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Welcome To U.S. Naval Base Guantanamo Bay -
Willkommen in Guantanamo

Wer wissen will, wie der Alltag im US - Gefangenenlager Guantanamo aussieht, kann sich eigentlich nur an die wenigen mittlerweile entlassenen Häftlingen wenden, fast durchweg Pakistaner und Afghanen.

Journalisten dürfen das Lager besichtigen, haben aber, ebenso wie Familienangehörige, Anwälte und Menschenrechtsaktivisten, keinen Zugang zu den Inhaftierten selbst. Doch die Aussagen dieser Ex - Häftlinge , dazu einige wenige Informationen aus zensierter Post, offizielle Erklärungen und Äusserungen von Wärtern und anderen Personen, die in Guantanamo waren, fügen sich zu einem Bild.

Da die rund 660 Häftlinge von Guantanamo keine Stimme haben und die Amerikaner in keinem einzigen dieser Fälle eine Begründung für die Inhaftierung vorgelegt haben, verfügt die Aussenwelt nur über die Berichte von Familienangehörigen und die pauschale US - Definition „feindlicher Kombattant“ Die meisten wurden in Afghanistan verhaftet, viele wurden aber von anderen Ländern an die US - Behörden ausgeliefert. In Guantanamo gibt es keine Informationsmöglichkeiten. Die Häftlinge wissen nicht, was draussen in der Welt passiert. Kontakt haben sie , abgesehen von den Wärtern und Vernehmern, nur mit Vertretern des Internationalen Roten Kreuzes und gelegentlichen Besuchern von Geheimdiensten und diplomatischen Vertretern ihrere jeweiligen Länder.

Das IKRK äussert sich nicht über die Verhältnisse in Guantanamo, und überhaupt ist kaum etwas über das Lagerleben nach draussen gedrungen. ( Nachdem mittlerweile bekannt ist, daß das IKRK schon sehr früh über Folterungen im Irak informiert war. wird vielleicht auch deren Schweigen zu Guantanmo kritisiert werden )

Die über 600 Häftlinge in Guantanamo wissen nicht, weshalb sie seit mehreren Jahren festgehalten und wann sie, wenn überhaupt, freigelassen werden, ob mensch ihnen einen Prozeß machen wird oder ob sie jemals die Chancen haben, ihren Status vor einem ordlichen Gericht anzufechten. Der Gerichtspsychiater Daryl Matthews , der 2003 einen Monat in Guantanamo war, sagt dazu: „ Belastungen gibt es in jedem Hochsicherheitsgefängnis in den USA. Schon eine „normale“ Gefängnisumgebung führt zu tief greifenden seelichen Veränderungen, zu Depression und zu Suizid. In Guantanamo gibt es aber noch eine zusätzliche, ganz besondere Belastung: Gefangene in normalen Haftanstalten denken daran, wie lange sie noch absitzen müssen, sie denken an das nächste Gespräch mit ihrem Anwalt, was sie tun können, um bald herauszukommen. Das sind wichtige Möglichkeiten, mit dem Haftstress fertig zu werden. Die Leute in Guantanamo können da überhaupt nichts machen.“

Die Anordnung des US - Präsidenten, die die Grundlage für die Errichtung des Camps war und derzufolge alle Personen, die wegen terroristischer Aktivitäten oder Kriegsverbrechen inhaftiert waren, von Militärkommissionen abzuurteilen seien, wurde am 13. November 2001 erlassen, dem Tag, als die Nordallianz Kabul eroberte.Nach dem Fall von Masar-i-Scharif wenige Tage zuvor war der Regierung schlagartig klar geworden, dass mensch auf Hunderte, vielleicht Tausende von Talibankämpfern Zugriff haben würde, unter denen sich Terroristen befinden könnten.Plötzlich stellte sich die Frage, welchen Status mensch diesen Gefangenen geben sollte, um sie verhören, beliebig lange festhalten und verurteilen zu können.

Der erste Schritt mit dem die US-Regierung sich von internationalen Normen entfernte, war die Weigerung, die afghanischen Gefangenen als Kriegsgefangene zu betrachten. Offiziell versteckt mensch sich hinter der Tatsache, dass die afghanischen Kämpfer keine Uniform trugen. Geschaffen wurde der bis dahin im „Völkerrecht“ unbekannte Terminus „feindliche Kombattanten“. Da die US -Regierung einen undefinierten „Krieg gegen Terror“ führt, können die Gefangenen so lange festgehalten werden, wie es der Regierung gefällt. Im Grundebis zum Ende eines potenziell endlosen Kriegs, denn dieser Krieg,in dem es nicht um ein Territorium und einen konkreten militärischen Gegner geht, existiert nur als Begriff.

Wir haben aus den verschiedensten Augenzeugenberichten versucht einen Überblick über das Leben in Guantanamo zu schreiben : Vor dem Abtransport wurde den Gefangenen der Bart abrasiert. Das geschehe, erfuhren sie weil die Gefangenen Läuse bekommen hätten. Für den Flug bekamen die Gefangenen die orangefarbenen Overalls, die von den Fernsehbildern ihrer Ankunft in Guantanamo bekannt sind. Sie wurden an Händen und Füssen gefesselt. die Augen wurden verbunden, knebelte sie und verstopfte sogar ihre Ohren. An Bord des Militärflugzeugs wurden die Füsse angekettet, die Hände auf den Lehnen festgebunden, sie selbst festgeschnallt.

Auf Kuba, sagt einer, wurden die Gefangenen, gefesselt und mit verbundenen Augen, aus dem Flugzeug Geworfen. Manche brachen sich die Nase. „Ich hatte einen Bluterguss unter dem linken Auge,wo ich mit dem Gesicht aufgeprallt bin“. Die ersten Gefangenen wurden vom Rollfeld zu einem Lastwagen geschafft, von dort zu einem Boot, das sie auf die andere Seite der Bucht brachte, und dann ging es weiter in das Camp X- Ray.In den ersten Wochen von Camp X-Ray ging es noch härter zu, als es die fotos von den engen Käfigen nahe legten. Die Gefangenen durften nicht miteinander sprechen, nicht einmal flüstern.In der anfangsphase wurde auf die islamischen Gebetsvorschriften keine Rücksicht genommen. US-offizielle räumen ein, dass es tatsächlich zu Hungerstreiks kam und manche Häftlinge zwangsernährt wurden - doch aus der Sicht der Häftlinge waren es erfolgreiche Proteste.

Das absolute Redeverbot wurde erst nach einem massiven viertägigem Hungerstreik aufgehoben, ein Lautsprecher wurde angebracht,mit dem zum Gebet gerufen wurde,für die Mahlzeiten wurde mehr Zeit gelassen. Und es wurden Exemplare des Korans und andere Bücher verteilt.Manchmal rissen die Insassen ihre Plastikschilder mit den Häftlingsnummern ab und warfen sie den Wärtern vor die Füsse oder schlugen auf die Bänke. Manchmal reagierten die Wärter mit dem Einsatz von Tränengas. Das Leben in X-Ray wurde leichter, nachdem das Sprechverbot aufgehoben war. Die insassen sollten also miteinander reden können, aber sie wurden so verteilt, dass nicht allzu viele eine Gruppe bildeten, die eine Sprache sprachen. Camp X-Ray wurde nur von Januar bis April 2002 genutzt, dann wurden die Häftlinge nach Camp Delta verlegt.

Die neue Unterkunft, bis heute der Hauptteil des Lagers, besteht aus Blöcken zu je 48 Käfigen, zwischen denen ein schmaler Gang verläuft.Es heißt, eines Tages solle es bis zu 2000 Häftlinge fassen können mit einem erweiterten Verhörkomplex.In Camp Delta gibt es eine besondere Abteilung für jugendliche Häftlinge, deren Haftbedingungen weniger hart sind. Die 3 Jugendliche, deren Namen öffentlich wurden, sind mittlerweile entlassen, ob es noch weitere Menschen unter 18 bzw. unter 16 in Guantanamo gibt ist nicht bekannt. Außerdem gibt es Block Delta, wo psychisch auffällige Häftlinge unter besonderer Beobachtung stehen, sowie den India Block, eine „Strafabteilung“ und noch einen weiteren Block mit Einzelhaftstrafzellen. Einige wenige Gefangene , eine Zahl wird nicht genannt, werden in einem Hochsicherheitstrakt in ständiger Isolationshaft gehalten.

Im „India Block“ gibt es keine Fenster. Vier Wände und ein Dach aus Blech, eine Glühbirne und eine Klimaanlage, so wird der Block beschrieben. Morgens wird die Glühbirne herausgeschraubt und abends wieder eingeschraubt. Ein Ex- Gefangener sagte er wurde dort aus „Platzmangel“ hingebracht. Einigen der Gefangenen wurde ein ihnen unbekanntes Medikament injiziert, angeblich wegen ihrer „labilen Verfassung“.

Einer berichtete: „Sieben ,acht Leute hielten mich fest, während sie mir die Spritze gaben.Ich konnte nicht zu Boden schauen, nicht hochschauen. Einen Monat war ich wie gelähmt, ich konnte nicht denken, nichts.Sie haben mir Beruhigungstabletten gegeben und nur gesagt: ‚ Dein Gehirnfunktioniert nicht.‘ Sie haben mir diese Medikamente und Spritzen gegen meinen Willen gegeben. Einige von uns bekamen jeden Monat eine Spritze.“ Fünfmal am Tag - das erste mal um fünf Uhr früh- ruft der Muezzin vom CD-Player über die Lautsprecheranlage die Moslems zum Gebet, zweimal am Tag, morgens und abends um acht, lässt die US-Nationalhymne die Soldaten strammstehen. Dreimal die Woche zehn Minuten Duschen und 30 min. Sport, ansonsten sitzen die Gefangenen in ihren Zellen. Post wird streng zensiert. Niemand darf erfahren, was in der welt los ist, nur wenn die Bewacher es wollen.

Zum Beispiel als die Kriege in Afghanistan und Irak „gewonnen“ waren und sie Saddam Hussein „gekriegt“ haben. Angeblich gehen nach solchen Meldungen die Zahl derjenigen, die beim Verhör kooperieren, nach oben. Dass die Häftlinge so lange in Isolation gehalten werden, wird offiziell unter anderem damit begründet, dass sie als wichtige Informationsquelle verhört werden müssen. Die Verhöre finden zu jeder Tages - und Nachtzeit in 17 Sprachen und 19 Dialekten statt. Es haben außerordentlich viele Verhöre stattgefunden: Jeder Gefangene wird üblicherweise zwischen 10 - und 20mal verhört, das entspricht, bei einer durchschnittlichen Verhördauer von 90 Minuten, etwa 15000 Stunden Verhörprotokollen, vielleicht 200 millionen Wörtern oder dem Umfang von 250 Bibeln.

Die Häftlinge sagen ausnahmslos, dass sie jedesmal von einer anderen Person verhört und ihnen jedesmal dieselben Fragen gestellt wurden. Das Vernehmungszimmer beschreiben die Häftlinge als ein kleines, fensterloses Zimmer mit Klimaanlage und Neonlicht an der Decke. Ein, zwei oder drei US- Amerikaner stellen Fragen, meist über einen Dolmetscher. An Mobilar gibt es nur einen Holztisch mit Metallbeinen und Metallstühle. Die Verhöre werden auf Band aufgenommen und protokolliert. Auf dem Boden gibt es einen Metalring, an dem die Menschen fixiert werden.

Nach Aussagen der entlassenen Häftlinge hat es nach Kandahar keine Folter gegeben, doch sagen sie, dass Häftlinge, die auf bestimmte Fragen keine Antworten gaben, zur Strafe in Einzelhaft gesteckt wurden. (einschätzungen von verschiedenen Journalisten und Menschenrechtlerinnen: es sind keine Führungsleute von al - qaida oder sonstige „hochkarätige Terroristen“ in Guantanamo)

29 Hafterleichterungen - von der eigenen Plastikflasche Wasser bis zu Extra - Rationen Essen und Extra- Sport mit anderen - werden für jene bereitgehalten, die ihr wissen preisgeben, egal welches. Die größte Belohnung ist der Umzug ins Camp 4. Die derzeit etwa 100 Häftlinge sind dort nicht mehr weggesperrt, sondern zu besichtigen. Mit ihnen zu sprecehen ist jedoch verboten.

Die Käfige sind hier geschlossene Bungalows mit jeweils vier 10-bett-zimmern und Außentüren, separierten Toiletten und Duschen. Vor den Häuschen rustikale Picknick - und Freiteit- Areale mit Sonnendach, in denen die Häftlinge vor den Augen der Besucher entspannt und laut schwatzend flanieren. Die Gebetsmatte ist hier ein kleiner orientalischer Teppich, und nachts wird das Licht abgedunkelt. Aber vor allem trägt hier keiner mehr orange, sondern, wie in der Heimat, den traditionellen Kaftan. In den anderen Teilen des Camps gibt es dagegen viele, die unter Depressionen leiden. Der Chefarzt des Lagerhospitals, Captain John Edmonson, berichtet, bisher hätten in Camp Delta 21 Personen 34 Suizidversuche unternohmen.

Bisher haben 28 der bereits entlassenen Häftlinge angekündigt die USA wegen ihrer Haft in Guantanamo zu verklagen.

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