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VORSICHT ARBEIT




Annie Gonzalez
und CP Productions
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VORSICHT ARBEIT

Ein anderer Standpunkt über die Arbeit

Von
Pierre Carles
Christophe Coello
und
Stéphane Goxe
Dauer des Dokumentarfilms: 80 Minuten

Der Inhalt des Filmes ist nicht vollständig wiedergegeben,
da einige Beiträge ohne den Film schwer nachvollziehbar sind.
Bei Interesse kann Kontakt aufgenommen werden über die Website.


Arbeit heisst auf französisch travai.
Travai kommt von dem lateinischem Wort tripalium und bedeutet: Folterinstrument aus drei Pfählen


SEQUENZ N°1
D. Überlebender des ökonomischen Kriegs

"Ich bin aus ökonomischen Gründen rausgeworfen worden und dann habe ich in dieser Logik weitergedacht. Ich musste eine neue Arbeit suchen, ich habe gejobbt;einige Jobs waren besser als die Anderen, aber meistens waren die Jobs immer schlimmer.
Am Schlimmsten 1998. Ich habe mich für den Möbelverkauf beworben, na, um Vertreter zu werden. Uns wurden viele Profite und immer wachsende Gewinnmöglichkeiten versprochen.
Ich habe die Ausstattung gekauft, d.h. einen Anzug, die Krawatte, und sie lehrten uns Gesprächstechniken um Menschen zu manipulieren.
Wir bekamen den Koffer, mit allem, was darein gehört, den Warenproben aus Tapete oder Leder, um den Typ zu überzeugen, dass sein super Sofa dann so aussehen wird. Schlimm.
Schon seit langem hatte ich Schwierigkeiten mit der Logik der Firma, in der man sich fühlen muss, als wäre es die eigene Familie.
Aber ich habe immer arbeiten wollen, ich war bereit mir Mühe zu geben, usw. Aber diesmal war das Problem, dass es eine echte Gehirnwäsche war.
Aber dank meiner Bekannten wurde ich mir der Veränderung bewusst, die diese Arbeit in mir verursachte. Die Leute erkannten mich nicht mehr wieder.
Ich hatte einen unmöglichen Arbeitsplan, keine Zeit für die Musik, ich versuchte selbst meinen Freunden Möbelstücke zu verkaufen, das war der Horror."

>>Erinnerst du dich an das letzte Mal, als du deinen Anzug angezogen und deinen Koffer genommen hast?

"Ja, das war ein klassischer Fall, wir waren bei einer sehr bescheidenen Familie, sehr netten Leuten, in einem isolierten Dorf in den Ostpyrénéen.
Wir haben ihnen eine Sitzgarnitur für 13 000 DM angedreht, mit einem Kredit über 10 Jahre, dessen Zinssatz den Preis auf 18 000 DM steigen ließ. Der Typ, der verdiente 1 700 DM pro Monat. Also, ich bin mit dem anderen Verkäufer weggegangen und ich habe ihm gesagt, du kannst den Gewinn behalten. Es interessiert mich nicht.
Ich finde, dass es schon so viele Arschlöscher auf der Erde gibt, dass ich nicht auch noch einen Beitrag dazu leisten muss, indem ich Leute bestehle, weil das ist purer Diebstahl an Leuten, die nichts dafür können und die besonders leichtgläubig sind.
Weil, wie alle, wenn man keine Kohle hat, träumt man tatsächlich davon, eines Tages einen Zugang zu diesem Konsum zu kriegen, den man stets im Fernsehen sehen kann, oder durch die Werbung. Und das schafft schließlich eine Frustration, weil die Leute das auch wollen.
Sie wollen eine schöne Sitzgarnitur, ein schönes Auto, schöne Dinge. Wenn sie es sich nicht leisten können und wenn ein oder zwei Blödmänner bei ihnen auftauchen und sagen " ich habe ein tolles Geschäft für Sie" mit einer raffinierten Ausbildung, was die Verkaufstechnik.
Das geht zu weit!
So z.B. der Telefontrick, d.h. man tut, als ob man seinen Chef anrufen würde, um einen Rabatt zu kriegen, dabei wartet der Kunde ewig, das sind klassische Tricks aber das klappt und die Leute werden reingelegt.
Für mich hat es das Fass zum Überlaufen gebracht. Ich fand, dass dieses Vertreterunternehmen sehr repräsentativ für die Logik von Unternehmen im allgemeinen war.
Ja so war es, weil man konnte mir wohl sagen, du musstest nicht als Handelsreisender arbeiten. Du hättest 10 000 anderen Jobs finden können, aber das Problem ist, dass die Logik dieselbe ist, woanders ist sie diffuser aber sie funktionieren alle gleich.
Deshalb, tschüss. Klar, ich brauchte eine eindeutige Entscheidung und ich habe wirklich zu mir selbst gesagt: "Du wirst nie mehr arbeiten" und ich habe nie mehr gearbeitet. Seit Juni 1998 habe ich keine Lohnarbeit mehr gemacht.


SEQUENZ N°2
V. oder die Undankbarkeit der Jugend

>>So, Virginie, du wolltest nicht wirklich Arbeit, aber du hast es trotzdem gemacht.
"Ja, am Anfang war ich ein Teenie.
Ich wollte unabhängig sein, ich musste unbedingt arbeiten, weil falls ich eine Gitarre kaufen wollte, konnte ich nicht meine Eltern fragen, weil sie das Geld nicht unbedingt hatten...
Dann habe ich mir gesagt: ich muss Geld ranschaffen und ich werde einen Job finden und so. Am Anfang habe ich gejobbt. Habe Zeitungen verkauft, habe Gitarre in der U-Bahn gespielt und so habe ich mir eine Gitarre gekauft...
Und eines Tages habe ich gedacht, ich muss anständig sein. Ich finde eine dauerhafte Arbeit, weil das das Schicksal eines jeden Menschen ist Ich gehöre zu dieser breiten Masse und will mich integrieren.
Ich will dazugehören, denn ich will nicht isoliert sein. Und dann habe ich durch eine Zeitarbeitagentur eine feste Stelle gefunden. Ich habe angefangen bei D. zu arbeiten.
Ich antwortete am Telefon und öffnete die Post, na, spannende Sachen... Und nach einem Monat?. Am Anfang macht dich das Telefon echt noch neugierig, wie funktioniert dieses Zeug.
Nach einem Monat meisterst du es schon. Du langweilst dich ein bisschen mehr und nach 3 Monaten wird es wirklich horrormäßig. Morgens hast du keinen Bock aufzustehen, auch wenn deine Kollegen nett sind, ist es immer noch schrecklich.
Dann habe ich gedacht, wie kann ich nur so denken?Ich habe einen unbefristeten Arbeitsvertrag, aber ich kann es nicht aushalten. Irgendwann werde ich kündigen müssen.
Ich habe darüber mit Bekannten geredet und mir wurde gesagt:"Du spinnst wohl! Du bist unvernünftig! Wieso willst du kündigen? Du hast doch einen unbefristeten Arbeitsvertrag, was für ein Glück, denn heutzutage will doch jeder so was haben."
Also, das stimmt, vielleicht sollte ich nicht kündigen sondern versuchen, entlassen zu werden. Ich habe versucht dazu Strategien zu entwickeln.
Und dann habe ich gemerkt, dass die Leute es mir übel nehmen, sauer sind und ich finde das Unmöglich! Nun werde ich versuchen den Leuten klar zu machen, dass Arbeit kein Selbstzweck ist. Dass das Arbeitslosengeld existiert und dass man davon profitieren soll.
Wenn man Beiträge in die Sozialversicherung einzahlt und nie arbeitslos ist, dann profitiert man nie von diesem Geld."

"Die Leute haben das als etwas Unmoralisches empfunden, weil es nicht so sein darf und noch dazu zu kündigen, d.h. dann kein Arbeitslosengeld zu kriegen.
Wo doch so viele Leute eine Arbeit wollen. Ich habe das Glück eine Arbeit zu haben und profitiere gar nicht davon. Das ist etwas, das sie unnormal finden.
Sie finden sogar, dass es fies ist gegenüber den Leuten, die jeden Tag zum Arbeitsamt gehen und nichts kriegen."

>>Das ist aber nicht fies, weil du jemandem dafür deine Stelle überlässt.
"Ja, ich mache ihnen die Stelle frei aber, weißt du, es ist unmoralisch, weil ich mir keine Mühe gebe und noch dazu, nachdem ich gekündigt habe, werde ich mir keine neue Arbeit suchen. Das ist gemein!"
>>Das ist erschreckend.
"Solche Leute sind scheußlich. Ihre Eltern geben ihnen Kohle für ihr Studium und sie studieren nicht und arbeiten nicht. Das ist ja unverständlich.""


SEQUENZ N°3
Aus "Das Blut der Anderen"

"Es ist nicht leicht an einem Fließband zu arbeiten.
Es ist nicht leicht, um Viertel vor fünf anzukommen und sich zu sagen, schnell, ich muss eine Zigarette rauchen, ich ziehe meine Schürze an, nehme meine Werkzeuge und rauche eine letzte Zigarette, bevor es klingelt und um Viertel vor fünf klingelt es.

Und das ist traurig, das ist traurig.
Und deine Arbeit, wenn du daran denkst, ist nur Reflex.
Du weißt, dass du eine Klammer links und eine Klammer rechts heften musst.
Du schnauzt deinen Hefter an, wenn was schief geht. Du schnauzt sogar dich selbst an, wenn du dich verletzt, aber du bist nicht schuld.
Die schlechten Montagen sind daran schuldig.
Und so ist es.
Der Chef kommt, der schnauzt dich an, weil die Arbeit schlecht gemacht wird und es ist jedem scheißegal.
Ich bin sicher, es ist jedem scheißegal.
Vor uns liegt nichts.
Mit einer Beförderung soll man nicht rechnen.
Was es letzten Endes alles so schwierig macht, ist einen Beruf in seinen Händen zu haben.
Siehst du, ich bin Schlosser. Ich habe drei Jahre lang Schlosser gelernt, drei Jahre lang war ich der Beste in der Schule und was habe ich damit gemacht?
Nach fünf Jahren kann ich meine Hände nicht mehr benutzen.
Meine Hände tun mir weh.
Ich habe einen Finger, den Aufgeschwollenen, den kann ich schlecht bewegen.
Abends kann ich schlecht Dominique berühren, das tut meinen Händen weh.
Und die Kleine? Wenn ich sie wickeln will, kann ich ihre Knöpfe nicht aufmachen.
Und immer diese kommenden Tränen... Sie haben meine Hände gefressen, ich möchte vieles machen und ich sehe, dass ich jetzt kaum einen Hammer benutzen kann.
Das ist alles zusammen, weißt du? Du hast Mühe zu schreiben. ich habe Mühe zu schreiben. Ich habe immer Mühe mich auszudrücken, das ist auch das Fließband.
Es ist schwierig, wenn du neun Stunden lang nicht geredet hast.
Du hast so viel zu sagen und da willst du Wörter sagen. Sie kommen alle zusammen in den Mund. Du stotterst, es nervt dich, alles nervt dich.
Und die, die dich noch mehr nerven, sind die, die vom Fließband sprechen. Die nie begreifen werden, dass alles was darüber gesagt werden kann, dass jede Verbesserung, die dafür gemacht wird, schon etwas ist. Aber die Arbeit, die bleibt eben.

Das Fließband, das ist hart. Ich kann nicht mehr dorthin gehen. Ich habe Angst davor. Das ist keine Willensschwäche! Das ist die Angst dorthin zu gehen.
Die Angst davor, dass sie mich mehr verstümmeln, die Angst, nicht mehr sprechen zu können, stumm zu werden. Früher habe ich gelesen. Ich habe viele Bücher gelesen. Jetzt habe ich keine Lust mehr zu lesen. Ich habe keine Lust mehr. Ich habe kein Bedürfnis mehr zu lesen. Nicht, dass ich alles weiß! Gar nicht, aber ich habe keine Lust, kein Bedürfnis mehr dazu.

Und was für Aussichten gibt es für mich? Mit 18 bin ich direkt nach der Schule zu Peugeot gegangen. Ich sage es dir, meine Hände tun mir so weh, sie sind so dick, sie ekeln mich so an.
Ich liebe sie aber so sehr, ich fühle, dass ich mit ihnen was machen könnte.
Aber ich habe Mühe, die Finger zu falten. Meine Haut, die geht weg, aber ich werde sie nicht aufreißen. Peugeot wird sie mir aufreißen und ich werde dagegen kämpfen. Deshalb will ich mir nicht die Haut aufreißen. Ich will nicht, dass man sie anrührt.

Das ist das Einzige, was wir haben.
Peugeot versucht, sie zu fressen, zu verbrauchen und wir kämpfen, um sie zu haben. Wir überleben!"


SEQUENZ N°4
P., aus der Fabrik entlassen und endlich in Ruhe

"Lange war ich ein Musterarbeiter. Bis 1982 habe ich in einer ziemlich großen Fabrik gearbeitet, einem multinationalen Konzern, der ungefähr 300 Leute beschäftigte.
Mein Lebens- und Arbeitsbild war das eines ehrlichen Mannes und für mich war ein ehrlicher Mann jemand, der arbeitet, der irgendwann heiratet, Kinder bekommt und stirbt, nachdem er sein Leben lang viel gearbeitet hat.
Das war mein Bild eines ehrlichen Mannes.
In der Fabrik lief es mehr oder weniger gut. Die Arbeit war langweilig, aber mit der Gewerkschaft war das Ganze schon lustiger. Wir trafen uns, wir entschieden zu streiken oder nicht.
Das war also die lustige Seite der Arbeit, immer mit dem im Kopf verankerten Gedanken, seit ich klein war, dass ein Mensch arbeiten muss, weil es keine andere Wahl gibt, außer wenn man reich ist. 1982 wurde ich aber entlassen und habe eine Abfindung gekriegt, mit der ich eine Weile hab leben können. Langsam habe ich seitdem viel entdeckt.
Das ist, als würde man am Rand eines Abgrundes stehen. Jemand schiebt einen nach vorne und einmal im Leeren merkt man, dass man fliegen kann.
Dann schwebt man und sagt sich: "Wie lustig, das nächste Mal springe ich allein!" Klar, normalerweise läuft es nicht so.
Das ist mein persönliches Erlebnis, so ist es nicht für jeden. Das geschieht nicht einfach so. Es hängt nicht nur von dir ab, es ist aber auch kein glücklicher Zufall.
Du musst eigentlich zwischen Zeit und Geld entscheiden. Ein bisschen von beiden zu haben oder viel Zeit und kein Geld oder das ganze Geld der Welt zu haben, was unmöglich ist. Aber wenigstens was du verdienen kannst, wenn du 15 oder 16 Stunden pro Tag arbeitest und auf den Tod zu warten, um sich davon zu erholen. Jeder muss für sich entscheiden. Ich habe entschieden es mit Tricks zu schaffen, wie viele Leute!
Diese Situation kennen viele Leute. Klar man sagt es nicht offen, es gibt keine Werbung dafür, in den Medien hört man nie: "Es gibt 3 Millionen Arbeitslose, von denen 55% gar nicht mehr arbeiten wollen".
Keiner sagt so was und vor allem die Arbeitslosen selbst nicht. Das habe ich so einem Firmenchef erklärt: ihr habt uns vor einigen Jahren mit allen Ehren entlassen und jetzt ruft ihr uns durch die Hintertür zurück:
"Kommt arbeiten, kommt, um das Gleiche wie vorher zu machen, nur 12 Stunden anstatt 8 und mit 80% eures ehemaligen Lohns."
Und ihr denkt, dass die Fabrik sich mit Arbeitslosen füllen wird, die auf diese wunderbare Arbeitsgelegenheit warten. Aber inzwischen, seit ihr uns entlassen habt haben wir gelernt, ohne Arbeit zu leben."


SEQUENZ N°5
"FAULENZER"

Oh mein lieber Jean, oh mein Kollege,
Mir ist was passiert!
Aber in welcher Welt leben wir?
Sie haben zu mir nicht gesagt: "Geh weg, du Faulenzer!"
So ist die Geschichte: in der Fabrik,
Wo ich seit vierzig Jahren arbeitete,
War der Chef sauer auf mich.
Ich sagte nichts, meine Kinder haben Hunger,
Obwohl ich keine Pause machte,
War der mit der Arbeit nicht zufrieden.

Ich wollte den Grund dafür kennen,
Weil es zu lange anhielt.
Gestern endlich, mit der Geduld am Ende
Ging ich zum Chef,
Und sagte ihm mit gesenktem Kopf:
"Ist es, weil ich nicht genug mache,
Finden Sie, dass ich zu wenig arbeite,
Dass ich Sie nicht mehr zufrieden stellen kann?"

"Sie werden langsam alt"
Antwortete er mir mit ruhigem Gesicht,
"Seit einiger Zeit ist Ihre Arbeit
Schlecht gemacht und dazu sind Sie faul.
Wenn ich Sie bis jetzt behalten habe,
War es aus Mitleid, jetzt ist Schluss damit.
Ich gebe Ihnen noch ein paar Tage."
Ich dachte, ich würde ohnmächtig umfallen.

"Wie ein Geschirrtuch werfen Sie mich weg,
Ich, der ich auf 100 000 Arten mich
Gebeugt habe, um Sie reich zu machen."
Der sagt zu mir: "Du bringst mir nicht mehr viel ein,
Du bist lahm, du bist langsam bei der Arbeit,
Du hast weiße Haare, dein Körper krümmt sich.
Und noch dazu bist du faul, geh weg, geh…"

Text: Joan lo Rebèca, 1897
Musik: Dupain, 2000


SEQUENZ N°6
P. aktiver Arbeitsloser

"Mein Vater ist Arbeiter, meine Mutter, seit ich fünf, sechs bin, ist Putzfrau in einer Stadtgemeinde.
Als ich klein war, fuhr mein Vater tausend Kilometer, um zu arbeiten. Der kam nur am Wochenende zurück, um sein Familienleben aufrecht zu erhalten.
Wir sind in Marseille geboren. Wir sind nach Fos-sur-mer umgezogen, als die Fabriken dort gegründet wurden. Mein Vater ging früh morgens zur Arbeit, nahm das mit, was meine Mutter zum Essen vorbereitet hatte, ein bisschen Reis mit Soße.
Oder wenn er in den Raffinerien arbeitete - er war Elektriker - oder wenn er in die Normandie und nach Luxemburg fuhr. Und wenn er am Wochenende zurückkam und 2000 Kilometer fuhr, um seine Kinder zu sehen, war meine Mutter in der Woche total angeödet, heulte sogar.
Die Arbeit hat für mich nie Glück bedeutet, so wie ich sie erlebt habe.

Die Diskussionen über das Thema Arbeit haben später stattgefunden, als ich..., nachdem ich das Familienhaus verlassen hatte, und auch über mein eigenes Leben jetzt und wie ich es führen will und es seit zehn Jahren führe.
Und da gab es tatsächlich kein ehrliches Gespräch sondern eher Vorwürfe, heimliche Vorwürfe oder Spötteleien, Scherze oder Fragen von meinen Großeltern,
"Was machst du?, was für einen Beruf hast du?"
Obwohl es ihnen grundsätzlich egal ist.
Bestimmt, um darüber mit dem Friseur reden zu können, weil sie sehen, dass ich glücklich bin, sie fragen sich nicht... Sie haben mich nie unglücklich gesehen, schließlich sollte diese Frage für sie nicht so wichtig sein. Abgesehen von der Frage der sozialen Existenz, was können sie zu ihrem Friseur, ihrem Fleischer, ihrer Schwester, ihrem Neffe sagen oder im Vergleich zu meinen Cousins, der eine macht dies, der Andere das... Nur dann gab es Frage darüber.

Heute bin ich Sozialhilfeempfänger. Ich bin also ein Arbeitssuchender, arbeitslos, jemand, der angeblich versauert und schlecht lebt, in Depressionen und Alkoholismus verfällt.
Und das stimmt gar nicht.
Sollte ich Alkoholiker werden, wäre es, weil ich oft mit Freunden feiere und weil wir uns oft in Kneipen treffen, aber nicht weil ich traurig bin. Ich habe eigentlich keine Lohnarbeit.
Wenn man mich fragt:"Was sind Sie von Beruf?" Sind Sie Arzt, Anwalt, Arbeiter, da habe ich keinen Berufstand. Dagegen ist mein soziales Leben super reich.
Ich treffe viele Leute, in meinem Stadtviertel bin ich bekannt und in meiner Stadt anerkannt, wegen dem was ich mache. Für mich ist die wichtige Frage, ob man sozial existiert, weil man auch durch den Blick der Anderen existiert und durch die Begegnungen, die passieren. Ehrlich gesagt glaube ich, dass ich ein sehr, sehr erfülltes soziales Leben habe und daher frage ich mich nicht, ob ich für einen Chef arbeiten sollte oder nicht.
Die Antwort ist schon klar und Geld ist keine Motivation für mich. Sozial existiere ich, Geld ist nicht meine Motivation. Ich bin glücklich, mit dem was ich mache, ich habe keinen Grund dazu, jetzt etwas zu ändern.

Ich strebe danach, glücklich zu sein.
Strebe nach dem Glück, das ist auch mein politisches Projekt und von daher möchte ich mein Leben gestalten, wie ich will. Zum Beispiel habe ich den Wehrdienst verweigert, sowohl den 10monatigen Wehrdienst als auch den 20monatigen Zivildienst.
Genauso verweigere ich etwas, das 40 oder 50 Jahre dauert... Wenn ich den Wehrdienst verweigert habe, weil ich mit vielen Werten nicht einverstanden bin und mit der Tatsache, dass ich ein Jahr lang etwas unfreiwillig machen muss, ohne dass ich eine Entscheidung treffen darf, ist es also leicht, sich vorzustellen, dass wenn man mir einen Arbeitsdienst vorschlägt, einen Pflichtarbeitsdienst für 40 Jahre, ich es umso leichter ablehne.


SEQUENZ N°7
J., ehemalige Arbeiterin, arbeitslos und endlich glücklich

">>Bevor du arbeitslos wurdest, hast du lang und breit die Arbeitswelt kennengelernt?
  Ja, ich habe in einer Firma gearbeitet, im Flugzeugbau, ich war Verwischerin auf Binokeln.
>>Was heißt das?
  Also, es sind Flugzeugteile.
Das ist en bisschen wie beim Zahnarzt, nur dass du es auf einem Teil machst.
Du nimmst alle verwischten Stellen weg, die in den Löchern sind.
Ich habe das ungefähr 12 Jahre gemacht und dann wurde ich aus ökonomischen Gründen entlassen. Ich wurde ein bisschen dazu gezwungen aufzugeben, weil ich viel gestreikt habe usw. und danach war ich arbeitslos.
Da denkst du, Scheiße, was mache ich ohne Job, weißt du! Du fängst an zu... weißt du, du kriegst Panik, weil du immer gearbeitet hast und tja, ich habe eine Arbeit gesucht und habe nichts Gutes gefunden und schließlich habe ich nichts gemacht, keine Arbeit. Und dann hat es mir echt gut gefallen.
Ich kann viel machen! Ich habe gemerkt, dass... ich habe die Museen entdeckt, ich lese. Wenn du in die Läden gehst, musst du nicht zur selben Zeit wie alle einkaufen... Ich bin glücklich, dass ich entlassen wurde. Am Anfang habe ich Kummer gehabt, aber jetzt fühle ich mich echt wohl...
Und die Leute wissen nicht, wie das ist, einen Mittagsschlaf zu machen, so ist es: es ist Nachmittag, du fragst dich, was mache ich jetzt.
Es regnet, ich habe meine Ruhe, ich lese ein Buch, also, es gab viele Autoren, die ich nicht kannte. Jetzt habe ich viele russische Autoren entdeckt, Tschechow usw., aber vorher kannte ich das nicht, weil du keine Zeit hast, wenn du arbeitest. Im Endeffekt hast du für nichts Zeit. Du hast Zeit zu arbeiten, weißt du, und wenn du fertig bist, musst du einkaufen. Du hast keine Zeit, um deine Wochenenden zu genießen.
Zu arbeiten ist im Endeffekt total Scheiße.
Den Arbeitgebern, den Unternehmen ist es scheißegal. Wenn sie dich entlassen wollen, machen sie es einfach. Und was machst du dann?
Irgendwie musst du, wenn du 50 bist, nachdenken, werde ich weiter arbeiten? Suche ich einen anderen Job? Und was wird man mir vorschlagen?
So war es für mich. Ich wollte als Putzfrau arbeiten: 15 DM pro Stunde. Ich mache es lieber nicht, ich habe keinen Bock, diese Leute zu bedienen. Sie leben schon genug auf Kosten der Anderen. Man kann sagen, dass ich vom Geld profitiere, aber ich habe sowieso schon gearbeitet.
Daher ist das Geld, das ich bekomme, das sind 400 Euro pro Monat. Sie werden nicht wegen 400 Euro pro Monat jammern. Es ist mir lieber, als 800 Euro zu verdienen. Und die Leute sich dadurch auf mein Kosten bereichern und die Fabrik nach zwei Jahren geschlossen wird. Und dann? Was machst du dann? Das ist das Gleiche! Du musst alles von vorne machen.
Also jetzt, weißt du, seit 12 Jahren arbeite ich nicht mehr. Es gefällt mir. Zumindest bin ich jetzt gut gelaunt, fühle mich wohl, habe meine Ruhe, niemand kann mir sagen, heute bist du zu spät gekommen usw., nö, nö, wirklich, nie wieder so was."


SEQUENZ N°8
Y., ehemaliger Unternehmer und ausgeglichener Arbeitsloser

"1986 wurde das Unternehmen gegründet glaube ich. 1986 siehst du, das war mitten in der liberalen Welle. Das wurde damals noch nicht so genannt, das war noch ein bisschen unterschwellig, verdeckt, aber zu dieser Zeit wurden die Unternehmer zu Helden so wie Tapie usw.
>>Du gründest also dein Unternehmen.
  Ich gründe also mein Unternehmen, nachdem ich in einem anderen Unternehmen gearbeitet hatte, wo ich eine Idee konzipiert hatte, die dort unmöglich war, dieses Unternehmen ist auf die Nase gefallen. Und ich habe mir gesagt, dass ich auch nicht als Arbeitnehmer arbeiten will. Ich wollte mein eigenes Konzept entwickeln.
Also habe ich diese GmbH mit zwei Teilhabern gegründet. Wir haben Events gestaltet. Damals war es neu. Acht Jahre lang, d.h. das war der Anfang der Inszenierung der Kongresse und Generalversammlungen. Wir bauten darstellende Elemente, das goldene acht Mete lange Logo aus Polystyrol.
Es konnte auch die Ausstattung sein, ein Schiff auf die Bühne stellen oder irgendwas, Sandwichmänner, die herumliefen, um kleine Events zu schaffen. Das lief eher gut. Damals hat meine Bank mir übrigens stark empfohlen, mich zu verschulden, zu investieren usw.
Ich bin drei Wochen in Urlaub gefahren, um Abstand zu nehmen und entschied eine Wanderung in dem Haut Gar zu machen. Ich hatte es ein bisschen vorbereitet, aber anscheinend nicht so gut. Ich bin acht Tage lang herumgelaufen und nach acht Tagen befand ich mich im Felsgeröll.
Am Rand des Grates wo ich wanderte, sind auf einmal 3 Kubikmeter runtergefallen. Das ist ein zerbrechliches Gestein. Ich war unten mit einem zerquetschten Bein.
Schließlich habe ich mein Bein behalten nach 7 Monaten im Krankenhaus. Ich musste viel Abstand demgegenüber nehmen, was ich bisher gemacht hatte, weil es plötzlich lächerlich war, gegenüber dem was ich gerade erlebt hatte. In den zwei Stunden, in denen ich in der Wüste lag, kroch und mich fragte... Ich hatte wenige Chancen da herauszukommen.
Ich habe grundsätzlich darüber nachdenken müssen, wie ich mein Leben geführt hatte, da ich dachte, dass es dort aufhören würde und danach wie ich es führen wollte. Das ist eine prägende Erfahrung. Du kannst nicht den Alltag wie vorher wieder aufnehmen.
Nachdem ich aus dem Krankenhaus war, gab es viele Bekannte, Freunde, Verwandte, zu denen ich sagte, ich will nicht mehr machen, was ich 10 Jahre lang gemacht habe. Ich will nicht mehr in diesem stressigen Umfeld arbeiten usw...
Sie sagten mir, tja, aber was wirst du dann machen? Deshalb habe ich mir zum Teil am Anfang nicht vorgestellen können, dass ich nichts machen konnte.
Nach 15 Jahren Arbeit gibt es eine solche Konditionierung.
Man muss arbeiten, so.
Man muss arbeiten.
Und der Abstand, den die Arbeitslosigkeit gibt, deswegen haben viele Leute, die aber wieder arbeiten wollen, Schwierigkeiten sich wieder einzugliedern. Es gibt auch was Psychologisches dabei. Man macht sich Gedanken wozu man sonst keine Zeit hat.
Auf einmal denkt man: Scheiße, muss ich wirklich ein solches Auto haben z.B., oder überhaupt ein Auto haben? Weil alles von einer besonderen Lebensart bestimmt ist. Man hat ein Auto, weil man es braucht, um zur Arbeit zu fahren. Ansonsten schafft man es ohne Auto mit den öffentlichen Verkehrsmitteln usw.
Muss ich Mineralwasser kaufen? Kann ich nicht Leitungswasser trinken?
Brauche ich wirklich einen solchen Lebensstandar?
Ist das wesentlich? Er zwingt mich dazu 8 Stunden zu arbeiten, sagt man, aber man weiß doch: in meinen Jobs war es viel mehr. Das zwingt mich dazu, mir 10 oder 12 Stunden pro Tag den Arsch aufzureißen, um Kohle zu verdienen, die im Endeffekt nur dazu nutzt, diesen Lebensstil zu halten.
Keine Zeit zu lesen, das zu genießen, was du mit dem Geld genießen könntest, d.h. Kulturveranstaltungen und so, weil du um halb neun mit der Arbeit fertig bist. Du hast die Kino- oder Theatervorstellung verpasst!
Du bist ständig besorgt, weil man heute z.B. liberale Sprüche hört wie: "Jeder muss der Manager seiner eigenen Aktivitäten sein!"
Aber wenn du der Manager deiner eigenen Aktivitäten bist, denkst du nur daran. Wenn jeder ein Profitzentrum für sein Unternehmen ist und wenn es seine Hauptsorge ist, dann heißt es, dass er abends denkt: wie werde ich morgen diesen Kunden überzeugen und wie blablabla...
Der Typ kann nicht denken! Schluss mit der Arbeit! Jetzt lese ich ein Buch oder gucke mir eine Tanzdarbietung an oder was auch immer.
Du hast keine Zeit. Das ist genauso im Liebesleben. Wenn du eine Frau, Kinder, Leute, die du liebst hast und ihnen Zeit widmen willst, bist du psychologisch nicht frei, sobald du so konditioniert bist. Und all dies habe ich allmählich begriffen.
Das Problem, wie du gesagt hast, als ich Unternehmer war, konnte ich mir das nicht vorstellen, weil ich an Händen und Füßen gefesselt war. Wenn du auf einmal ein viel niedrigeres Einkommen hast, musst du dir eigentlich eine andere Lebensweise ausdenken und schrittweise kommst du auf die Idee, dass schließlich diese Lebensweise echt besser ist. Vielleicht ist es so, dass man leben muss, dass du leben willst.
Ich weiß nicht mehr, jemand hat gesagt, man soll sein Leben nicht damit verdienen, es zu vergeuden oder so was. Ne, man soll sein Leben nicht dadurch vergeuden nur Geld zu verdienen.
Das ist es, wirklich! Man vergeudet sein Leben, indem man arbeitet.


SEQUENZ N°9
Aus "Uppercut"
mit Loïc Wacquant, Soziologe
"Ich glaube, dass wir echte innerliche Sperren haben, die Unfähigkeit, die Lebensaktivität außerhalb der Lohnform, der Marktform zu denken.
Heutzutage gibt es u.a. im Diskurs der linken Koalition in der Regierung, einen Rückkehr zur Verherrlichung der Arbeit, wirklich.
Wir können uns kaum ein Bürgereinkommen vorstellen, das von der Erledigung einer Arbeit unabhängig wäre.Warum?
Weil wir uns eine soziale Existenz kaum vorstellen können, die nicht mit der Arbeit verbunden wäre. Aber man muss sich sagen, dass es möglich und organisierbar ist.
Es existiert schon in verschiedenen Formen in anderen Ländern. Wir sind in derselben Lage wie die Revolutionäre vor 1789, als es undenkbar war, die Bastille zu stürzen, die monarchische Gesellschaft zu verwandeln.
Das Volk begriff sich als das Kind des Königs, der der Vater war, wie kann also ein Kind ohne seinen Vater leben? Und die Bastille wurde trotzdem gestürzt.
Ja, ich glaube, es geht um Fantasie, eine psychologische Entriegelungsarbeit und eine Ablehnung der Evidenz. Heutzutage erstaunlicherweise, wenn man die Zeitungen liest, sind wir zur Ideologie der Mitte der 80er zurückgekehrt, als gesagt wurde: mehr Wachstum. Wachstum ist die allerbeste Lösung. "Mehr Wachstum" wurde schon gesagt, als es 5% Arbeitslose gab.
Uns wurde gesagt: eine Million Arbeitslose, das ist nicht akzeptabel, mehr Wachstum! Danach waren es zwei Millionen. Uns wurde gesagt: zwei Millionen Arbeitslose, wir brauchen ein höheres Wachstum, wir müssen die Arbeitskosten vermindern und mehr Wachstum haben. Dann gab es drei Millionen Arbeitslose und uns wird jetzt gesagt, ach Frankreich... das sind die heutigen Schlagzeilen von "Le Monde", das sind keine persönlichen Einbildungen.
Schaut mal die Schlagzeilen von "Le Monde" an, wenn ich die erste Seite in meinem müden Zustand finde: "Frankreich wird vom Weltwirtschaftswachstum aufgeputscht.
Die Wirtschaftsaktivität in Frankreich sollte um 2,7% steigen, anstatt die angekündigten 2,3%." Auf der ersten Seite, als ob die Steigerung etwas Wesentliches wäre, das die wirtschaftliche Entwicklung des Landes ändern würde.
Wir sind zu einem gewinnorientierten Diskurs zurückgekehrt, zu einer Arbeitsverherrlichung, die notwendig ist, damit die schlechten und erniedrigenden Arbeitsstellen akzeptiert werden. Wie sollen Jugendliche Pseudojobs und Pseudopraktika akzeptieren, wenn ihnen nicht gesagt wird, dass arbeiten wunderbar ist. Die Arbeit muss ökonomisch, symbolisch und moralisch umso mehr aufgewertet werden, je schlechter sie bezahlt wird.
Der Ausweg aus der Massenarbeitslosigkeit besteht aus ABM-Stellen, unsicheren Arbeitsstellen, kurzen Verträgen und man muss zufrieden sein.
Was lernt man bei dem Arbeitsamt? Man lernt, sich zu verkaufen.Sie sind jetzt ein kleiner Unternehmer, verkaufen Sie ihre Fähigkeiten. Das ist genau das neoliberale Marktmodell. Sie sind ein kleiner Unternehmer, Sie haben Fähigkeiten, Sie verkaufen sich auf dem Markt.
Jeder Begriff der Solidarität, der kollektiven und individuellen Verantwortung ist in den sozialen Verhältnissen dieser Jugend nie aufgetaucht. Sie sind Individuen, Sie gehen zum Arbeitsamt. Wenn Sie sich bei einem Arbeitgeber vorstellen, ist es ein Kontakt zwischen einem Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer und Sie verkaufen ihre Fähigkeiten.
Übrigens sagen die Personalchefs in den USA es offen: heutzutage gibt es keinen Angestellten mehr. Es gibt Unternehmer und unwesentliche Arbeiter.
Jeder Arbeiter muss es so betrachten: Der kommt morgens zur Arbeit, der verkauft dem Unternehmen seine Fähigkeiten und Kenntnisse und am Tag danach werden seine Fähigkeiten und Kenntnisse vielleicht nicht wieder gekauft.
Er ist ein kleiner Unternehmer, der Tag für Tag seine Arbeitskraft verkauft. Für ein Unternehmen ist es total wunderbar, weil die strukturellen Anpassungen so sofort realisiert werden. Und vom Arbeitsamt wird ungefähr die gleiche Denkweise, die gleiche Arbeitsvorstellung gefördert. Verkauft euch, verkauft eure Arbeitskraft, wenn es nötig ist, monatlich, wöchentlich, mit einem Zeitvertrag oder - vielleicht werden wir dazu kommen - täglich.

Keiner leugnet die Tatsache, dass die Arbeitslosigkeit um 1,5% vermindert wurde, aber wie wurde sie vermindert? Wenn man sich die Prognosen genauer anguckt, sieht man, dass die Arbeitskategorien, die am meisten zugenommen haben, die Teilzeitarbeit, die prekären Arbeiten und die Zeitverträge sind. Einige Arbeitslose wurden also zu prekären Arbeitern gemacht.
Man kann denken, dass es so besser ist, aber dieser Ausweg aus der Massenarbeitslosigkeit gleicht dem amerikanischen Weg, d.h. die Ausbreitung eines prekären Arbeitnehmerstatus, die Normalisierung der Ungewissheit, die Schaffung einer Gesellschaft der Sozialunsicherheit, die von krassen sozialen Ungleichheiten, von der Normalisierung der Unsicherheit geprägt ist, die heutzutage in den USA sogar als ein positives Prinzip der Sozialordnung präsentiert wird.
Unsicherheit ist nicht schlecht, Unsicherheit ist etwas Gutes, Sie sind immer wachsam, immer bereit, zu arbeiten. Sie sind motiviert... Das gegebene Vorbild - es ist interessant - kommt aus dem Sportbereich. Der Trainer einer Mannschaft, die erfolglos ist, wenn seine Mannschaft an diesem Sonntag verliert, wird er am selben Abend entlassen, jeder weiß es.
Sie erreichen die verlangte Leistung nicht, dann sind Sie sofort aus dem Rennen geworfen. Eine andere Person wird die Leistung erreichen. Und dies wird nicht als etwas Negatives dargestellt sondern als etwas Positives, weil man ständig sein Bestes gibt.
Je unsicherer Ihre Lage ist, desto produktiver sind Sie und desto besser ist es für die Gesellschaft. Das ist die Schaffung einer Gesellschaft der zugespitzten sozialen Unsicherheit.
Und um diese Gesellschaft der zugespitzten sozialen Unsicherheit zu erreichen, muss eine Politik der Staatsverarmung in Gang gesetzt werden, da man einen schwachen Staat braucht, einen Staat, der vor den Marktgesetzen nicht schützt.

Ja, genau und da sieht man, dass die Verschärfung des Apparats, der strafrechtlichen und polizeilichen Institutionen und die Normalisierung des prekären Arbeitnehmerstatus zusammen gehören. Es wird in der Schule gesagt, Ihr künftiges Leben als Arbeitnehmer wird eine unsichere Stelle sein.
Sie wollen das nicht?
Es gibt also eine Alternative. Sie werden an der informellen Wirtschaft auf der Straße teilnehmen, aber seien Sie bereit, zusätzliche Kosten dafür zu akzeptieren: ihre Inhaftierungschancen steigern. Einerseits werden Sie gezwungen und wenn Sie es nicht wollen, fallen Sie ins Strafvollzugssystem, das in gewisser Weise der Mülleimer des Arbeitsmarkts ist.
Und das ist kein Zufall, dass heute die Hauptklienten des Strafvollzugssystems die Jugendlichen sind und u.a. die der unteren Schichten, der prekärsten Teile der unteren Schichten. Man muss wissen, dass heutzutage in Frankreich mehr als die Hälfte der Gefangenen ein Grundschulniveau oder ein niedrigeres Niveau hat, dass über die Hälfte der Gefangenen in den französischen Knästen keine Arbeitsstelle hatte, als sie verhaftet wurden, dass 16% als Obdachlose bezeichnet wurden und dass ihre Lage noch schlimmer als vorher ist, wenn sie aus dem Gefängnis kommen.
Also, die Hauptklienten der europäischen Knäste sind die prekären Arbeiter, die Drogensüchtigen und die mit dem Drogenhandel verbundenen Personen und die Ausländer.
Und was sind diese drei Kategorien? Das sind die drei Kategorien, die die entsozialisierte Arbeit, die prekäre Arbeit nicht akzeptieren oder denen man diese Arbeit aufzwingen muss.
Heute sieht man in der Tat am unteren Ende der Sozialstruktur, nicht am oberen, am unteren Ende der Sozialstruktur sieht man erneut eine Fusion, eine Verkoppelung zwischen der Sozial- und der Strafrechtsfrage."


SEQUENZ N°10
Aus "CHO CHO CHO" von Kiki Picasso


"Arbeitslosigkeit, es reicht!"

"Lass uns in Ruhe, wir sind keine Ganoven, also lass uns in Ruhe!!"

"Arbeitslosigkeit, es reicht!"

"Jospin, wir haben keine Angst vor dir! Wir wissen, dass wir Recht haben. Gerechtigkeit ist mehr als die Justiz. Wir haben nichts zu verlieren, wir werden gewinnen, hoch der Kampf der Arbeitslosen!"

"Es geht auf keinen Fall darum, einfach so mit den verschiedenen Einkaufswagen wegzugehen, wir wollen mit dem Supermarktleiter diskutieren, damit er es selbst einsieht, dass die Arbeitslosen einige Sachen mitnehmen, aber es wird eine Entscheidung der Firma Leclerc sein und auf keinen Fall eine Enteignungsaktion."

"Arbeitslosigkeit, es reicht!"

"Ja, also d.h. dass die Arbeitslosen es satt haben, all dies in den Schaufenstern zu sehen und den Gürtel enger zu schnallen. Die Arbeitslosen, die sagen, dass sie auch ein Konsumrecht haben, dass sie auch das Recht haben, am Leben teilzunehmen.
Es gibt keinen Grund dafür! Arbeitslos zu sein heißt, nicht sich einschränken müssen. Ich habe es satt, seit drei Jahren den Gürtel enger zu schnalle.
Und jetzt Schluss dami! Jetzt bediene ich mich, wo ich kann."

"Also, was müssen wir mache? Ihr sollt wissen, dass wir eine Beschlagnahmung der Reichtümer organisiert haben, da wir es uns mit der Sozialhilfe nicht leisten können, wie jeder einzukaufen.
In der vierten wirtschaftlichen Weltmacht und dass daher die Leute es satt haben, Nudeln, Reis und Kartoffeln zu essen und nur das.
Sie wollen wie alle einkaufen und dieselben Produkte wie die Anderen essen. Diese Art Aktion ist nicht die erste und wird nicht die letzte sein.
Wir werden diese Art Aktion wiederholen."

"Komm, gib mir dieses Glas... Oh, wenn es keinen Lachs mehr gibt, raste ich aus..."

"Danke Leclerc (x4), es ist eine Freude, an deiner Stelle zu essen...!"

"Danke Edouard Leclerc, wir haben den Magen voll!
Jetzt verdaue ich, bevor ich neue Aktionen anfange."


SEQUENZ N°11

1/ P.
Wenn morgen der Sozialhilfesatz auf 1000€ erhöht würde, ja, dann würde es einige Ausgaben geben, die ich leichter bestreiten könnte.
Aber gleichzeitig bin ich in etwa 50 oder 60 Ländern gereist, wohne im Zentrum einer Großstadt, wohne am Meer unter der Sonne. Zu Hause gibt es immer ein Glas Rotwein für die Freunde, die vorbeikommen.
Immer eine Matratze, um Leute aufzunehmen Ich schaffe es. Darüber hinaus gibt es eigentlich Punkte wie die Verkehrsmittel. Na wir kriegen es mit dem Zug irgendwie hin. Was uns nicht direkt gegeben wird, damit es uns nicht auf die Nerven geht, im Endeffekt gehen wir an der Seite durch, gehen drunter durch. Wenn wir nicht mitten durchgehen können, kriegen wir es immer irgendwie hin.
Sobald wir Lust haben etwas zu tun, finden wir einen Weg. Ohne einen arroganten Standpunkt zu haben gegenüber..., ich bin mir dessen bewusst, dass in der Gesellschaft Tausende von Leuten eine ziemlich starke Unsicherheit erleben, was Kohle betrifft.
Aber ich habe auch meine Wünsche drastisch begrenzt. Meine materiellen Wünsche meine ich, ich habe meine Wünsche für das Leben und die Gesellschaft platzen lassen, und es ist mir tatsächlich egal, acht Paar Turnschuhe pro Jahr zu haben. Wenn ich eins habe, ist es schon gut. Für die Kleidung kriegen wir es irgendwie hin. Es gibt Haushaltsposten, die stark gekürzt wurden.


2/ Y.
Aber die Leute müssen zuerst aufhören zu konsumieren, bevor sie mit Arbeiten aufhören können. Weil so lange sie das Konsumieren nicht aufgeben, können sie nicht die Arbeit aufgeben.
Da sie denken "Scheiße, das brauche ich", müssen sie arbeiten.
Es gibt viele Leute, mit denen ich diskutiert habe und die mir sagen: "Ich würde dasselbe wie du machen, aber man muss arbeiten, muss ja, wie kommst du damit klar?"
Dann sage ich ihnen, dass ich 500€ pro Monat habe. "Aber wie kommst du damit zurecht?" Wir redeten weiter!Also sie waren in Marokko in den Ferien und ich bei meinem Bruder in Angers, siehst du... Ja, nach einer Weile verstehst du, wie der Typ zurechtkommt.
Und an diesem Punkt muss der Typ vor dir sich entscheiden. Ich zwinge niemanden! Die Leute sind für ihr Leben verantwortlich, sie müssen sich entscheiden und sich sagen: soll ich eher aufhören und wie der leben müssen oder soll ich meine Ferien weiter in Marokko verbringen, mein Auto haben und so und weiter acht Stunden täglich im Büro, in der Fabrik, in der Lagerhalle, irgendwo arbeiten?


3/ F.
Ich glaube es gibt zwei Möglichkeiten.
Wir sind in einem System: entweder verdienen wir Geld oder wir vermeiden Geld auszugeben.
Ich entscheide mich für die 2. Lösung, weil sie mir Freizeit lässt.
Das ist auch ein Zwang.
Morgens aufzustehen, um in die Fabrik zu gehen, d.h. schnell aufs Klo gehen, in einer Stunde muss alles fertig sein, Frühstück, alles bereit, Dusche usw. und so das Haus verlassen, den ganzen Tag auf der Arbeit und abends zurückkommen, ich finde, dass es ein echter Zwang ist.
Ja, also mein Geld zu berechnen, zu gucken, wie ich mit den wenigen Mitteln die ich habe, jeden Monat auskomme.
Das ist auch ein Zwang, aber dieser ist mir lieber als der Andere.
Klar, wenn ich verhungere, werde ich arbeite. Aber abgesehen vom Hunger, wenn ich so weiterleben kann, zögere ich nicht. Es ist mir lieber, mich einzuschränken und Zeit zu haben.
Das Tolle dabei ist, dass wenn ich entscheide, ein Buch zu lesen, kann ich es in 48, 24 Stunden lesen. Wer kann das noch heute? Ich erlebe, was die Rentner erleben. Eigentlich finde ich viele Gemeinsamkeiten zwischen den Rentnern und mir. Heute bin ich wie sie, ich lerne meine Zeit zu gestalten, meinen eigenen Rhythmen zu finden, aus dem Arbeitsrhythmus herauszukommen, der nicht wirklich menschlich ist, der meistens ein mechanischer Rhythmus ist, das ist schon viel.
Klar, ich meine nicht die Leute, die Hochqualifiziert sind. Ich meine Leute wie ich, die auf dem Arbeitsmarkt ohne echte Qualifikationen beginnen.
Im allgemeinen übertrifft es das, was man sich vorstellen kann. Ich erinnere mich an einen bestimmten Zeitpunkt nach den drei Schichten oder einer solchen Fabrikarbeit, ich kam nach Hause, ich war ein echter Prolo. Ich legte meine Füße auf den Tisch, glotzte und kam runter. Oft schlief ich ein, eine Stunde nachdem ich mich so hingesetzt hatte, alles entging mir.
Es gibt viele Gründe dafür, dass ich jetzt so weit bin.
Klar, am Anfang war es die Arbeitslosigkeit, das war der Auslöser. Danach war es, weil ich von etwas gekostet hatte, von dem man nicht kosten sollte, und zwar Freiheit und Zeit.
Und jetzt kenne ich ihren Wert und würde sie nicht mehr so leicht zu Geld machen.


4/ H.
Tja und es passiert mir, irgendwann sage ich mir, meistens im September, Oktober "Na los, ich gehe zum Arbeitsamt, ich gucke mal, was es dort gibt" ich gehe hin, immer dasselbe... Dann sage ich mir "Na, nächste Woche, nächsten Monat gehe ich wieder hin" usw.
Schon im Januar, Februar denke ich fast nicht mehr daran oder nur während Krisen von schlechtem Gewissen, da sage ich mir "du solltest dorthin gehen, na ja ich gehe morgen hin, ich gehe nächsten Montag hin..."
Also ich vergesse es, ab und zu mal.
Alle 6 Monaten werde ich zum Amt bestellt. Ich muss also meine Stellensuche beweisen, das bleibt aber echt formell. Ich muss ja sagen, dass es eine Besonderheit ist, das ist Marseille; Bouches du Rhône und Marseille. Letzte Woche noch sagten sie in der lokalen Presse, dass Bouches du Rhône das französische Departement ist, in dem es die meisten Sozialhilfeempfänger gibt.
Vor 2, 3 Jahren lag die Arbeitslosenrate bei 19% in Marseille, während es um 11% auf der Landesebene lag. Es gibt also eine riesige Menge von Arbeitslosen, von Sozialhilfeempfängern usw., deswegen können die Kontrollen nur formell sein.
Die Leute, sie wissen es wohl, die beim Arbeitsamt oder bei der Sozialversicherung arbeiten. Sie wissen es wohl, dass es keine Arbeit gibt. Wenn du eine Stelle findest, wird der hinter dir keine kriegen. Ich bin ziemlich altruistisch, ich sage OK, ich lasse sie dem Folgenden, für mich geht es noch, es ist nicht zu schwierig, ich halte es durch.


5/ D.
Ich denke nicht, dass wir im wesentlichen nur existieren, um als Arbeitskräfte einem System zu dienen, das nur produktiv ist und in dem wir unbedingt Verbraucher sind. Es gibt aber andere interessante Sachen im Leben, andere Dinge zu genießen.
Wir haben nicht mehr dieselbe Beziehung mit den Menschen, weil es viele Themen gibt, die dich auf einmal nicht mehr interessieren.
Freunde zu treffen, die abends ihren Arbeitstag erzählen, nicht dass es uninteressant ist, dass sie ihren Arbeitstag erzählen, aber sie erzählen ihn, weil das Problem ist, dass sie das loswerden müssen. Das ist das Schlimmste.
Dies ist eigentlich der Punkt. Du kannst nicht diskutieren, weil es im Grunde genommen keine Diskussion ist. Der Typ, der kotzt das Ganze, das er den ganzen Tag in seinem Kopf gehortet hat aus, welches er um jeden Preis loswerden muss um schlafen zu können. Sonst muss er sich betrinken oder Tabletten nehmen. So ist es. Man kann sich eigentlich fragen, warum die Franzosen so viele Beruhigungsmittel und Antidepressiva verbrauchen, vielleicht sind wir eigentlich gar nicht zum arbeiten geboren. Vielleicht ist es so was?


6/ J.
Siehst du, nicht zu arbeiten, das lernt man. Ich habe das gelernt und ich will nicht, dass man es mir wegnimmt. Ich will es behalten, weil ich mich wohl fühle, ohne zu arbeiten. Ich brauche nicht zu arbeiten.
Man wird mir also sagen, stell dir mal vor, du hast wenig Geld und so, aber nicht nur Geld ist wichtig. Man muss sich sowieso sagen, dass die Leute, die arbeiten, du merkst es in Firmen wie Moulinex oder Renault, wo sie entlassen haben und so, sobald sie viel Geld verdient haben, sobald sie...
Na, letzten Endes werden wir alles destabilisieren, schicken wir das Ganze in die Länder, wo sie sie schlechter bezahlen, in die Entwicklungsländer, und dann, die Leute, die 30 Jahre lang für die Chefs gearbeitet haben, die sich den Arsch aufgerissen haben, weil sie dazu das Maul halten mussten, du musst brav sein, wenn du Geld willst und so.
Und du kriegst so wenig, es gibt den Mindestlohn oder nach 30 Jahren sollst du 1200 oder 1500€ haben und du hast das Maul gehalte. Und noch dazu solltest du dich bei dem Chef bedanken? Ich habe keinen Bock, mich bei ihnen zu bedanken, aber ich möchte mich bei dem bedanken, der mich entlassen hat, weil ich jetzt glücklich bin!


7/ P.
Wenn dein einziges soziales Universum dein Arbeitsplatz ist, der einzige Ort, wo du Kumpels hast, der einzige Ort, wo du außerhalb deines Hauses existierst, dann gibt es bestimmt kleine Glücksstein, ich will aber keinen Stein sondern den ganzen Berg, den Glücksfels. Und ich habe keinen Bock, den Stein unter drei Tonnen Scheiße zu suchen.
Und dass tatsächlich diese zentrale Rolle der Arbeit in der Gesellschaft verursacht, dass die Leute, die keine haben, denen sie entzogen wird, es als sehr schlecht erleben. Im Sozialplankram, wenn man sieht, was den Angestellten von LU in Calais oder in Ris-Orangis, oder von Moulinex oder anderen passiert, wenn man diese Reportagen im Fernsehen sieht, in denen die entlassenen Leute sagen: "ich existiere nicht mehr!".
Existieren? Die Arbeitgeber haben etwas Großartiges geschaffen, sie haben ihrem Produktionsapparat das ganze Leben eines Individuums unterworfen... Dagegen neige ich dazu, zu denken, dass gerade jetzt das Leben endlich anfangen kann!
Nimm dein Sümmchen vom Sozialplan und denk dann darüber nach, worauf du Lust hast. Es gibt Leute, die seit 30 Jahren, ich und mein Mann, seit 30 Jahren ein Scheißlebens. Seit 30 Jahren trinkt ihr morgens Scheißkaffee aus einer elektrischen Scheißmaschine, die schlechten Kaffee kocht. ihr steht früh auf, der Wecker weckt euch morgens.Ihr nehmt einen Scheißbus, um in eine Scheißfabrik zu fahren, um einem blöden Arschloch Kohle, unheimlich viele Kohle, verdienen zu lassen. Dieses Arschloch will euch nicht mehr, verdammt.
Stellt euch vor, dass es vielleicht die Chance eures Lebens ist, seit 30 Jahren! Und jetzt denkt an euch, verdammt!



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