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Manuskript vom: 27.11.99  18:40     sendung auf deutschlandradio
Neue Wege im Strafvollzug -
Privatisierung der Gefängnisse

von: Reiner Scholz     Redaktion: Gode Japs

Der deutsche Strafvollzug ist in einer schweren Krise. Die Haftanstalten sind überaltert und völlig überfüllt. Saßen 1992 noch 39.000 Menschen ein, so sind es derzeit gut 55.000. Und die Zahl steigt weiter. Fieberhaft wird nach Auswegen gesucht.
Es gibt kein Bundesland, das nicht eine neue Haftanstalt baut oder plant. Ein Gefängnis aber ist teuer. In dieser Situation bieten sich Firmen des privaten Sicherheitsgewerbes an. Sie wollen es billiger machen. Der Justizminister des Landes Hessen verkündete, in seinem Land nach ausländischen Vorbildern das erste Privat-Gefängnis Deutschlands bauen zu wollen. Wie privat darf der Strafvollzug in Deutschland sein?

Der Treppenaufgang ist eng. Statt der typischen Eisengitter werden die einzelnen Abteilungen durch elfenbeinfarbene Metalltüren mit einer Glasfüllung abgesperrt. Sie fallen leise ins Schloss. Wären da nicht die grellfarbenen Zellentüren, die dicht an dicht nebeneinander liegen und mit einer Art Tresorhebel aufzumachen sind, würde man sich wie in einem Haus des sozialen Wohnungsbaus fühlen. Die Justizvollzugsanstalt Waldeck bei Rostock ist ein Gefängnis mit gut 350 Plätzen für Untersuchungsgefangene, Strafgefangene und einige straffällig gewordene Jugendliche. Das Vollzugskonzept besteht darin, die Personalkosten so gering wie möglich zu halten, ohne den Dienst am Gefangenen zu vernachlässigen. So gibt es an der Außenmauer der Justizvollzugsanstalt dank moderner Sicherheitstechnik keine Bewachungstürme.

Die Anstalt spart auf diese Weise 23 Personalstellen ein. Dennoch ist bislang niemand entwischt. Andererseits unterstützt die Technik die Kommunikation zwischen dem Personal und den Insassen, wie der Beamte in der Sicherheitszentrale erklärt:

"Ich hier in der Zentrale sehe eigentlich keinen Gefangenen. Ich hab nur über Zuruf, der Gefangene kann eben auch mit mir kommunizieren, Wenn wir jetzt hier in die Gebäudeansicht gehen: Hier habe ich alle Zellen. Dann kann ich selbst in die Zelle hineinrufen. Abhören geht nicht. Definitiv nicht. Und der Gefangene kann eben auch selbst, er hat ein Tableau im Haftraum, anrufen, dann kommt er zu jeder Abteilung und wenn da keiner ist, nach einer gewissen Zeit, springt es über und dann kommt er zu mir. Dann kann ich ihn ansprechen, ihn fragen, was er möchte, und dann kann ich das wieder nach hinten weiterleiten, dass das geklärt wird oder selbst klären, 'ne Postleitzahl oder so etwas."

Alles wirkt gut durchdacht, der Standard der 1996 eröffneten Strafanstalt ist eher höher als in anderen neuen Hafthäusern. Das wird auch an scheinbar weniger Wichtigem deutlich. So verfügt das Haus über ein voll eingerichtetes Zahnarztzimmer sowie eine Einrichtung für Hals-Nasen-Ohren-Ärzte. Was im ersten Moment als teurer Luxus scheint, rechnet sich bald, so Ministerialrat Wolfgang Suhrbier im Justizministerium von Mecklenburg-Vorpommern:
"Sie können sich sehr gut vorstellen, wenn 10, 12 Inhaftierte zum Arzt gefahren werden müssen, welcher Personalaufwand dann getrieben werden muss und wie auch der Praxisablauf bei den privaten Ärzten gestört wird. Dies lässt sich alles viel leichter gestalten."

Die Justizvollzugsanstalt wurde von der Planung bis zur Schlüsselübergabe in nur drei Jahren fertiggestellt. Dieses Tempo war nur möglich, weil Privatfirmen das Gefängnis geplant, finanziert und gebaut haben, das Vorhaben somit in einer Hand lag . Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat die Anstalt nur geleast und wird die nächsten dreißig Jahre, bis der Bau in sein Eigentum übergeht, Miete zahlen.

Die Zahl der Gefangenen ist in den letzten Jahren nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern sprunghaft angewachsen. Zwar ist die Kriminalität kaum gestiegen, aber es wird, auch als Folge der öffentlichen Diskussionen, härter gestraft. So fehlt es fast überall an Haftplätzen.

In dieser Situation kamen weltweit operierende Privatunternehmen wie der auch an deutschen Börsen gehandelte US-Konzern "Wackenhut" gerade recht, schildert Michael Lindenberg, der sich seit langem intensiv mit Fragen des Strafvollzugs beschäftigt und als Professor an der evangelischen Fachhochschule für Sozialpädagogik in Hamburg lehrt:

"Die Justizverwaltung der Länder, die dann auch in Deutschland vor fünf oder sieben Jahren vermehrt vor dem Problem standen, deren Ministerialbeamte hatten ja alle die Anfragen von "Corrections Corporation of America" und "Wackenhut" und so weiter bzw. die Angebote, die hatten die alle auf dem Tisch. Das heißt, so ein Ministerialbeamter geht dann in sein Büro und sagt, ich komm gerade von meinem Staatssekretär und der sagt, die Gefängnisse sind überfüllt, und der geht dann in sein Zimmer und der hat da den Prospekt von "Wackenhut". Und "Wackenhut" sagt dann, wir können dein Problem lösen. Wir bauen dir kostengünstig einen Knast dahin."

Nicht nur Ministerialräte, auch populistische Politiker, die die Probleme des Strafvollzugs zum Gegenstand ihres Wahlkampfes machen, sahen und sehen in der Privatwirtschaft einen Verbündeten im Kampf gegen das Verbrechen. Wer dafür ist, immer mehr Menschen zu inhaftieren, muss auch sagen, woher die benötigten Haftplätze kommen sollen. So gewann die hessische CDU vor einigen Monaten die Landtagswahlen unter anderem auch mit der Parole, den Strafvollzug verschärfen und das erste deutsche Privatgefängnis bauen zu wollen.

Justizminister Christean Wagner sagte dazu im März 1998 :

"Diese Beispiele gibt es bereits in den demo- demokratischen Rechtsstaaten USA, England und Frankreich. Wir sind der Überzeugung, dass ein privat betriebenes Gefängnis erstens kosten- günstiger ist, zweitens von der Qualität der Gefangenenbetreuung erheblich besser ist. Und wir glauben, dass dieses auch unter Beachtung des Gewaltmonopols des Staates durchsetzbar ist."

Dass Privatfirmen Gefängnisse betreiben, ist eine relativ neue Entwicklung.
Die ersten Privatgefängnis wurde 1983 in den USA zugelassen, nicht für Kriminelle sondern als Abschiebeknast für illegal eingereiste Mexikaner. Mitte der neunziger Jahre begann ein wahrer Boom. Die mächtige Sicherheits-Industrie in den USA rechnet für ihr Sortiment von der Fußfessel über den Todesstuhl bis hin zu gesamten Gebäudekomplexen mit Zuwachsraten von 45 Prozent im Jahr. 1998 gab es schon 130 privatgeführte Anstalten die sich auf zwanzig Bundesstaaten verteilten. Kommerzielle Gefängnisunternehmen waren damit bereits für etwa fünf Prozent aller Inhaftierten zuständig.

Auch in Europa gibt es bereits Privatgefängnisse. In Großbritannien, wo diese Entwicklung am weitesten fortgeschritten ist, beschloss die Labourregierung sogar, bis zum Jahr 2005 alle neuen Haftanstalten privat bauen und führen zu lassen, jeweils beaufsichtigt von lediglich zwei staatlichen "controllern". In Frankreich gelang es durch den Einsatz kommerzieller Unternehmen, die Zahl der Haftplätze binnen weniger Jahre um 25 Prozent zu erhöhen, wobei dort, anders als in den angelsächsischen Ländern, die Betreuung der Gefangenen in staatlicher Hand bleibt.
Ein Gefängnis bauen, das können viele Unternehmen. Doch über die Erfahrung, ein Gefängnis zu führen, verfügen weltweit nur etwa 15 Firmen.
Mit ihren ausländischen Modellen werben diese Gesellschaften auch auf dem deutschen Markt. Ihr wichtigstes Argument: Privatgefängnisse seien erheblich billiger. Jan Hendrik Pietsch von der Firma ASD-Securicor, der deutschen Filiale eines britischen Gefängnis-Unternehmens:

"Der Staat hat als oberstes Ziel die Resozialisierung der Häftlinge. Diese Resozialisierung kann er nur machen mit entsprechenden finanziellen Mitteln. Wenn diese Mittel gebunden werden, dass er sehr gut ausgebildete Justiz- angestellte für Aufgaben verwendet, wo keine so gute Ausbildung gefordert ist, beispielsweise als Fahrer eines Gefangenen-transportes, der mit der eigentlichen Resozialisierung nicht mehr sehr viel zu tun hat oder als Aufsichtspersonal am Tor eines Gefängnisse, dann kann er diese Leute ersetzen durch Leute des privaten Sicherheitsdienstleisters und kann das Geld, dass er dort spart, einsetzen, um sich mehr auf die Ziele Resozialisierung zu konzentrieren. Denn der jetzige Strafvollzug in Deutschland ist so nicht mehr finanzierbar."
Die öffentlich gehandelten Zahlen verheißen hohe Einsparpotentiale. Das betrifft zum einen den Bau. In Frankreich etwa konnte die durchschnittliche Bauzeit von 30 auf 15 Monate reduziert werden, was die Baukosten 25 Prozent verbilligte. Die Kosten für die Verwaltung und den laufenden Betriebe ergaben dank der Teilprivatisierung noch einmal Einsparungen zwischen 10 und 23 Prozent je nach Anstalt. Auch deutsche Kämmerer lassen solche Zahlen nicht kalt. Längst haben sie kommerziellen Unternehmen etliche Gefängnistüren geöffnet. So existieren in Deutschland bereits Abschiebe-Knäste, die privat gebaut und in Teilen privat betrieben werden.

Das erste Modell dieser Art steht im nordrhein-westfälischen Büren, wo sich im Alltag Angestellte von Sicherheitsfirmen und Beamte des Justizvollzugs die Arbeit teilen. In Berlin wurde jüngst nach kurzer Bauzeit eine Jugendstrafanstalt eröffnet, die neuesten Anforderungen entspricht und privat geplant und errichtet wurde. Schon jetzt führen nicht-staatliche, sogenannte Non-Profit- Unternehmen Aus- und Fortbildungskurse in den Strafanstalten durch, freiberufliche Psychologen leiten Anti- Aggressionskurse.
Doch wie weit darf der Staat gehen? Werden morgen die Gefängnisküchen, übermorgen die Gefangenentransporte privatisiert und dann bald die gesamte Anstalt kommerziell geführt? Hamburgs Justizsenatorin Lore-Maria Peschel- Gutzeit sieht aufgrund gesetzlicher Vorgaben diese Entwicklung für Deutschland nicht:

"Wir haben hier ein Strafvollzugsgesetz, das sehr genau vorschreibt, wie wir mit unseren Gefangenen umzugehen haben. Das große Ziel ist Resozialisierung, das heißt, es muss Arbeit geschaffen werden, es müssen solche Bedingungen geschaffen werden, die denen draußen in etwa entsprechen, um die Gefangenen nicht zu entwöhnen von dem Leben draußen. Und es muss sehr viel getan werden zur Fortbildung, zur Weiterbildung, zur gesundheitlichen Betreuung und so weiter. Und das alles ist etwas, was man nicht sehen darf unter dem Gesichtspunkt der Gewinn- Erzielung."
Derzeit wäre ein vollständiges Privatgefängnis in Deutschland nicht möglich. So heißt es im Paragraph 155 der Strafvollzugsgesetzes, dass die Aufgaben des Justizvollzugs nur von Beamten wahrgenommen werden dürfen. Ausnahmen können nur gemacht werden, wenn externe Fachkräfte benötigt würden, etwa Lehrer oder Psychologen. Doch Gesetze ließen sich ändern und der Spielraum wird - so scheint es - unter dem Druck der derzeitigen Krise schon jetzt ständig erweitert.

Die Frage, wie viel Privateinfluss darf sein, spaltet die großen Parteien. Während führende Christdemokraten mit dem stärkeren Einsatz privater Sicherheitsunternehmen liebäugeln, ist die bayrische CSU aus ordnungspolitischen Gründen streng dagegen. Auch die Sozialdemokraten sind gespalten. Während Politiker wie Hamburgs Justizsenatorin deutlich gegen die Ausweitung privaten Einflusses ist, haben ihre Genossen in Nordrhein-Westfalen vor kurzem zwölf Prozent der neu zu schaffenden Arbeitsplätze im Strafvollzug für private Unternehmen ausgeschrieben. Allerdings liefen die gut organisierten Justizvollzugsbediensten im Deutschen Beamtenbund dagegen Sturm und konnten eine Rücknahme dieses Beschlusses erreichen.
Das vorgesehene Geld wird nun für Neueinstellungen von Beamten verwendet. Ein Erfolg, den die Vollzugsbediensten nicht zuletzt den Grünen verdanken, einer Partei, die heute am intensivsten daran festhält, dass es sich beim Strafvollzug um eine originär staatliche Aufgabe handelt, die man nicht in private Hände geben dürfe. Es sei eben ein Unterschied, ob man die Müllabfuhr privatisiere oder den Kernbereich staatlichen Handelns, das Gewaltmonopol aushöhle. Der frühere hessische Justizminister Rupert von Plottnitz begründet diese Haltung mit den Erfahrungen im Ausland :

"Wenn man den Blick auf andere Länder richtet, dann fällt der Blick erst mal auf die USA und dort haben sie die Risiken dieser Entwicklung geradezu lupenrein. Dort ist die Freiheitsentziehung inzwischen ein florierendes Kommerzgewerbe, die Rendite ist gerade in diesem Sektor besonders hoch und gut und das ist genau eine Entwicklung, an der wir kein Interesse haben können."
Grundsätzliche Kritiker wie der Hamburger Professor Michael Lindenberg sehen im derzeitigen Ruf nach immer mehr Gefängnisplätzen eine falsche Weichenstellung für eine moderne Gesellschaft:
"Einzuwenden ist zunächst mal ne Frage, die gar nicht mehr gestellt wird, nämlich die Frage, müssen wir eigentlich soviel Menschen einsperren. Die geht völlig unter in der Diskussion, und das - finde ich - ist die alles zentrale Frage."
Die Frage, wie hoch das Einsparpotential, lässt sich seriös kaum beantworten. Da eine wirtschaftliche Betriebsführung der staatlichen Justiz in den Anfängen steckt, lassen sich häufig keine Vergleichsrechnungen aufstellen. Nicht einmal für die eingangs erwähnte moderne Justizvollzugsanstalt in Waldeck bei Rostock lasse sich sagen, ob sie am Ende wirklich billiger sei, so Wolfgang Suhrbier, Ministerialrat im Justizministerium in Mecklenburg-Vorpommern:
"Ich will das auch erklären, warum. Wir kennen die Baukosten. Und wir können die Baukosten in etwa vergleichen: Baukosten Privat, Baukosten staatliche Seite, die werden sehr ähnlich liegen. Was sie heute nicht berücksichtigen können, ist, was an Bauunterhaltung auf uns zukommt in dreißig Jahren. Ein weiteres muss auch gesehen werden, dass private Investoren natürlich Steuersparmöglichkeiten mit ausschöpfen wollen bei der Errichtung solcher Bauten. Diese müsste man beziffern, denn die Steuereinnahmen gehen dem Lande verloren. Auf der anderen Seite ist zu sehen, dass wir die Finanzierung auch nicht aus laufenden Geldern betreiben könnten, sondern der Staat müsste Kredite aufnehmen und sie kennen auch nicht, wie sich die Kreditzinsen entwickeln werden, so dass wir an vielen Stellen spekulativ arbeiten."
Viele Kritiker fürchten, dass private Betreiber, wenn sie die Auftrage erst einmal haben, dann in ihren Anstrengungen nachlassen. Man dürfe nicht vergessen, dass man es bei den Gefangenen mit einer ganz schwierigen Klientel zu tun habe und bei den Angestellten der kommerziellen Firmen oft mit verhältnismäßig schlecht ausgebildeten Sicherheitsbediensteten, die den hohen Arbeitsanforderungen nach Meinung der Senatorin Peschel-Gutzeit womöglich kaum gewachsen wären.
"Wir haben seit etwa 20 Jahren überall in der Welt, aber auch in Deutschland einen ganz großen Anteil Drogenbelasteter. Wir haben einen großen Anteil nichtdeutscher Gefangener, wir haben ein babylonisches Sprachgewirr bis zu 70 Nationalitäten, die im Gefängnis sitzen, und wir haben eine große Gewaltbereitschaft. Dies alles sind Dinge, die sind nur äußerst schwierig zu händeln. Und nun nehmen sie mal einen Privaten, ja glauben sie im Ernst, dass die Lust haben, sich um solche schwieriges Klientel zu kümmern, das ist doch nicht gewinnorientierend."
Die Planung und den Bau eines Gefängnisses kommerziellen Firmen zu überlassen, hat Vorteile. Die Bauzeit ist kürzer. Der Investor garantiert Preisfestigkeit. Moderne neue Anstalten mit Einzelzellen sind menschenwürdiger als viele der alten Knäste, die mit ihrer Enge und Mehrfachbelegung längst nicht mehr Anforderungen des Strafvollzugsgesetzes genügen. Ob aber auch der Betrieb in kommerzielle Hände gelegt werden sollte? Von der Besichtigung eines neuen Privatgefängnisses im walisischen Bridgeend ist Wolfgang Suhrbier eher skeptisch zurückgekommen:
"... angefangen von der Unterbringung über Duschen, die sich im Flur offen befinden. Die Freizeitmöglichkeiten spielen sich in den Fluren ab, auch die Essensausgabe erfolgt in diesen Hafthäusern. Klimatisch war es eine Athmosphäre in den Hafthäusern, die an eine Bahnhofshalle erinnerte, mit einem unheimlich hohen Lärmpegel, sicherlich geschuldet der Baulichkeit. Auf unsere Nachfragen, wie eigentlich das Haftkonzept gestaltet wird und welche Maßnahmen dort eingesetzt werden, kam immer wieder die Antwort: Wir machen alles das, was vom Staat als Dienstleistung bezahlt wird und gekauft wird, aber nicht mehr."

Geliefert wird nur, was bezahlt wird. Und so gab es für 750 Gefangene lediglich fünfzig Arbeitsplätze:
"Und das ist, glaube ich, schon ein ganz deutlicher Unterschied zu dem, was wir im staatlichen Bereich machen: Hier werden Mitarbeiter zur Verfügung gestellt, die einen breiten Spielraum haben, was sie gestalten können. All das wird in den privaten Anstalten nicht gemacht. Es wird ganz klar gesagt, bis zu diesem Punkt liefere ich."
Jenseits aller gesetzlichen Vorbehalte gibt es offenbar im Ausland kaum Privatgefängnisse, die aus deutscher Sicht als gelungen bezeichnet werden können. Deshalb lautete hierzulande das derzeit gängige Schlagwort auch : Teilprivatisierung. Wie weit diese gehen könnte, ist die eigentlich strittige Frage:
"Ich sag zunächst mal, dass ich es mir nicht vorstellen kann, dass die Betreuung und Behandlung der Gefangenen privatisiert wird. Dieses sind kaum messbare Leistungen, die von Privaten zu erbringen wären, so dass es sehr viel günstiger ist, wenn dies in staatlicher Hand bleibt. Aber wir haben eine Anstalt ja so zu führen wie ein kleines Dorf, wo wir autark sein müssen, d.h. wir müssen Arbeitsmöglichkeiten zur Verfügung stellen, wir müssen Essen liefern, wir müssen Wäsche aufbereiten, da kann ich mir durchaus vorstellen, dass private Dienstleister solche Teilbereiche der Anstalten übernehmen könnten und möglicherweise auch sehr viel kostengünstiger diese Dinge leisten könnten, bei möglicherweise sogar besserem Qualitätsstandard."
Die Ankündigung des hessischen Justizministers Christean Wagner, er wolle das erste deutsche Privatgefängnis errichten, war voreilig. Das ist ihm, so wird mittlerweile auch aus Hessen bestätigt, nicht möglich. Dem stehen Bundesgesetze entgegen. Diese zu ändern bedürfte es einer Zweidrittel-Mehrheit im Parlament. Dies ist nicht in Sicht. Kein Zweifel kann aber daran bestehen, dass, wenn die Zahlen der Inhaftierten weiter steigt, kommerzielle Unternehmen immer stärker in die bisherigen Aufgabenfelder des Strafvollzugs vordringen werden.


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