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Ausländische Gefangene im bundesdeutschen Gefängnis

Die Benachteiligungen, denen Ausländer in diesem Staat in fast allen Bereichen ausgesetzt sind, treffen sie im Knast noch viel härter. Das beginnt schon damit, daß erfahrungsgemäß die Richter bei Ausländern viel schneller mit dem Haftbefehl bei der Hand sind. Die U-Haft dauert bei Ausländern in der Regel länger, denn die Justiz verzögert das Ermittlungs- und Strafverfahren durch langatmige Über­setzungsarbeiten an den Akten, durch Einschalten der Ausländerbe­hörde und andere bürokratische Maßnahmen.

Ausländische Gefangene können sich oft nur über einen Dolmetscher verständlich machen. Sie haben kaum Möglichkeiten der Kommunikation, kaum Gruppenveranstaltungen, Fortbildungskurse etc. Sie bekom­men in den seltensten Fällen Sonderurlaub, Strafunterbrechung oder offenen Vollzug. Sie haben unter härteren Hausstrafen und Sicherheits­maßnahme (Beruhigungszelle, Fesselung etc.) zu leiden. Sie haben selten überhaupt einen Anwalt, und wenn, dann kann er meistens nur deutsch. Sie haben kaum Kontakte nach draußen. Ihnen droht nach der Entlas­sung die Abschiebung. Und sie leiden unter der Diskriminierung durch die Beamten - und auch durch Mitgefangene.

Die Tatsache, daß diese Buch - und auch dieses Kapitel - in deutscher Sprache verfaßt ist, weist auf eine weitere Benachteiligung hin: es ist im Knast kaum an ausländische Lektüre heranzukommen. Wir müssen uns zunächst darauf verlassen, daß deutsche oder deutschkundige Gefangene die verwertbaren Informationen aus diesem Buch an diejenigen Mitge­fangenen weitergeben, die dieses Buch aus sprachlichen Gründen nicht lesen und verstehen können. Vielleicht wird es ja langfristig möglich sein, dieses Buch auch in andere Sprachen zu übersetzen.


[  Mit anderen ausländischen Gefangenen zusammenkommen
[  Wie man Sprachschwierigkeiten angehen kann
[  Schwierigkeiten im Kontakt nach draußen
[  Besondere rechtliche Probleme von ausländischen Gefangenen
[  "Ausländer im Strafrecht"
[  Fristen im Ausländerrecht



Mit anderen ausländischen Gefangenen zusammenkommen

Als Ausländer im Knast wird man als erstes das Interesse haben, mit anderen zusammenzukommen, die aus demselben Land stammen, die dieselbe Sprache sprechen. Dies wird in Strafhaft schwerer durchzuset­zen sein als in U-Haft. In U-Haft sind verhältnismäßig mehr Ausländer als in Strafhaft.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, mit Angehörigen der gleichen Nationalität im Knast zusammenzukommen, die man sich je nach der eigenen Situation überlegen kann:

Verlegung

Die erste Möglichkeit ist, einen Antrag zu stellen, mit Landsleuten in eine Gemeinschaftszelle zu kommen. Als Begründung gibt man an, daß man nur ungenügend deutsch spricht und man sich daher mit deutschen Gefangenen nicht verständigen kann. Besonders günstig ist es, wenn man sich mit einem deutschkundigen Landsmann zusammenlegen läßt, der als Dolmetscher auftreten kann. Die Knastadministration ist immer daran interessiert, möglichst Reibungen zu vermeiden.

Und eine Reibung die Arbeit verursacht, ist es, es mit Leuten zu tun zu haben, die nicht die deutsche Sprache sprechen. Man muß ihnen immer umständlich erklä­ren, was sie tun sollen. Ein Antrag auf Zusammenlegung mit einem deutschkundigen Landsmann hat somit eine echte Erfolgschance. Mit der gleichen Begründung kann man auch versuchen, sich auf eine andere Station verlegen zu lassen; oder - hier allerdings mit geringen Erfolgsaussichten - in einen anderen Knast. Näheres über die Möglichkeiten sich verlegen zu lassen, stehen in [  diesem Abschnitt

Gemeinschaftsveranstaltungen für Ausländer

Es gibt inzwischen in nahezu jedem Knast irgendwelche offiziell einge­richteten Ausländergruppen. Gibt es sie in eurem Knast nicht, so besteht die Möglichkeit, solche Gruppen durchzusetzen, wenn sie von mehreren Gefangenen beantragt werden. In dem Antrag sollte man jedoch harm­lose Themen angeben, zum Beispiel Deutschkurse, Gruppen zur Pflege bestimmter Traditionen des Herkunftslandes, zum Beispiel Musikgrup­pen, Literaturgruppen, religiöse Arbeits- und Gesprächsgruppen und ähnliches. Politische Themen sollten in dem Antrag gegenüber der Anstaltsleitung nicht erwähnt werden - sie wittert sonst gleich wieder eine Gefährdung von "Sicherheit und Ordnung".

Man kann versuchen, den Sozialarbeiter dafür zu interessieren. Es ist aber auch möglich, daß Ausländergruppen von draußen initiiert werden: von Leuten, die gegen­über der Anstaltsleitung bestimmte Fähigkeiten vorweisen können, wie zum Beispiel Lehrer, Sozialarbeiter, Juristen, Geistliche und manchmal auch Studenten. Im Idealfall wird man sich an jemanden wenden, dem man vertraut. Um so jemanden zu finden, muß man alle möglichen Leute fragen - bei Besuchen, in Briefen. Notfalls kann auch der Anstaltspfarrer oder der Sozialarbeiter jemanden vermitteln. Man kann es auch mal mit der Volkshochschule des nächsten größeren Orts versuchen. Schließlich bleibt noch das zuständige Konsulat, das unter Umständen einen Betreuer für eine Ausländergruppe schicken kann. Hat man einen "Betreuer" bekommen, so sollte man ihm klarmachen, daß es nicht nur darum geht, sich Gottesdienst oder Vortrage von ihm anzuhören, sondern daß man auch selbst bestimmen will, womit man sich beschäftigt.

Manchmal ist es aber auch möglich, eine Gemeinschaftsgruppe ohne "Betreuer" durchzusetzen. Am größten dabei sind die Chancen, wenn man mit dem Recht auf freie Religionsausübung argumentiert: man erklärt einfach, wir sind griechisch—oder russisch—orthodox, moslemisch, jüdisch oder ähnliches, was selten nachprüfbar ist - es sei denn, man hat bereits vorher andere Angaben gemacht. Tritt dann noch einer als der Rabbi oder Priester auf, so kann es tatsächlich mal passieren, daß sich die Anstaltsleitung darauf einläßt, um sich juristische Reibereien vom Hals zu halten. Sie will ja schließlich auch nicht als Unterdrücker von religiö­sen Minderheiten dastehen.

Ansonsten können natürlich auch mehrere ausländische Gefangene, die sich bereits kennen, gemeinsam in eine allgemeine Gemeinschaftsveran­staltung gehen. Ein Problem ist hier natürlich wieder die Sprache.

Eigene Selbstinitiativen

Man kann die Möglichkeit zusammenzukommen - sei es in der Gemein­schaftszelle, beim Hofgang, beim Gottesdienst oder in den Gemein­schaftsveranstaltungen — zu verschiedenen Selbsthilfeinitiativen nutzen. Man kann zum Beispiel eine Informationsschrift in der eigenen Sprache für Neuinhaftierte abfassen, juristische, medizinische und andere Rat­schläge zusammenstellen oder bereits existierende in die jeweilige Spra­che übersetzen (zum Beispiel Teile des vorliegenden Buches), eine Liste von Anwälten zusammenstellen, die Fremdsprachen beherrschen und in ausländerrechtlichen Fragen Bescheid wissen. Über die bereits weiter oben beschriebenen Möglichkeiten der Selbsthilfe hinaus, wird es bei ausländischen Gefangenen in erster Linie darum gehen, mit den Sprach­schwierigkeiten fertigzuwerden und sich vor ausländerfeindlichen Übergriffen zu schützen.



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Wie man Sprachschwierigkeiten angehen kann

Die deutsche Sprache ist nicht nur die Sprache der Justiz, sondern auch die Sprache deiner Mitgefangenen. Das naheliegendste ist, an einem Sprachkurs teilzunehmen. Nun wird es euch jedoch nicht selten passieren, daß die Sprachkurse voll belegt sind, nichts taugen oder nicht ausreichen. In diesem Fall seid ihr darauf angewiesen, euch die deutsche Sprache selbst und im schlimmsten Fall allein beizubringen. Das ist nicht leicht, aber es geht.

Selbststudium

Für das Selbststudium ist es wichtig, an brauchbare Lernmaterialien heranzukommen. Ein Lehrbuch, vielleicht sogar einen Plattenspieler oder Kasettenrecoder, die man mit der Begründung, deutsch lernen zu wollen, beantragt (in U-Haft beim Haftrichter - in Strafhaft bei der Anstaltsleitung). Bezahlen muß man sie allerdings selbst. Beim Alleinlernen kann man das Gespräch durch das laute Selbstge­spräch ersetzen, um die Sprache nicht nur zu denken, sondern auch tatsächlich zu sprechen. Vielleicht befindet sich auch etwas brauchbares an Lehrbüchern in der Knastbibliothek. In der Regel wirst du sie dir jedoch bei einer Buch­handlung bestellen müssen oder - wenn du kein Geld hast — von Leuten draußen besorgen lassen. In der Buchliste im Anhang findest du einige brauchbare Lehrbücher genannt.

Viel besser geht es natürlich, wenn man nicht allein lernen muß, sondern wenn man zum Beispiel mit anderen Gefangenen gleicher Nationalität in der Gemeinschaftszelle übt und dabei die unterschiedlichen Erfahrungen, die jeder mit der deutschen Sprache gemacht hat -je nachdem, was er draußen getan hat - einbringen kann.

Gegenseitiges Sprachenlernen

Es finden sich bestimmt einige deutsche Mitgefangene, die daran Inter­esse haben werden, denn auch für sie hat das Beherrschen ausländischer Sprachen viele Vorteile: nicht nur die Möglichkeit, sich mit den ausländi­schen Gefangenen besser verständigen zu können spielt dabei eine Rolle, sondern auch das "subversive" Moment einer Fremdsprache im Knast. Wer beobachtet hat, wie unsicher und hilflos die Beamten auf die Unterhaltungen der Ausländer unter sich reagieren, weil sie kein Wort verstehen und weil sich etwas ihrer Kontrolle entzieht, der kann sich vorstellen, was los ist, wenn plötzlich in Anwesenheit der Beamten niemand mehr deutsch spricht.

Das gegenseitige Sprachenlernen kann sehr interessant sein, wenn man es nicht stur wie in der Schule betreibt. Wenn man sich also wechselseitig in den gegenseitigen Sprachen über Themen unterhält, die einen auch sonst interessieren und gemeinsam aktuelle Zeitungen liest und übersetzt.

Auch wenn man die jeweilige Sprache des anderen zunächst überhaupt nicht versteht, kann man zusammenarbeiten. Oft ist es gerade dann besonders gut, weil man dann dazu "gezwungen" ist, die Sprache zu lernen. Man wird in dieser Situation auch feststellen, wie viele andere Ausdrucksmöglichkeiten es gibt: Zeichensprache, Grimassen, Zeichnun­gen, Pantomime und vieles andere. Man kann also spielend und spielerisch lernen.

Es ist ganz sinnvoll, sich ein Wörterbuch zu besorgen, vielleicht aus der Knastbibliothek. Es ist vor allem dann brauchbar, wenn man als "Fortgeschrittener" beginnt deutsche oder ausländische Zeitungen und Bücher zu lesen. Man kann sich ein Vokabelheft anlegen, wo man immer die neu gelern­ten Wörter hineinschreibt. Auf Lehrbücher ist man zwar nicht so ange­wiesen wie beim Selbststudium allein, aber um sich zum Beispiel die grammatischen Grundregeln anzuschauen, sind sie auch hier ganz nützlich.

Rundfunk für Ausländer

Eine wichtige Rolle bei der Überbrückung der Sprachschwierigkeiten spielt der Rundfunk. Verschiedene Bundesländer haben spezielle Sendungen für die "Gastarbeiter" in ihrem Programm. Vor allem dann, wenn der Zellenrundfunk, d.h. die in der Zelle installierte Rundfunk-Empfangsanlage zwei oder drei durch einen Schalter vom Gefangenen wählbare Programme bietet, sollte man versuchen durchzusetzen, daß die Sendungen in ausländischer Sprache dabei sind. Zum Beispiel indem jeder ein Anliegen schreibt und der Sozialarbeiter oder Pfarrer ange­sprochen wird.

Von besonderer Bedeutung für ausländische Gefangene ist der Besitz eines eigenen Rundfunkgerätes, mit dem er auf Mittelwelle den heimatlichen Sender empfangen kann. Aber gerade bei ihnen schei­tert dies oft am Geld. Hier müßte es möglich sein, für spezielle Pro­gramme zu speziellen Uhrzeiten oder für spezielle Tage auch mal ein kleines Radio kursieren zu lassen. Übrigens ist das Radio auch ein ganz brauchbares weiteres Hilfsmittel, gemeinsam Sprachen zu lernen, indem man solche Sendungen gemeinsam anhört, übersetzt, diskutiert.

Selbstschutz gegen Benachteiligung und Rassismus

In den Augen der Beamten sind Ausländer nicht gleich Ausländer: die Gefangenen, die aus nordischen Ländern, wie England, Skandinavien, Frankreich, Holland stammen, sind von einer massiven Diskriminierung meist ausgenommen. Sie zählen nicht zu den "Kanacken". Offenbar sind sie den Beamten nicht ganz so fremd wie die Gefangenen aus Jugoslawien, Italien, der Türkei und den arabischen Ländern oder Schwarze, die nicht selten mit offen rasistischem Auftreten der Beamten konfrontiert sind - aber auch von Seiten mancher deutscher Mitgefangener.

Die ausländischen Gefangenen und die Beamten

Die Beamten sind von der großen Zahl der ausländischen Gefangen offensichtlich überfordert. Die Beamten beherrschen nur die deutsche Sprache - und selbst die oft noch auf das erstarrte Beamtendeutsch beschränkt, mit dem oft auch ein deutschkundiger Ausländer nichts anfangen kann.

Die deutsche Sprache zu verstehen, ist aber eine wichtige Voraussetzung für den einzelnen, um sich gegen ausländerfeindliche Beamten zu wehren. Nur den Beamten, den man versteht, kann man auch beobachten und einschätzen. Vielleicht kannst du gerade als Ausländer interessante Gespräche zwischen den Beamten belauschen, die dir keine Deutsch­kenntnisse zutrauen. Das Verhältnis der Beamten gegenüber den ausländischen Gefangenen scheint gespalten zu sein: Einerseits hat die Fremdheit und damit eine Unberechenbarkeit für die Beamten etwas bedrohliches, was bei ihnen Unsicherheit und Furcht hervorrufen kann. Andererseits sind Ausländer für sie oft die Blitzableiter, die "Prügelknaben" (auch im eigentlichen Wortsinn), die sich nicht zu wehren wissen.

Viele Beamten nehmen die Ausländer nicht für voll, sondern halten sie für dumm und primitiv. In manchen Situationen kann das ein Vorteil sein.Ein fester Zusammenhalt von Gefangenen gleicher Nationalität hat oft zur Folge, daß die Unsicherheit und Furcht bei den Beamten überwiegt.Man spricht dann zum Beispiel mit Respekt von "den Jugoslawen" oder "den Italienern", die "wie Pech und Schwefel" zusammenhalten und von denen man am besten die Finger läßt: denn "greift man einen an, dann hat man es gleich mit allen zu tun". Ein sichtbarer Zusammenhalt kann also schon ein großer Schutz sein.

Man soll auch ruhig gegen die rassistischen Beamten mit Dienstaufsichts-beschvverden und Strafanzeigen vorgehen, Petitionen schreiben. Ausländergruppen, Knastgruppen, Konsulate benachrichtigen, sich auch an die Presse wenden, vielleicht sogar an die ausländische Presse. Besonders wichtig dabei ist, daß sich auch deutsche Mitgefangene einset­zen. Die betreffenden Beamten müssen den Eindruck bekommen, auf Schritt und Tritt beobachtet zu werden und daß jeder Übergriff sofort spürbare Folgen für sie hat, zum Beispiel in der Form von zusätzlicher Arbeit, die sie dadurch bekommen, daß sie zu den Beschwerden und Anzeigen Stellungnahmen schreiben müssen. Einen gewissen Schutz kann auch ein Anwalt bieten, wenn er sich ab und zu im Knast blicken läßt und auf Mißhandlungen und Erniedrigungen seiner Mandanten gleich reagiert. Helft also einem besonders gequälten Gefangenen dabei, einen Anwalt zu finden. Manchmal genügt schon die Drohung mit dem Anwalt oder mit Strafanzeige, um den Beamten zu einer Entschuldigung zu bewegen.

Die ausländischen und die deutschen Gefangenen Man hört auch von Anfeindungen durch deutsche Mitgefangene. Und auch die Sprache vieler deutscher Gefangener umfaßt abfällige Ausdrücke für Ausländer: "Kanacken", "Kameltreiber", "Koksbrocken" und ähnliches. Der einfachste Weg für den Unterdrückten, seine Wut gegen die Unter­drücker loszuwerden, ist, sich jemanden zu suchen, den man selbst drücken kann. Das ist eigentlich ein ganz allgemein bekanntes Problem, das sich nicht nur im Knast stellt, sondern ebenso draußen, zum Beispiel in den Schulen, Familien, Betrieben usw.

Es wäre jedoch oberflächlich, zu sagen, daß diese Diskriminierung der Ausländer so allgemein ist, wie es zunächst von außen aussieht. Viele Gefangenen gehen auch sonst mit einer ziemlich groben Sprache mitein­ander um, die ihre Gefühle verdecken soll, aber noch keine Feindselig­keit bedeutet. So kann man beobachten, daß die verachtende Sprache gegenüber den Ausländern nicht unbedingt ein verachtendes sonstiges Verhalten bedeutet. Auch einem Gefangenen, der im Knastalltag viel mit seinen ausländischen Mitgefangenen macht, rutscht schon mal das Wort "Kanacke" raus. Aber man gibt sich zu verstehen, daß alles nicht so ernst zu nehmen ist. Viele erkennen in ihrem eigenen aggressiven Verhalten gegen die Ausländer die eigene Wut gegen die Anstalt wieder und ziehen daraus auch Konsequenzen.

Dies sich gegenseitig klar zu machen, ist der einzige Weg, den "Rassismus" unter den Gefangenen zu bekämpfen. Nur wenn die Ausländerfeindlichkeit zum Thema wird, über das man im Knast täglich redet, kann unter den deutschen Mitgefangenen ein gewisses Empfindungsvermögen entstehen, das zumindest die Gedankenlosigkeit verschwinden läßt, mit der Ausländer beleidigt und gekränkt werden.

Bei hoffnungslosen Fällen kann man sich diese Bekehrungsversuche sparen. Als Betroffener kann man ihnen nur aus dem Weg gehen, sich gemeinsam vor ihnen verteidigen oder sich verlegen lassen. Strafanzeigen oder ähnliches sind eine Umgangsform der Justiz — oder eine Verteidigung gegen die Justiz. Konflikte unter den Gefangenen lassen sich damit nicht lösen. Im Gegenteil, man richtet damit mehr Schaden an als mit einer handgreiflichen Auseinandersetzung.



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Schwierigkeiten im Kontakt nach draußen

Zu allen Schwierigkeiten, die jeder Gefangene hat, wenn er nach drau­ßen Kontakt aufnehmen will, kommt für die Ausländer noch eine dazu: es dauert alles länger. Zumindest dann, wenn die Briefe, die sie schreiben oder erhalten und die Zeitschriften, die sie beziehen, in ihrer Landessprache geschrieben sind. Sie werden dann meist erst einem Dolmetscher vorgelegt. Das hat zur Folge, daß Briefe - noch dazu, wenn sie ins Ausland geschickt werden — Wochen bis Monate brauchen und aktuelle Zeitschriften total veraltet sind, bis sie dem Gefangenen ausgehändigt werden.

Wie man Kontakte knüpfen kann

Zunächst stellt sich für ausländische Gefangene das Problem, überhaupt Kontakte nach draußen zu finden. Eine Hilfe dazu können die verschiedenen im Adressenteil aufgeführten Ausländergruppen und -Organisationen in Deutschland sein sowie die Adressen einiger Gefangenenorganisationen und politischer Gruppen, die in den verschiedenen Ländern aktiv sind. Wir haben außerdem einige Bezugsadressen für Zeitungen verschiedener Sprachen zusammengestellt sowie die Adressen einiger ausländischer Buchläden. Ein Problem ist hier natürlich die Finanzierung. Es ist unter Umständen möglich, eine - natürlich linientreue - Zeitung über das jeweilige Konsulat kostenlos zu beziehen. Ansonsten könnte man bei den Zeitungsverlagen nach Freiabonnements nachfragen.

Außerdem kannst du dich auch als Ausländer an deutsche Knastgruppen wenden.

Wie man sich gegen die Behinderung der Kontakte nach draußen wehren kann

Rechtlich kannst du wie im Rechtsmittelteil beschrieben vorgehen. Du kannst dich dabei auf Artikel 3 des Grundgesetzes berufen, wonach eine Benachteiligung wegen Herkunft und Sprache verfassungswidrig ist. Es ist ja nicht deine Schuld, daß man deine Sprache nicht versteht und langwierige Übersetzungen dazwischenschaltet.

Mehr erreichen wird man jedoch mit politischem und öffentlichem Druck. Kündige bei Verzögerungen an, daß du dich an die Presse, auch an die deines Herkunftslandes, an dein Konsulat, an Ausländerorganisa­tionen usw. wenden wirst und tue es auch. Dieser Staat reagiert sehr empfindlich auf den Vorwurf der Diskriminierung von Ausländern, wenn er von Vertretern oder Zeitungen anderer Länder erhoben wird. Schalte einen Anwalt ein. Du findest im Kontaktadressenteil für Auslän­der auch Gruppen, die Anwälte vermitteln können, die Erfahrungen mit Problemen von Ausländern haben.

Die Konsulate

Die Erfahrungen, die du mit dem für dich zuständigen Konsulat machen kannst, sind verschieden. Nichts zu erwarten hast du von Konsulaten, die ein diktatorisches Regime vertreten. Auch mit den Konsulaten arabischer Länder gibt es schlechte Erfahrungen. Konsulate von Ländern der Dritten Welt ignorieren sehr oft, daß es Angehörige ihres Staates in bundesdeutschen Gefängnissen überhaupt gibt.

Unterstützung kann man aber unter Umständen vom portugiesischen, spanischen, italienischen, französischen und amerikanischen Konsulat erwirken. Aber auch hier ist es meist nötig, mehrmals hinzuschreiben oder anzurufen.

Die Anstalt ist übrigens verpflichtet, den Kontakt herzustellen. Laß dich also nicht abwimmeln. Die meisten Konsulate haben speziell jemanden, der für die Angelegen­heiten von Gefangenen der betreffenden Nationalität zuständig ist. Sie machen Besuche und Beratung. Man kann Paßfragen mit ihnen klären und vielleicht einen Anwalt vermittelt oder finanziert bekommen. Dar­über hinaus kann das Konsulat auch Gruppen und Kurse im Knast arrangieren und auch - wie gesagt - Zeitungen und Bücher in deiner Sprache besorgen.



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Besondere rechtliche Probleme von ausländischen Gefangenen

Sie resultieren zürn einen wieder aus den sprachlichen Schwierigkeiten - vor allem aber aus der Praxis des Aufenthaltsrechts durch die Ausländerbehörden. Du bist als Ausländer/in in besonderem Maße von einem Anwalt abhän­gig. Da mensch aber nunmal nicht immer einen hat, hier einige wichtige rechtliche Hinweise:

Der Umgang mit den Behörden

Hin für die Ausländer bedeutsamer rechtsstaatlicher Grundsatz im Umgang mit den deutschen Behörden: Kann cin/e Ausländer/in nicht so gut oder gar nicht deutsch sprechen - und das dürfte für die meisten zutreffen - so dürfen ihm/ihr daraus keine Nachteile entstehen. Konkret heißt das: Die Behörde hat selbst dafür zu sorgen, daß ihre/seine Anträge, Beschwerden etc. ins Deutsche übersetzt werden, bzw. daß ihm/ihr ein/e Dolmetscher/in in den Knast geschickt wird. Ebenso müssen die Antworten der Behörde, Gerichtsentscheidungen und die Rech t situ t te l be lehrungen in die Sprache der/des Gefangenen übersetzt werden. Geschieht das nicht - was leider nicht selten ist - , so sind sie ungültig.

Dies ist in einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts festgestellt worden, auf die mensch sich notfalls auch berufen kann. Sie ist veröffentlicht in Bundesverfassungsgerichts-entscheidungen (BVerfGE) Band 42, S. 120 ff. Auch Formfehler, die aufgrund mangelnder Sprachkenntnis zustande gekommen sind, dürfen nicht zu deinem Nachteil ausgenutzt werden. Fristen, die du aus diesem Grunde versäumst, müssen für dich verlängert werden. Notfalls mußt du dann einen Antrag auf "Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" stellen, den du damit begründest, daß du die Frist wegen Sprachschwierigkeiten nicht einhalten konntest.

Es gibt Dolmetscher/innen, die sich - besonders wenn sie selbst Auslander/innen sind - den Gefangenen gegenüber hilfsbereit und solidarisch verhalten. Merke dir den Namen eines/einer solchen Dolmetscher/in und verlange ihn/sie, wenn nötig, zu sprechen. Vielleicht können dir auch Freunde/Freundinnen oder Initiativgruppen von draußen eine/n Dolmetscher/in besorgen.Ansonsten kann es sinnvoll sein, sich bei Sprachschwie­rigkeiten von sprachkundigen Mitgefangenen helfen zu lassen.

Abschiebehaft

Die "Abschiebehaft" ist dazu da zu garantieren, daß der/die Ausländer/in, den/die der Staat loswerden will, auch tatsächlich abgeschoben werden kann. Sehr oft kommt mensch direkt aus der U-Haft oder Strafhaft in die Ab­schiebehaft. In vielen Fällen dient jedoch die Festnahme allein dem Zweck, dich in Abschiebehaft zu nehmen. Die Ausländerbehörden legen es dabei darauf an, ihre Opfer zu überraschen und damit zu verhindern, daß sie sich einen Anwalt nehmen und rechtlich gegen die drohende Abschiebung vorgehen.

Die Bedingungen in der Abschiebehaft sind nicht durch so viele Vorschriften und Gesetze geregelt wie in der Strafhaft. So kannst du z.B. zu bestimmten Zeiten am Tage nach draußen telefonieren, auch kannst du angerufen wer­den. Die Aufseher müssen dir bescheid geben, daß ein Telefonat für dich angekommen war und von wem. Besuch ist möglich zu allen Besuchszeiten und ohne Besucherschein. Die weniger rechtlich geregelte Situation in der Abschie­behaft hat aber auch zur Folge, daß die Willkür der Schließer sehr groß und schwer von draußen zu kontrollieren ist.

Es gibt drei wichtige Regeln für dich:

1.
Du mußt so schnell wie möglich Leute von draußen über deine Festnahme informieren, Verwandte, einen Anwalt, von dem du auch hoffen kannst, daß er sofort etwas für deine Freilassung unternimmt. .Kennst du so einen nicht, dann mußt du eine der Unterstützergruppen anru­fen, egal wie spät oder früh es ist.Es kann passieren, daß die Polizei dich mit der nächsten Maschine abschiebt. Das ist schon oft vorgekommen. Die Polizei plant die Abschiebung so, daß eben wenig Zeit bleibt, um deine Abschiebung doch noch zu verhindern. Trotzdem versuche es, wenn du nicht abgeschoben werden willst!

2.
Du unterschreibst erst einmal gar nichts.
Sie werden versuchen - besonders wenn es noch rechtliche Möglichkeiten gibt, deine Abschiebung zu ver­hindern, wovon du vielleicht selbst nichts weißt -, dir eine "freiwillige" Rückkehr abzuschwatzen. Sie locken damit, daß es keine zwangsweise Abschiebung gibt, wenn du unterschreibst. Da lügen sie immer. Ob "freiwillig" oder nicht, du wirst sowieso von der Polizei zum Flughafen gebracht, und deinen Paß bekommst du auch nicht vorher in die Hand. Sie lügen dir alles mögliche vor: "Du kannst sonst sowieso nicht raus, ... abgeschoben wirst du sowieso,das hat Nachteile für dich, wenn du nicht unterschreibst, ..." - naja, immer etwas Neues, wenn ihre alten Praktiken draußen bekannt sind. Verlange immer eine/n Übersetzer/in, traue ihm/ihr aber auch nicht einfach so, schließlich wird er/sie von diesem Staat bezahlt und tut seine/ihre Pflicht.

Wenn sie dich in ein Gespräch verwickeln, macht der/die Übersetzer/in ein Protokoll. Das Protokoll verlange dann in deiner Sprache und in doppelter Aus­führung, auf ein Exemplar mußt du dann bestehen. Die Erfahrung hat gezeigt, daß sie oft Protokolle anferti­gen, in denen du dich selber nicht wiedererkennst.

3.
Am besten nimmst du am Tage deiner Verhaftung und auch am nächsten Morgen keine Nahrung zu dir, die dir die Beamten geben. Wenn sie eine schnelle Abschiebung planen, mischen sie dir eventuell Beruhigungsmittel unter das Essen; nimm auch keine Medikamente von ihnen! Deine Ruhigstellung soll die Sicherheit im Flug­ zeug garantieren, denn Piloten nehmen keine Passagiere mit, wenn zu befürchten ist, daß sie sich heftig im Flugzeug wehren. Wenn sie sich wehren, dann werden sie nach der nächsten Zwischenlandung nicht mehr weiter mitgenommen.Oft stellen Flüchtlinge dann am Ort der Zwischenlandung einen Asylfolgeantrag, was die Polizei natürlich verhindern will.

Haben sie dich verhaftet und du hast keinen gültigen Paß, dann werden sie dich oft nicht so schnell los. Du weißt aber nicht, ob sie ein "Laissez-passer" für dich vorbereitet haben. Das kommt auch oft vor. Also verlaß dich nicht darauf, daß du viel Zeit hast, deine Freilassung zu organisieren.

Warst du vorher in Strafhaft - jenachdem wie lange - ist dein Paß auch oft abgelaufen. Auch hier kann die Polizei für ein "Laissez-passer" vorgesorgt haben. Ist das nicht der Fall, müssen sie dich freilassen, wenn du draußen einen festen Wohnsitz angeben kannst. Dann können sie dich aufgrund eines Gerichtsurteils nicht mehr wegen "Verdunklungsgefahr" festhalten.

Am wichtigsten ist, daß sofort nach deiner Festnahme eine "einstweilige Anordnung" nach § 123 an das Verwaltungsgericht rausgeht. Diese Anweisung soll der Polizei untersagen, abzuschieben bis

 -  über einen Widerspruch gegen deine Abschiebung entschieden ist
 -  eine Einzelfallprüfung deiner Situation vorgenommen wurde
 -  über einen neuen Asylantrag endgültig entschieden ist
 -  oder anderes.

Diese "einstweilige Anordnung" schreibt am besten ein Anwalt, den auch Unterstützergruppen einschalten. Schreibe sie nur dann selber, wenn du niemanden draußen erreichen kannst. Du mußt davon ausgehen, daß die Polizi­sten sich nicht beeilen werden, deinen Antrag so schnell wie nötig an das Gerichtwei terzuleiten. Das haben wir noch nie erlebt, daß sie wirklich etwas für euch tun!

Und so sieht der Antrag auf "einstweilige Anordnung" dann aus:

Name ...
Adresse ...



An das
Verwaltungsgericht (Ort)
(Anschrift)




Antrag gemäß § 123 VWGO
des  (Name)
     (Geburtsdatum)
     (Anschrift)



gegen


das Land ... , vertreten durch (Anschrift der zuständigen Ausländerpolizeibehörde)
wegen Abschiebung


Hiermit beantrage ich, die Abschiebung (wenn bekannt, Datum der Ausreiseaufforderung angeben, z.B. aus dein Bescheid des Landeseinwohneramtes vom ... ) im Wege der einstweiligen Anordnung auszusetzen, bzw. der Ausländer­pol izei zu 'untersagen, mich vorerst abzuschieben.
Begründung:


An dieser Stelle mußt du Gründe dafür angeben, warum es für dich ungeheuer wichtig ist, in der BRD zu bleiben -warum du nicht in dein Heimatland abgeschoben werden willst, dazu kommen einige mögliche Gründe weiter unten. Wir haben eine Liste von "Lebensumständen" aufgestellt, die du durchgehen solltest, ob etwas davon auch für dich zutrifft, du also damit argumentieren kannst, oder ob es etwas ähnliches in deinem Leben gibt, was du anführen könntest:

 -  Studium, das bloß in der BRD zu Ende zu führen ist,
 -  Familie, die auseinandergerissen wird - es ist aus den und den Gründen für Frau/Mann/Kinder
    unzumutbar nachzukommen etc.,
 -  Arbeitsplatz (aufpassen, wenn du keine Arbeitserlaubnis hast),
 -  eine medizinische Behandlung, in der du dich befindest,
 -  die nur durch Ärzte, die deine Krankheitsgeschichte kennen und auch über die geeigneten
    therapeutischen Mittel und Anstalten verfügen, ohne schwerwiegende Nachteile für  deine
    Gesundheit und dein Leben herbeizuführen, zu Ende zu führen ist,
 -  Finanzierung des Lebensunterhalts - wenn du ihn durch Arbeit, Stipendium, etc, also ohne
    die "Gefahr" für die Behörden, du könntest ihr zur Last fallen, selbst bestreitest

.

Wichtig ist bei all diesen Argumentationen folgende Vorgehensweise:

Du schilderst erst einmal lang und breit die Situation, z.B.:

Seit dem ... studiere ich dort und dort. Bis jetzt habe ich über die Hälfte meines Studiums absolviert etc.
Dann erst, was du daraus folgerst:

Durch eine Ausweisung wäre es mir unmöglich gemacht worden, das Studium in der Weise zu einem Ende zu führen, wie ich es bisher vorgehabt habe.

Schildere deine Situation, wenn du in dein Heimatland abgeschoben würdest. Du mußt möglichst glaubhaft machen, daß dir die schlimmsten Repressalien drohen. Das gelingt dir am besten, wenn du Beispiele von politischer Verfol­gung von Verwandten, dir politisch nahestehender Personen, eigene Erlebnisse dieser Art nennen kannst. Grundsätzlich ist es immer am besten, wenn du die Begrün­dung der Ausweisungsverfügung widerlegen kannst. Für den Fall, daß die Ausweisungsverfügung damit begründet wird, daß du in einer politischen Gruppe mitarbeitest, schreibst du:

Grundsätzlich ist nach § l Abs. l Vereinsgesetz in Zusam­menhang mit Artikel l Abs. l; 2 Abs. l sowie 5 Abs. l Grundgesetz aus den obersten und für alle staatlichen Maßnahmen gültigen Grundsätzen der Verfassung ableitbar, daß auch das Vereinigungsrecht Ausländern garantiert ist und trotz des redaktionellen Vergessens des Ausländers in der Verfassung in Artikel 8 Abs. 1; 9 Abs. l Grundgesetz die politische Betätigung von Ausländern in der Bundesre­publik verfassungsgemäß ist.

Du kannst vielleicht weiter argumentieren, daß die Gruppe, in der du gearbeitet hast, nicht verboten ist, legale Arbeit macht usw. Schreibe:

Das öffentliche Interesse wird durch meine Anwesenheit in der BRD während der Dauer des Widerspruchsverfahrens nicht beeinträchtigt.

Du solltest hier sagen, was du weiter in der BRD zu tun gedenkst, wenn das günstig für dich auslegbar ist. Für den Fall, daß parallel ein Asylantrag läuft:

Im Falle der sofortigen Ausweisung wäre die Gefahr und geradezu Sicherheit der endgültigen RechtsVereitelung gegeben. Im Falle der Abschiebung ist es mir unmöglich (aus finanziellen Gründen, weil ich inhaftiert werde) das Asylverfahren weiter zu betreiben.

Wenn es stimmt, dann füge hinzu:

Ich habe nie versucht, unter Umgehung der ausländerrechtlichen Vorschriften mir in der BRD einen Aufenthalt sowie eine Arbeitserlaubnis zu erschleichen.

Unterschrift nicht vergessen!

Politisches Asyl

Eine andere rechtliche Möglichkeit, eine Abschiebung oder auch eine Auslieferung zu verhindern, kann ein Antrag auf politisches Asyl sein, den man auch neben dem "Stopantrag" (siehe oben) stellen kann. Ist es dein erster Antrag, bist du erst einmal sicher vor der Abschiebung. Einen Folgeantrag zu stellen, schützt dich nur, wenn die Ablehnung des ersten Antrags länger als sechs Monate her ist. Die Veränderungen in der Zwischenzeit in deinem Heimatland müssen dann angegeben werden. Auch hier gilt: Wenn es irgendwie möglich ist, sollte es ein Anwalt für dich machen, weil mensch hier sehr viele Fehler machen kann und weil, wie in kaum einem anderen Bereich, die Behörden ihre eigenen Gesetze mißachten, wenn sie glauben, es sich leisten zu können.

Außerdem ist eine politische Schützenhilfe durch Gruppen oder Organisationen wie amnesty international wichtig. Du mußt angeben, daß du dich in deinem Heimatland politisch betätigt hast und dadurch von dem dort herrschenden Regime verfolgt wirst und daß dadurch für dich Gesundheit, Leib, Leben und materielle Existenz in jenem Land bedroht ist. Der Asylantrag sieht dann folgendermaßen aus:

Ich beantrage

d)mich als Asylberechtigten im Sinne von Art. 16 Abs. 2
des Grundgesetzes anzuerkennen,
e)mir gemäß Ausländergesetz Duldung zu erteilen.

Begründung:

Hier kommt nun eine kurze Darstellung der Situation, wegen der du dein Heimatland verlassen mußtest, warum also daort wegen deiner politischen Betätigung dein Leben, Leib, deine materielle Existenz gefährdet sind. Es ist sinnvoll, Berichte und Zeitungsartikel über die Zustände in dem betreffenden Land miteinzureichen. Geeignetes Material kann mensch vielleicht von Initiativgruppen bekommen.

Der Asylantrag geht zunächst an die zuständige Ausländerbehörde. Diese prüft, ob hier nicht etwa ein "rechtsmißbräuchlicher Asylantrag" vorliegt. Kommt sie zu der Ansicht, du würdest mit deinem Antrag "asylfremde Zwecke"verfolgen - und das tut sie in der letzten Zeit inrner häufiger -, dann wirst du so behandelt, als hättest du keinen Asylantrag gestellt, d.h. unter Umständen abgeschoben .

Der "verspätete" Asylantrag

Die Ausländerbehörde wird sehr oft gerade dann einen Asylantrag für ungültig erklären, wenn mensch schon eine Zeit lang in der BRD war und erst jetzt in Abschiebehaft, also im letzten Augenblick, den Asylantrag stellt. Du mußt daher in deinem Asylantrag plausibel begründen kön­nen, warum du erst jetzt zu diesem Mittel greifst und nicht bereits unmittelbar, nachdem du in dieses Land eingereist bist.

Ein solcher Grund könnte sein, daß die Bedrohung für dich in deinem Heimatland erst später - also während deines Aufenthaltes in der BRD - eingetreten ist (sog. "Nach-Fluchtgründe"), z.B. weil in deinem Land in deiner Abwesenheit ein faschistischer Putsch stattgefunden hat und du nun wegen deiner früheren Aktivitäten mit Verfolgung rechnen mußt, wenn du zurückkehren würdest. Oder: Du bist erst in der BRD offen als politische/r Gegner/in des in deinem Heimatland herrschenden Regimes aufgetreten und mußt deshalb zu Hause mit Verfolgung rechnen. Alles muß jedoch wiederum kurz vor deiner Antragstellung passiert sein!

Liegt eine "unverzügliche" AntragStellung in keinem Fall vor, so muß für die Verspätung ein aner­kannter Grund gefunden werden. In Frage kämmt, daß du befürchten mußtest, daß zurückgebliebene Angehörige durch deinen Asylantrag der Verfolgung ausgesetzt wären oder daß du Angst vor Vergeltungsaktionen der im Auftrag deines Herkunftslandes tätigen Geheimdienste hättest. Vielleicht gehörst du aber zu den Flüchtlingen, die im Heimatland sehr gesucht werden, weil sie eine große politische Bedrohung für den Staat darstellen, so daß der Staat ein starkes Interesse hat, dich wieder in die Hände zu bekommen.

Viele von denen stellen oft zunächst keinen Asylantrag, da sie berechtigterweise befürchten, daß der deutsche Geheimdienst in Zusammenarbeit mit dem des Hei­matlandes eine Auslieferung planen könnte. Beispiel hier­für ist Cemal AI tun, dein ein kriminelles Delikt angehängt wurde, um die Auslieferung zu rechtfertigen. Treffen diese Gründe für dich zu, dann bleibt dir in der Abschie­behaft nichts anderes mehr übrig, als den Asylantrag zu wagen. Eine andere Möglichkeit gibt es dann nicht, deine Abschiebung zu verhindern. Hier ist es dann wichtig, daß du im Laufe des AsylVerfahrens starke politische Unter­stützung erhältst

.

Die Chancen damit durchzukommen, d.h., daß der Asylantrag überhaupt als solcher zur Kenntnis genommen wird, stehen besonders dann, wenn mensch keinen Rechtsanwalt hat, nicht sehr gut.

Das eigentliche Asyl verfahren

Ist diese Hürde überwunden, so wird die Ausländerbehörde deinen Antrag an das "Bundesamt zur Anerkennung ausländischer Flüchtlinge" in Zirndorf weitergeben. Deine Abschiebung wäre damit bis zur endgültigen Entscheidung gestoppt.

Wenn es bisher nicht möglich war, so solltest du nun unbedingt einen Anwalt einsetzen, der den juristischen Kampf für dich weiterführt. Durch alle Instanzen kann das Verfahren gut zwei Jahre dauern. Stelle dich darauf ein, daß die Erfolgsaussichten, mit einem Asylantrag durchzu­kommen, in diesem Lande minimal sind - es sei denn, du bist aus einem Ostblockstaat geflüchtet.

Aber vielleicht hilft dir bereits die durch das Asylverfahren gewonnene Zeit, die du in der BRD verbleiben darfst. Lange wird dies jedoch auch nicht mehr gehen: Es gibt Pläne, das Asylverfahren zu "effektivieren", d.h. schneller und noch aussichtsloser zu machen. Am Schluß sei noch einmal auf die im Kontaktadressenteil aufgeführten zahlreichen Ausländergruppen und Organisationen hingewiesen, von denen du gerade bei drohender Abschiebung poli­tische und rechtliche Unterstützung bekcnmen kannst.



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"Ausländer im Strafvollzug"

Beitrag zum Straf verteidigertag, München 1980 (1987 von Antiberliner/inne/n aktualisiert)

Wenn ich es einmal provozierend formulieren darf, so findet eine diskriminierende Behandlung ausländischer Strafgefangener in deutschen Haftanstalten nicht statt, weil gemäß Art. 3 GG niemand seiner Herkunft, seiner Rasse und seines Glaubens wegen benachteiligt oder bevorzugt werden darf. Das Strafvollzugsgesetz weicht von diesem Grundsatz nicht ab und darf von ihm nicht abweichen, weil damit der Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung verlassen würde.

Ich meine, dies so zu formulieren, ist provozierend, weil es Allgemeingut ist, daß gerade dieser Grundrechtsartikel kaum, im Gefängnis überhaupt nicht beachtet wird - und, was die Sache auf die Spitze treibt: nicht beachtet werden soll!

Der Grund dafür ist im Ausländergesetz zu suchen, das in § 10 die Ausweisung für Ausländer vorschreibt, die z. B. eine strafbare Handlung begangen haben. Diese Ausweisung hat zur Folge, daß der/die Ausländer/in auszureisen hat bzw. abzuschieben ist, wenn seine/ihre freiwillige Ausreise nicht gesichert erscheint. Dies wiederum führt dazu, daß - von Ausnahmen abgesehen -alle Ausländer, die inhaftiert sind, wegen ihrer Straftat ausgewiesen und in der Regel abgeschoben werden. Daraus folgt für den Strafvollzug, daß sie an Vollzugslockerungen - insbesondere an dem Vollzugsziel Resozialisierung -aus gesetzlichen Gründen nicht teilnehmen dürfen, also keinen Urlaub erhalten, keinen Ausgang erhalten, vor allem am Freigang nicht teilnehmen und deswegen auch keinen Beruf erlernen dürfen - eben, weil sie ja ohnehin abgeschoben werden.

Der Sinn diese Beitrags kann nicht sein, die verfassungsrechtlichen Probleme in akademischer Sprache zu vertiefen. Hierfür sind kompetentere Geister als ich berufen. Auf Ansätze im Alterrativ-Kommentar zum Straf-Vollzugsgesetz (Luchterhandverlag, 1980, Hrsg. R. Wasser­mann) darf ich verweisen. Ebensowenig kann Sinn des Beitrags sein, die Ungleichbehandlung empirisch nachzuweisen und ausgedehnte Falldarstellungen anzubieten. Ich möchte vielmehr im Folgenden eine Darstellung der typischen praktischen Fälle geben, wie sie uns täglich begegnen und in denen mensch sich mit rechtlichen Mitteln zur Wehr setzen kann:

Die Grundsituation ist die, daß ein/e Ausländer/in im Strafvollzug zumindest ein Ausweisungsverfahren hat bzw. meistens schon rechtskräftig ausgewiesen ist und mit einer Abschiebung zu rechnen hat. Das bedeutet grund­sätzlich: Er/sie hat kein Recht auf einen Aufenthalt und kann daher an Vollzugslockerungen (Urlaub, Freigang, ...) nicht teilnehmen.

1.Fall: Der/die Ausländer/in hat kein Ausweisungsverfahren

Folge:
Er/sie ist juristisch so zu behandeln wie jede/r deutsche Strafgefangene. Er/sie hat dieselben Rechte (und Pflichten), d.h.: Anspruch, soweit vorhanden, auf Weiterbildung, Urlaub, Ausgang und Freigang, zur Vorbereitung auf die Entlassung im Sinne der einschlägigen Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes

2.Fall: Der/die Ausländer/in hat ein Ausweisungsverfahren, das aber noch nicht endgültig abgeschlossen, d.h. rechtskräftig ist

    a)  Wenn die Ausländerbehörde einen Ausweisungsbescheid erläßt, hat mensch das Recht, einen Widerspruch einzulegen. Dieser Widerspruch führt aber nicht dazu, daß der/die Ausländer/in nun erst einmal so lange abwarten darf, bis über den Widerspruch entschieden ist. Umgekehrt ist der Ausweisungsbescheid, wie es im Amtsdeutsch heißt, "sofort vollziehbar", was auf Deutsch heißt: der/die Ausländer/in hat das Land sofort zu verlassen, egal, ob der Bescheid fehlerhaft ist oder nicht.
    g)  Das gilt auch, wenn z.B. die Aufenthaltsgenehmigung abgelaufen ist und der/die Ausländer/in gleich einen neuen Antrag auf Aufenthaltsgenehmigung stellt.
    c)Dagegen kann mensch sich aber wehren, indem mensch einen Antrag auf "Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs" gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung stellt - wozu es ratsam ist, sich eines Anwalts zu bedienen, der die Einzelheiten dieses Verfahrens kennt, nämlich:
      -  Glaubhaftmachung des Anspruchs durch eidesstattliche Versicherung
      -  Abwägung persönlicher und öffentlicher Interessen(der/die Ausländer/in muß glaubhaft machen, daß seine/ihre Interessen übewiegend sind).
    Aber Achtung: Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 muß innerhalb p>ir^r Woche eingelegt werden, nachdem du den ablehnenden Bescheid erhalten hast! Dies ist eine ganz kurze Frist, die viele versäumen. Hier haben sie eine Falle in das Gesetz eingebaut, damit dein Widerspruch bei versäumter Frist einen Dreck wert ist. Hast du die Frist versäumt, dann stelle einen Antrag nach § 123 VWGO, s.o. Hier mußt du begründen, daß du die Frist nicht einhalten konntest, weil du Zeit brauchtest, um das Amtsdeutsch, das auch Deutsche oft kaum entziffern können, übersetzen zu lassen. Das müssen sie anerkennen, zumindest aber den Antrag bearbeiten.
    d)   Üblicherweise wird der/die Ausländer/in nicht vorzeitig abgeschoben, wenn der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VWGO erfolgreich war. Der/die Ausländer/in kann dann mit Erfolg eine Duldung beantragen bzw. die Entscheidung der Strafanstalt vorlegen, was zur Folge haben müßte, daß er/sie zumindest Urlaub oder Ausführungen erhält. Versuchen könnte mensch dann auch den Frei­gangsantrag - nur ist der wieder davon abhängig, daß das Arbeitsamt eine Arbeitserlaubnis erteilt. Weigert sich das Arbeitsamt, muß insoweit eine einstweilige Verfügung ersucht werden (Sozialgericht}, die das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich für zulässig erachtet.

3. Fall: Der/die Ausländer/in ist rechtskräftig ausgewiesen (der häufigste Fall)

    a)  Der Ausländer ist mit einer deutschen Frau verheiratet, bzw. die Ausländerin mit einem deutschen Mann. Am sinnvollsten: Antrag auf Erteilung einer neuen Aufenthaltserlaubnis, da der/die deutsche Ehepartner/in gemäß Art. 6 GG einen Anspruch darauf hat, die Ehe zu führen und zwar hier. Ein/e Deutsche/r kann schlecht ausgewiesen werden.
    b)  Der/die Ausländer/in ist mit einem/einer Ehepartner/in seiner Heimat verheiratet, der/die eine Aufenthaltsberechtigung hat (gleich: unbefristete Aufenthaltserlaubnis): Auch hier kann der/die legal außerhalb des Gefängnisses lebende Ehegatte/in beanspruchen, mit dem/der Partner/in die Ehe zu führen (Art. 6 GG). Entsprechende Landesverwaltungsvorschr i f ten sind erlassen, aber möglicherweise in den einzelnen Bundesländern verschieden.
    c)   Wenn die Ausländerbehörde dennoch die Abschiebung durchführen will, gibt es folgende Möglichkeiten:
    Antrag auf einstweilige Anordnung beiin Verwaltungsgericht gemäß § 123 VWGO auf Erteilung einer Duldung besser aber: Antrag auf Befristung der Ausweisung an die Ausländerbehörde, verbunden mit einem Antrag auf Duldung beim Verwaltungsgericht.(Dafür ist ein Rechtsanwalt nötig, denn mensch sieht schon jetzt aus der Vielzahl von juristischen Fachbegriffen, daß mensch sich im Ausländerrecht und in der Verwaltungsgerichtsordnung höllisch gut auskennen muß. )
    d)  Der/die Ausländer/in hat keine/n Ehepartner/in, ist also sozial nicht eingebunden. Dies sind die schwierigsten Fälle, in denen auch kaum etwas zu machen ist.Juristisch ist dieses Gebiet kaum erschlossen, so daß die folgenden Überlegungen keine Stütze in der Rechtsprechung finden. Vom Argument her sollte mensch die Möglichkeiten unter c) denken, wenn die Fallgestaltung es zuläßt, z.B. bei Straffälligkeit eines/einer Auslanders/in, der/die jähre- oder jahrzehntelang in Lohnarbeit tätig war, dann arbeitslos wurde und sein/ihr Heil in strafbaren Handlungen suchte. Generell könnte mensch diese Fallgruppe danach kategorisch einordnen, wie stark die sozialen Bezüge des/der Auslanders/in in seinem/ihrem deutschen Umfeld sind.
    e)  Antrag auf Asylgewährung: Es kann sein, daß du schon so lange im Knast sitzt, daß sich in der Zwischenzeit die politischen Verhältnisse in Deinem Heimatland so verändert haben, daß du nicht zurückkehren kannst. Um nach deiner Haftstrafe nicht abgeschoben zu werden,mußt du einen Asylantrag stellen, der aber gut begründet werden muß. Du weißt sicher, daß hier sowieso kaum Asyl zu erhalten ist, aber für "Straftäter" ist es noch viel schwerer, weil hier die im Herkunftsland drohenden Gefahren für "Kriminelle" offen hingenommen werden. Dennoch solltest du versuchen, durch einen guten Antrag, wenn der möglich ist, zu begründen, daß deine Straftat in keinem zumutbaren Verhältnis zu einer drohenden Gefährdung deines "Leibes oder Lebens"steht. Die Aussichten sind hier winzig, aber du solltest auf der Wahrung deiner Rechte trotzdem bestehen.
    f)   Antrag gemäß § 456 a Strafprozeßordnung bei der Staatsanwaltschaft: Wenn einem/einer Ausländer/in die Freiheit in der Heijmat wichtiger ist als die Resozia­lisierung in deutschen Landen, sollte er/sie einen Antrag auf vorzeitige Abschiebung stellen, dem die Staatsanwaltschaft üblicherweise meist nach der Hälfte der Strafverbüßung entspricht - es sei denn, es handelt sich um Rauschgiftdealerei im größeren Maßstab. Dann nimmt der/die Ausländerin zwar an der Resoziali­sierung nicht teil, kommt aber eher raus als seine/ihre deutschen Kollegen/innen.

Bei all Ihrer Sachkunde sehen Sie es mir bitte nach, wenn ich mit dieser Grobeinteilung nicht nur Ihnen einen Überblick, sondern auch Gefangenen in den Haftanstalten eine gewisse Hilfe an die Hand gegeben habe. Sicher hat jede/r von Ihnen im Einzelfall noch genauere Handlungsanweisun­gen aus eigener Erfahrung parat. Dennoch hoffe ich, daß diese Übersicht in Zukunft noch vervollständigt wird, damit gerade jene Menschen, die Herr Professor Baumann einmal die "Randgruppe in der Randgruppe" genannt hat, zu den Rechten Zugang finden, die ihnen eine überaus komplizierte Rechtsprechung (statt aller OLG Bremen, NJW 1978, S. 960) bis heute erheblich erschwert hat.



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Fristen im Ausländerrecht

Wenn die Ausländerbehörde oder das Bundesland in Zirndorf Anordnungen oder Entscheidungen gegen dich trifft (z.B. dich ausweist oder deinen Asylantrag ablehnt), kannst du dich dagegen wehren.

Hierfür stehen dir bestimmte Rechtsmittel zur Verfügung. Du kannst (je nach Art der Anordnung) entweder Widerspruch gegen die Maßnahme einlegen oder gerichtlichen Schutz durch eine Klage und einen Antrag auf eine einstweilige Anordnung (nach § 80 Abs. 5 VWGO) vor dem Verwaltungsgericht suchen.Hierbei mußt du aber immer beachten, daß du diese Rechtsmittel innerhalb bestimmter Fristen einlegen mußt. Läßt du die Frist ungenutzt verstreichen, wird das Rechtsmittel unzulässig, d.h., daß du, wenn du eine Frist auch nur ein einziges Mal hast ungenutzt verstreichen lassen, dich nicht mehr gegen die Maßnahme wehren kannst. (Die Maßnahme ist dann rechtskräftig qeworden!)

Im Einzelnen gelten folgende Fristen:

Ausweisung:

    Bist du von der Ausländerbehörde ausgewiesen worden, mußt du innerhalb eines Monats Widerspruch gegen die Ausweisung bei der Ausländerbehörde einlegen. Wird dein Widerspruch von der Widerspruchsbehörde verworfen, so mußt du innerhalb eines Monats Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben.

Sofort vollziehbare Ausweisung oder Entziehung der Aufenthaltserlaubnis :

    Bist du von der Ausländerbehörde ausgewiesen worden und hat die Ausländerbehörde die Ausweisung für sofort vollziehbar erklärt oder ist dir die Aufenthaltserlaubnis entzogen worden, so mußt du innerhalb eines Monats Widerspruch bei der Auslän­derbehörde einlegen.
    Der Widerspruch allein stellt aber in diesen Fällen keine aufschiebende Wirkung her, d.h., daß die Maßnahme vollzogen werden kann, obwohl über deinen Widerspruch noch nicht entschieden worden ist. Um dies zu verhindern, also um die aufschiebende Wirkung herzustellen, muß möglichst schnell eine einstweilige Anordnung beim Verwaltungsgericht beantragt werden. Da die Maßnahme vollzogen werden kann, solange der Antrag auf einstweilige An­ordnung nicht gestellt wurde, empfiehlt es sich in diesem Fall immer, möglichst keinen Tag zu verlieren, sondern so schnell wie möglich Widerspruch einzulegen und eine einstweilige Anordnung zu beantragen.Wird der Widerspruch von der Widerspruchsbehörde verworfen, so gelten wieder die gleichen Fristen. Du mußt innerhalb eines Monats Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben und, da auch diese allein keine aufschiebende Wirkung herstellt, möglichst sofort einen Antrag auf einstweilige Anordnung an das Verwaltungsgericht stellen.

Ablehnung des Asylantrags als unbeachtlich oder offensichtlich unbegründet

    Hast du einen Asylantrag gestellt und ist dieser entweder von der Ausländerbehörde als unbeachtlich abgewiesen oder vom Bundesamt in Zirndorf als offensichtlich unbegründet abgewiesen worden, so mußt du innerhalb eines Monats Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben. In dem Bescheid, den du von der Ausländerbehörde oder dem Bundesamt bekommen hast, ist aber nicht nur beschrieben worden, daß dein Asylantrag abgelehnt wird, sondern es wird auch angesprochen, daß du zur Ausreise verpflichtet bist, und dir wird die Abschiebung angedroht.
    Da deine Klage vor dem Verwaltungsgericht keine aufschiebende Wirkung gegen die Abschiebungsandrohung herstellt, ist es unbedingt erforderlich, daß du innerhalb von nur einer Woche!!! (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 2 und 3 Asylverfahrensgesetz) gegen die Abschiebungsandrohung eine einstweilige Anordnung vor dem Verwaltungsgericht beantragst (§ 80 Abs. 5 oder § 123 VWGO).

Ablehnung des Asylantrages als unbegründet

Wird dein Asylantrag vom Bundesamt in Zirndorf als unbegründet abgelehnt, so mußt du innerhalb eines Monats Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben. Diese Klage reicht, um die aufschiebende Wirkung herzustellen, d.h. bis zur Entscheidung des Gerichts kannst du nicht abgeschoben werden.

Du mußt also immer zwei Dinge beachten:

1.   Die Frist beginnt, wenn du den Empfang des Bescheides mit deiner Unterschrift bestätigt hast. Hebe immer die Umschläge auf, mit denen die Post von den Behörden kommt, und du mußt darauf achten, daß das Datum des Tages, an dem du den Brief bekommen hast, extra drauf steht. Oft liegen viele Tage, manchmal Wochen zwischen dem Tag, an dem der Brief aufgesetzt wurde und dem Tag, an dem du ihn erhältst. Die lange Zwischenzeit entsteht durch das Trödeln der Behörden oder es liegt an den Lagern, die die Post nicht schnell weitergeben. Die lange Zeit wird dir dann in die Schuhe geschoben, und sie behaupten, du hast die Frist versäumt. Die Frist gilt aber erst ab dem Tag, an dem du die Post erhältst.Um die Frist zu wahren, genügt es nicht, den Widerspruch, die Klage oder den Antrag auf einstweilige Anordnung am letzten Tag der Frist zur Post aufzugeben. Die Frist ist nur dann gewahrt, wenn der Brief spätestens am letzten Tag der Frist tatsächlich bei der Ausländerbehörde oder dem Verwaltungsgericht ankönnt.

2.  Einen Widerspruch kannst du zumeist noch selbst einlegen, weil keine besonderen Formalien zu beachten sind. Eine Klage vor dem Verwaltungsgericht oder ein Antrag auf einstweilige Anordnung sind jedoch an einige For­mal ien gebunden. Um diese einzuhalten und auch um eine möglichst optimale Begründung liefern zu können, empfiehlt es sich in diesen Fällen zumeist, einen Rechtsanwalt einzuschalten. Der Rechtsanwalt muß in der vorgegebenen Frist bleiben, braucht aber auch selbst einige Zeit, um sich in deine Sache einzuarbei­ten. Darum solltest du möglichst schnell einen Rechtsanwalt einschalten. Das solltest du möglichst noch am selben Tag oder am Tag, nach dem du den Bescheid bekommen hast, tun. Denn hast du erstmal eine Frist versäumt, kannst du dich gegen die Maßnahme in aller Regel nicht mehr wehren.



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