochbiehler:

Das Urteil signalisiert der Polizei und allen anderen gesellschaftlichen Kräften, dass der Staat in Deutschland unter keinen Umständen foltern oder misshandeln darf.
Barbara Lochbiehler

Doch eben eine solche Signalwirkung wird von anderen Menschenrechtsgruppen und Justizexperten in Abrede gestellt. So kündigte die deutsche Initiative Stop Torture (5) eine Strafanzeige gegen den zuständigen Staatsanwalt Wilhelm Möller an. Weil er mit seiner Forderung weit unter dem möglichen Strafmaß von fünf Monaten bis sechs Jahren geblieben war, soll Möller wegen "Anstiftung zur Rechtsbeugung" zur Verantwortung gezogen werden. Auch Oliver Tolmein (6), Lehrbeauftragter für Strafrecht an der Universität Hamburg, übt an dem Urteil scharfe Kritik.

Ich habe den Eindruck, dass das Gericht am liebsten einen Freispruch erwirkt hätte. Ein Minimum an juristischem Schamgefühl hat einen solchen Ausgang am Ende aber wohl doch noch verhindern können.
Strafrechtsexperte Oliver Tolmein im Gespräch mit Telepolis

Die Signalwirkung des Urteils bezeichnet Tolmein als verheerend. Zwar dürfe dem Gerichtsentscheid zufolge nicht gefoltert werden, sagt er, "wer es aber doch tut, hat offenbar ja keine Strafe zu erwarten". Die sogenannte Verwarnung mit Strafvorbehalt bezeichnet der Justizexperte als "sehr umstritten", weil sie weder ein klares Urteil noch einen Freispruch bedeute. Zudem habe der Angeklagte im Verlauf der Verhandlung keinerlei Reue für sein grundgesetzwidriges Verhalten gezeigt. "Normalerweise würde das straferschwerend ausgelegt werden", sagt Tolmein, "zumal das Vergehen von dem Gericht anerkannt wurde."

Und doch lehnt es Tolmein ab, die Schuld an dem schon jetzt umstrittenen Urteil alleine der vorsitzenden Richterin zu geben. Das Hauptproblem im Fall Daschner sei von vornherein die schizophrene Rechtslage in Deutschland gewesen. Zwar fordere das Grundgesetz im ersten Artikel die unbedingte Wahrung der Menschenwürde, "trotzdem konnte Wolfgang Daschner nicht wegen Folter angeklagt oder verurteilt werden, weil es einen solchen Straftatbestand bis heute im deutschen Strafrecht nicht gibt". Deutschland komme seinen Verpflichtungen daher trotz der Ratifizierung der zentralen internationalen Anti-Folter-Konventionen nicht nach, kritisiert Tolmein.

Zwar hat der letzte Bericht (7) des Antifolterkomitees der Vereinten Nationen (in Paragpraph 4, Absatz 17) einen gesonderten Paragraphen zum Folterverbot nicht zwingend gefordert, "weil alle entsprechenden Straftatbestände bereits durch bestehende Gesetzesregelungen geahndet werden können". Und doch wirft das Urteil im Fall Daschner neue Fragen auf.

So verurteilte die vorsitzende Richterin die Gewaltandrohung - nach der Antifolterkonvention durchaus als "grausam" oder "inhuman" zu ahnden - gerade einmal als "verwerflich". Dem entgegen sei Daschner als Hauptangeklagten "Respekt zu zollen", weil er in seiner vorgeblichen Sorge um das Leben des Opfers "aus ehrenwerten Motiven" gehandelt habe. Das indes ließe sich auch bei den Misshandlungen im Bagdader Gefängnis Abu Ghraib anführen. Immerhin war den folternden Soldaten dort erklärt worden, es handele sich bei den Insassen um Terroristen, die US-Amerikaner töten wollten.

Links

(1) http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/stgb/BJNR001270871BJNG002002307.html

(2) http://www.telepolis.de/r4/artikel/18/18830/1.html

(3) http://www2.amnesty.de/internet/deall.nsf/50144ae16ca25cecc12567df002695c7/57b04d0afe62ab27c1256f7000486f30?OpenDocument

(4) http://www.forum-menschenrechte.de

(5) http://www.stop-torture.de/resolution.html

(6) http://www.tolmein.de

(7) http://www.unhchr.ch/tbs/doc.nsf/898586b1dc7b4043c1256a450044f331/04ab9d4f8eef16f9c1256e660046909b/$FILE/G0342858.doc

[  telepolis.de





November 2004

[  26. November 2004
    Daschner-Prozess und Bundeswehr-Skandal
   Wird Folter in Deutschland wieder hoffähig?





July 2004

[  3. July 2005
  Im Notstand Folter?
   Vizepräsident der Frankfurter Polizei wegen Folterandrohung vor Gericht





May 2004

[  25. Mai 2004
   Der angeblich linke Sozialdemokrat Lafontaine verteidigt Folter





February 2003

[  28. Februar 2003
   Rechtsstaat oder Polizeistaat?
   Zur Debatte über die Zulässigkeit von Folter





13. MAY 2004
„Das Grundgesetz ist eindeutig. Die Menschenwürde gilt absolut“
Terrorbekämpfung, Erpressungsfälle, Folterverbot: Fragen an Hans-Jürgen Papier, den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts

Die Fragen stellte Martin Klingst

die zeit: Herr Präsident, amerikanische und auch britische Soldaten werden beschuldigt, irakische Gefangene systematisch gefoltert zu haben. Ist selbst für Demokratien die Würde des Menschen antastbar geworden?

Hans-Jürgen Papier: Die Bilder von Folterungen im Irak sind schrecklich. Unter dem Grundgesetz gilt klipp und klar: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Dies ist ein verfassungsrechtliches Gebot und bedeutet zweierlei: Der deutsche Staat ist verpflichtet, jede Verletzung der Menschenwürde zu unterlassen. Darüber hinaus muss er auch jede Verletzung der Menschenwürde durch Dritte unterbinden.

zeit: Sind Sie sicher, dass dieses strenge Gebot noch akzeptiert wird? Nachdem der ehemalige Vizepräsident der Frankfurter Polizei dem Entführer und Mörder eines Bankierssohnes Folter angedroht hatte, erhielt er viel Zuspruch – sogar von Richtern.

Papier: Das Grundgesetz ist eindeutig, im Gegensatz zu vielen anderen Grundrechten unterliegt die Menschenwürde keinem Gesetzesvorbehalt. Sie ist nicht abwägungsfähig und kann deshalb nicht wie etwa die persönliche Freiheit, die Berufsfreiheit oder die Eigentumsgarantie gegenüber anderen Belangen des Gemeinwohls zurücktreten. Die Menschenwürde gilt absolut. Dies entspricht auch der Rechtsprechung unseres Hauses.

zeit: Trotzdem scheint diese Gewissheit zu bröckeln. Der wichtigste Grundgesetzkommentar, der Maunz-Dürig-Herzog, sagt in seiner neuesten Interpretation: Wenn es etwa um die Lebensrettung von Entführungsopfern gehe, verletze die Androhung oder Zufügung von Schmerzen nicht unbedingt den Würdeanspruch des Täters. Danach ist die Menschenwürde also doch abwägbar. Diese Kommentierung wird den Richtern an die Hand gegeben, und Sie sind Mitherausgeber des Gesamtwerkes. Läuft Ihnen da kein kalter Schauer den Rücken herunter?

Papier: Ich bitte zu beachten, dass die Äußerung eines wissenschaftlichen Autors noch nicht die Rechtslage verändert. Und die verbindliche Auslegung des Grundgesetzartikels 1, also der Menschenwürde, unterliegt nun einmal nach unserer Rechtsordnung allein dem Bundesverfassungsgericht. Für das Gericht und für mich persönlich gibt es nicht den Hauch eines Zweifels, dass der Schutz der Menschenwürde unverbrüchlich ist. Noch einmal – das heißt: Die Menschenwürde ist einer Relativierung, einer Einschränkung oder Abwägung mit anderen öffentlichen oder privaten Belangen nicht zugänglich.

zeit: Was würden Sie jemandem antworten, der fragt: „Darf ich einem Verbrecher selbst dann nicht Schmerz zufügen, wenn ich damit das Leben vieler Menschen retten könnte?“

Papier: Hier geht es um elementare Grundsätze, um den Kern eines freiheitlichen Gemeinwesens. Die Folter missachtet jedes Menschsein und ist deshalb eines Rechtsstaats nicht würdig. Wir müssen akzeptieren, dass der Rechtsstaat um seiner selbst willen an Grenzen stößt, sogar an absolute, unveränderbare Grenzen.

zeit: Könnte der Rechtsstaat am Ende eines Strafprozesses gegenüber einzelnen Folterern Milde walten lassen? Etwa weil sie sich wie im Frankfurter Fall, bei dem Folter nur angedroht wurde, in einem besonderen Gewissenskonflikt befunden haben?

Papier: Zu dem Frankfurter Fall möchte ich mich nicht äußern. Ich bin auch kein Strafrechtler, sondern Verfassungsrechtler. Ganz grundsätzlich halte ich es jedoch für denkbar, dass solche Überlegungen berücksichtigt werden, wenn es am Ende um die individuelle Schuld und Bestrafung des Täters geht. Gleichwohl: Dass eine Verletzung der Menschenwürde durch Folter oder auch die bloße Androhung immer gegen geltendes Recht und insbesondere gegen geltendes Verfassungsrecht verstößt, steht für mich außer Zweifel.

[  zeit.de





November 2004
Folterfreunde
Schlagen, Treten, Fingerbrechen für Wahrheit & Moral

zum Prozess gegen den Ex- Vizepolizeipräsidenten Frankfurts Wolfgang Daschner
Ein Flugblatt der Kampagne Libertad!,

[  Folterfreunde.pdf





2004
Ein bisschen Folter?

Die schockierenden Beispiele von Folter im Irak sind als solche noch kein Anlass, nach deren Berechtigung in Ausnahmesituationen zu fragen, wohl dagegen etwa der „Fall Daschner“: Im Jahre 2002 drohten in Frankfurt/Main Polizisten einem Entführer mit Gewalt, falls er nicht das Versteck seines Opfers preisgäbe. Der Beschuldigte lenkte ein, aber das Opfer war schon tot. Neuerdings wird von „Rettungsfolter“ gesprochen und wird ein Notstandsrecht proklamiert,obwohl das „Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe“ vom 10.12.1984 der UNO solche Maßnahmen ausdrücklich auch für den Notfall ausschließt [...]

[  Ein bisschen Folter?.pdf





2004
Folter in Deutschland?

[  kai.iks-jena.de