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Ausbrecher will als Maurer Löcher flicken - JVA-Häftling versuchte mit Komplizen zu türmen
VON JOBST LÜDEKING - 1.10.2004
Herford. Es kann der frömmste Gefangene nicht in Ruhe schlafen, wenn es zwei nachtaktiven Mithäftlingen eine Etage tiefer nicht gefällt: Einer der beiden heißt Marcel T. (20, Name geändert), kommt aus Paderborn, und musste sich wegen seines am 8. Februar gescheiterten Ausbruchsversuchs aus der Justizvollzugsanstalt Herford vorm Jugendschöffengericht verantworten. Der Lärm, den T. und sein Komplize beim Versuch, die Gitter im alten JVA-Trakt, durchzusägen, verursachte, ließ sie auffliegen.
Die Anklage der Staatsanwaltschaft lautet auf Gefangenenmeuterei. Das erinnert an Schwerstkriminalität. Der dunkelhaarige T., der auf der Anklagebank neben seinem Verteidiger Dirk Baumann sitzt, ist eher schmächtig. Dafür ist sein Strafregister umso dicker. Seit 1998 sind Drogen-, Eigentumsdelikte und Betrug erfasst. Die letzte Verurteilung, für die er Ende 2003 in U-Haft wanderte, bekam er für einen Raubüberfall, bei dem er 20 Euro erbeutete und für ein Drogendelikt. Davor hatte er schon 14 Monate auf Bewährung erhalten.
T. ist geständig und erklärt, es sei eine "riesige Dummheit" gewesen: "Ich habe aber Angst gehabt, dass ich zu einer langen Strafe verurteilt werde." Der heroinsüchtige 20-Jährige, der nach dem frühen Tod seiner Mutter faktisch allein lebte, erzählt, dass er und sein Zellen-Genosse Werkzeug aus dem Deko-Bau (JVA- Insassen schneiden dort Vogeltränken aus 500 Kilo- Steinblöcken), mitgehen ließen und in der Zelle deponierten. T.: "Die Aktion hat sich von Sonntag bis Dienstag hingezogen." Sie sei ziemlich Nerven aufreibend gewesen, da er und sein Komplize auf die Wachen achten mussten und keinen Lärm verursachen wollten. Doch Lärm ließ sie schließlich auffliegen und brachte T. vor das Schöffengericht. Hätte er den Fluchtversuch allein unternommen, wäre er straffrei geblieben. Da er sich aber mit seinem Zellen-Genossen zusammengetan hatte, griff bei ihnen der Straftatbestand der Gefangenenmeuterei.
Die wurde in T.s Fall mit einer zweimonatigen Haftverlängerung geahndet, bei der die Paderborner Strafe einbezogen wurde. Der 20-Jährige muss nun zwei Jahre und sechs Monate absitzen. Von Ausbrüchen hat T., wie er sagt, die Nase voll. Er will sich zukünftig sogar daran beteiligen, aufgestemmtes Mauerwerk zu sanieren und strebt eine Mauerer-Ausbildung an. OWL
Quelle: nw-news.de